„Das beste elektrische Fahrrad der Welt.“ Mit diesen Worten bewirbt das britische Unternehmen Karbon Kinetics Limited sein E-Bike, das Gocycle G4i. Wirft man einen Blick auf das Klapprad, hat man sofort das Gefühl, dass die Aussage nicht von ungefähr kommt. Schönheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters, doch auf uns macht das Gocycle G4i optisch einen wirklich großartigen Eindruck. Das E-Bike ist ein wahrer Blickfang. Und das, obwohl es sich dabei um ein Klapprad handelt. Doch wie schaut es mit den sonstigen Qualitäten des optischen Überfliegers aus? Können auch diese überzeugen?
Gocycle G4i im Test: Material und Technik
Der Rahmen des Gocycle G4i besteht aus einem Aluminium-Frontrahmen, einem Kohlefaser-Mittelrahmen und einem Magnesium-Cleandrive respektive dem Hinterrahmen. Letzterer verdeckt den Kettenantrieb, sodass das E-Bike einerseits optisch überzeugend wirkt und die Kleidung andererseits in jedem Fall sauber bleibt. Praktisch ist auch, dass sowohl der Lenker als auch der Sattel anpassbar sind. Dadurch ist das Fahrgefühl grundsätzlich ziemlich gut – auf dem Niveau eines handelsüblichen, nicht klappbaren Fahrrads. Lediglich die Ergonomie des Sattels konnte im Dauertest nicht ganz überzeugen. Im Gegensatz zum Faltmechanismus mit Schnappverschluss. Mit einiger Übung bedarf es lediglich einiger weniger Sekunden sowie eines Faltgummis, und das Werk ist vollbracht. Wobei das Gocycle G4i währenddessen – und auch anschließend – von einem praktischen, doppelseitigen Radständer gehalten wird.
Interessant ist zudem auch, dass die Räder ohne klassische Speichen auskommen. Das spielt ebenfalls auf die Optik ein. Genauso, wie das über der „normalen“ Leuchtlampe angebrachte Tagfahrlicht (DRL). Dieses sorgt für einen einzigartigen Charme und eine bessere Sichtbarkeit im Straßenverkehr.
Getriebe und Motor
Unter der Haube des Gocycle G4i befinden sich ein patentiertes und sequenziertes Shimano Nexus 3-Gang-Getriebe mit elektronischer Gangschaltung und der elektrische Frontmotor G4drive mit 250 Watt Leistung. Ersterer ist für die Gangschaltung zuständig, die beim Gocycle G4i ab Werk automatisch geregelt wird – in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit. Dabei fielen im Test zwei Probleme auf: Einerseits wird der prädiktive Schaltvorgang nur dann durchgeführt, wenn man die Pedale kurzfristig entlastet. Andererseits sorgt die Motorunterstützung dafür, dass der Widerstand beim Treten schnell wegbricht. Daher ist man dazu gezwungen, unnatürlich schnell in die Pedale zu treten, um in den nächsten Gang zu schalten. Und sobald man das Tempo auch nur für einige Sekunden verringert, schaltet der Gang selbstständig zurück. Selbiges geschieht übrigens auch, wenn man die Gangstufe manuell verändert (rechter Schaltring). Glücklicherweise lässt sich die Automatik in der App unter „prädiktive Gangschaltung“ deaktivieren und das Problem somit lösen – im Gegensatz zum zweiten großen Problem.
Der bereits erwähnte Frontmotor ist für die Motorunterstützung zuständig, welche über den Pedalantritt reguliert wird. So weit, so unspektakulär. Beim Gocycle G4i wirkt sich diese Unterstützung (eingestellt, dass diese schnell greift) jedoch so aus, dass der Tretwiederstand selbst im höchsten Gang bereits bei einer niedrigen Fahrgeschwindigkeit ziemlich schwach wird. Ergo, die ausgeübte Kraft verringert sich bei gleicher Drehgeschwindigkeit mangels Widerstand, und die Motorunterstützung wird geringer.
Damit ist man gezwungen, recht zügig in die Pedale zu treten, um auf die volle Motorunterstützung zuzugreifen. Insbesondere auf langen, allerdings auch auf kurzen Strecken kann das recht unangenehm sein. Folglich radelt man in einem gemütlicheren Tempo und erreicht nur selten die in der EU maximal erlaubte Geschwindigkeit von 25 km/h. Diese ist in der Regel nur möglich, wenn man den linken Schaltring zu sich dreht und festhält. Dann wird die volle Motorunterstützung gewährt. Allerdings nur, wenn man bei praktisch keinem Widerstand in die Pedale tritt – was wir im Test als ebenfalls eher unangenehm empfunden haben. Die Anpassungsmöglichkeiten in der App waren in dieser Hinsicht übrigens ebenfalls wenig hilfreich. Ein vierter Gang wäre da vermutlich deutlich nützlicher.
Energiespeicher des Gocycle G4i
Ein weiteres wichtiges Element eines jeden E-Bikes ist der Akku. Beim Gocycle G4i bietet dieser eine elektrische Ladung von 10,4 Ah (Amperestunden) und eine Spannung von 36 V (Volt). Daraus ergibt sich ein Energieniveau von etwa 374 Wh (Wattstunden). Und was bedeutet das nun für den Radler? Das bedeutet, dass dieser mit dem Gocycle G4i 80 km weit kommt (Herstellerangaben). Allerdings darf man nicht vergessen, dass die Reichweite von zahlreichen Faktoren wie dem Gewicht des Fahrers (maximal sind 100 kg möglich), der gewährten Motorunterstützung und den Witterungsverhältnissen abhängt.
Anschließend muss der Akku über einen Zeitraum von etwa 3,5 Stunden mit einer Ladeleistung von 144 Watt neu mit Energie versorgt werden. Kein großes Problem, denn die im Rahmen versteckte Batterie lässt sich ohne Schwierigkeiten herausnehmen und in der Wohnung aufladen. Ein wirklich nützliches Feature, denn mit seinen etwa 17 kg ist das Gocycle G4i nicht gerade ein Leichtgewicht.
Bedienung des Gocycle G4i
Als Bedienungselemente stehen dem Nutzer beim Gocycle G4i einerseits die bereits erwähnten Schaltringe am Lenker und andererseits die Gocycle Connect-App zur Verfügung. Zudem bietet das E-Bike ein retro-futuristisches Lenkerarmaturenbrett mit LED-Lämpchen à la K.I.T.T. (Knight Rider). Die Lämpchen auf der rechten Seite zeigen dabei die aktuelle Geschwindigkeit, während ihre Gegenstücke auf der linken Seite entweder die Batterieladeanzeige oder einen Energiezähler symbolisieren. Hinzu kommt eine in die Mitte gesetzte Ganganzeige – ebenfalls in Lämpchen Form. Sonst nichts. Keine genaue Geschwindigkeit in km/h. Keine sonstigen Informationen. Diese werden lediglich in der App abgebildet.
Grundsätzlich verleiht dies dem Gocycle G4i ein einzigartiges und durchaus ansprechendes Design. Wer jedoch gerne sämtlichen verfügbaren Werte im Blick behält, ist gezwungen, sich das Smartphone mittels zweier Gummi-Halterungen wenig ästhetisch auf das Frontpanel zu heften. Zu diesem Zweck verbaute der Hersteller einen USB-Anschluss am Lenker. Auch die Steuerung erachteten wir als wenig intuitiv. Bei der Einrichtung des E-Bikes wird diese zwar in Video-Form erklärt, doch wir empfehlen nachdrücklich, einen Blick in die Bedienungsanleitung zu werfen. Diese ist nicht im Lieferumfang enthalten, findet sich jedoch in elektronischer Form auf der Gocycle-Website.
Die Gocycle Connect-App wirkt derweil nicht sonderlich ästhetisch, dafür übersichtlich und selbsterklärend. Im Rahmen unseres Tests fror diese allerdings gelegentlich ein und ruckelte ebenso oft. Auch ließen sich je nach geöffnetem Fenster die Zurück-Taste und der Einstellungs-Button nicht ansteuern. Dies kann daran liegen, dass wir ein Smartphone mit dem Google-Betriebssystem Android 10 verwendeten. Laut Hersteller soll die App jedoch sämtliche Android-Versionen ab Android 7.0 Nougat unterstützen. Was sich dagegen mit Sicherheit nicht auf das Smartphone-Betriebssystem zurückführen lässt, ist, dass die App zwar größtenteils in die deutsche Sprache übersetzt wurde. Allerdings nicht vollständig. Daher sind Begriffe wie „Calories burned“ oder „avg Speed KPH“ an der Tagesordnung.
Fazit
Das Gocycle G4i ist ein außergewöhnliches und kontrastreiches E-Bike. Während sich Optik und Mechanik auf einem außerordentlich hohen Niveau befinden, ist die Elektronik respektive Automatik nicht überzeugend und die Bedienung wenig intuitiv. Für die Auszeichnung „bestes E-Bike der Welt“ reicht die Leistung so definitiv nicht aus. Zumal der aktuelle UVP mit knapp 5.000 Euro recht happig ausfällt. Wer jedoch Wert auf ein stilvolles Design mit Blickfang-Qualitäten legt und gerne kräftig in die Pedale tritt, wird mit dem Gocycle G4i gewiss seinen Spaß haben.
Pros des Gocycle G4i:
- hervorragendes Design
- ausgezeichnete Verarbeitung
- hochwertig Mechanik
Contras des Gocycle G4i:
- Bedienung wenig intuitiv
- prädiktive Gangschaltung wenig überzeugend
- Automatik der Motorunterstützung korrekturbedürftig
Ja, das Bike lässt sich sehen. Schick, schick.
Aber mit einem Preis von ab ca.4000€ ist nicht gerade ein Schnäppchen.