BYD Atto 2 im Test: Preisbrecher unter den Kompakt-SUVs

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Mit einem neuen City-SUV möchte BYD ab sofort für Aufsehen in Deutschland sorgen. Wir hatten bereits die Möglichkeit, den neuen BYD Atto 2 auf einer ersten Testfahrt auf die Probe zu stellen. Mehrere Aspekte haben uns dabei sehr überrascht. In einer Disziplin versagt das neue E-Auto jedoch.
inside digital Redakteur Hayo Lücke neben dem BYD Atto 2.
BYD geht mit einem neuen Kompakt-SUV auf Kundenfang - wir haben ihn bereits getestet.Bildquelle: Harald Dawo

Schon auf den ersten Blick wird deutlich, dass BYD den 4,32 Meter langen und 1,83 Meter breiten sowie 1,68 Meter hohen Atto 2 im nachfragestarken B-Segment positioniert, wo er auf namhafte Konkurrenz trifft. Modelle wie der Citroën e-C3, der Peugeot e-2008 (Test) oder auch der Kia EV3 buhlen hier um kaufwillige Kunden. Und die sollen nicht zu viel Geld für ihren neuen Kompakt-SUV ausgeben müssen. Wer schnell ist, kann sich den BYD Atto 2 nämlich für unter 30.000 Euro sichern. Allerdings nur die etwas abgespeckte Version "Active". Wir haben für diesen Fahrbericht das besser ausgestattete "Boost"-Modell unter die Lupe nehmen können.

BYD Atto 2 im ersten Test: Überraschend viel Auto

Gerade im Vergleich mit einem Volvo EX30 (Test) oder einem Opel Frontera Electric (Test) überrascht der BYD Atto 2 im Innenraum mit viel mehr Auto. Der Eindruck, dass an allen Ecken und Enden gespart werden musste, um einen möglichst niedrigen Preis zu erzielen, entsteht hier nicht. Im Gegenteil: Der Wagen präsentiert sich dem Fahrer mit einer grundsoliden Verarbeitung, die zwar keinen High-End-Ansprüchen gerecht werden kann, für den Alltag aber komplett ausreicht. Vereinzelt hätte man sich hinter den Oberflächen vielleicht etwas mehr Dämmung gewünscht, doch das dürfte am Ende nur dem geschulten Auge auffallen.

Wiederum nicht nur für Laien offensichtlich: Bereits ab 70 km/h sind im Innenraum des Atto 2 während der Fahrt leichte Windgeräusche an den Vordertüren auszumachen. Wirklich störend sind die aber nur, wenn man ohne musikalische Begleitung unterwegs ist. Die Lenkung könnte für unseren Geschmack etwas präziser sein. Dafür schlucken das Fahrwerk und die zugehörige Federung etwaige Unebenheiten auf der Fahrbahn gut. Etwas überrascht haben uns die am Fahrzeug recht zierlich aussehenden 17-Zoll-Alufelgen. In den recht großen Radkästen wirken sie fast schon ein wenig verloren.

BYD Atto 2 in der Seitenansicht.
BYD Atto 2: Ein typischer Kompakt-SUV.

Kein Leistungswunder, sondern ein komfortabler Gleiter

Die Leistung? Ebenfalls alltagstauglich. BYD stellt 130 kW (177 PS) über einen Frontantrieb in Aussicht, was für einen knapp zwei Tonnen schweren Familien-Stadt-SUV mehr als ausreichend ist. Eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h fällt dem E-Auto nicht schwer und doch vergeht ein wenig Zeit: 7,9 Sekunden laut Hersteller. In der Spitze ist bei 160 km/h das Ende der Fahnenstange erreicht. Die Kraftübertragung auf die Straße klappt nicht immer optimal. Durchdrehende Reifen sind bei nasser Fahrbahn möglich, wenn das Strompedal zu stark getreten wird.

Was in der Theorie nicht gerade nach einer Raketenwissenschaft klingt, erweist sich im Test als moderat bis emotionslos. Wer das Gaspedal tritt, darf nicht den bei so manchem E-Auto bekannten Kick erwarten. Vielmehr beschleunigt der BYD Atto 2 recht sanft, ruhig und gleichmäßig, was einem hohen Fahrkomfort zugänglich ist. Weil aber selbst im Sport-Modus – insgesamt stehen vier Fahrmodi zur Wahl – während der Fahrt nur eine vergleichsweise geringe Zusatzleistung abrufbar ist, will ein Überholmanöver auf der Landstraße gut überlegt sein.

Die Gänge selbst kannst du über einen Gangwahlhebel an der Mittelkonsole einlegen, wo sich über einen Druckknopf auch die Stärke der Rekuperation in zwei Stufen auswählen lässt. Starke Unterschiede sind beim Verzögern des Fahrzeugs bei den beiden zur Verfügung stehenden Stufen aber nicht auszumachen. Bequemes 1-Pedal-Fahren ist mit dem BYD Atto 2 nicht möglich. Auch schwere Anhänger kann das Auto nicht ziehen. Die maximal mögliche ungebremste Anhängelast beträgt 750 Kilogramm.

Etwas vermisst haben wir ein Head-up-Display. Dafür lässt sich das Center-Display (12,8 Zoll im Boost-Modell, nur 10,1 Zoll in der Active-Variante) auf Wunsch um 90 Grad drehen. Insbesondere bei Verwendung des Navigationssystems ist eine vertikale Ausrichtung von Vorteil, weil dann ein größerer Kartenausschnitt nutzbar ist. Praktisch: Die Zoom-App ist Teil der Entertainment-Ausstattung, was es ermöglicht, auf Zoom basierenden Meetings auch während der Fahrt beizuwohnen. Zu öffnen ist der BYD Atto 2 dank NFC-Technologie bei Bedarf auch über einen digitalen, auf dem Handy gespeicherten Schlüssel. Smartphone an den linken Seitenspiegel halten, fertig: das Auto öffnet sich.

Cockpit des BYD Atto 2 mit schwenkbarem Center-Display.
Das Center-Display im BYD Atto 2 lässt sich blitzschnell im 90 Grad drehen.

Reichweite und Ladeleistung: Hier finden sich die Einschränkungen

Hinsichtlich des verbauten Akkus setzt BYD wie in all seinen Fahrzeugen auf eine sogenannte Blade-Batterie, die nach Herstellerangaben nicht entflammbar ist. Sie bietet eine Nennkapazität von nur rund 45 kWh, was für eine WLTP-Reichweite von 312 Kilometern sorgen soll. Während in der Stadt sogar bis zu 464 Kilometer in Aussicht gestellt werden, dürften auf der Autobahn zwischen 200 und 250 Kilometer unter optimalen Bedingungen möglich sein, mehr nicht.

Langstreckentauglich ist der Atto 2 also weniger. Laut BYD ist das aber kein größeres Problem. Denn laut eigenen Angaben fahren nur rund 10 Prozent der Deutschen mehr als 70 Kilometer pro Tag mit ihrem Auto. Während unserer knapp 100 Kilometer langen Testfahrt lag der Verbrauch bei rund 16 kWh / 100 Kilometer. Das ist auch jener WLTP-Wert, den BYD selbst für den Atto 2 in Aussicht stellt.

Nun könnte man natürlich erwarten, dass BYD mit all seinem Know-How in der Batterieforschung zumindest eine schnelle Ladeleistung bietet. Doch in diesem Punkt versagt der BYD Atto 2 leider auf ziemlich drastische Weise. Mögen 11 kW AC-Ladeleistung noch alltagstauglich für die Nutzung an der heimischen Wallbox erscheinen, sind 65 kW Schnellladeleistungsfähigkeit genau das Gegenteil. Das ist – sorry BYD – einfach nicht marktgerecht und an den Ansprüchen der potenziellen Kundschaft vorbei entwickelt.

BYD Atto 2 in der Frontansicht.
BYD Atto 2 in der Frontansicht.

In anderen Zahlen ausgedrückt heißt das nämlich: Für eine Aufladung von 10 auf 80 Prozent müssen laut Hersteller 37 Minuten vergehen. Weil aber nicht immer die optimalen Bedingungen vorherrschen, dürften nicht selten rund 45 Minuten Standzeit für eine Aufladung an der Schnellladesäule vergehen. Lange Ladezeiten auf Urlaubsfahrten sind also unausweichlich. Immerhin: Eine Wärmepumpe ist beim BYD Atto 2 serienmäßig an Bord. Ebenfalls in Serie gibt es eine Vehicle-to-Load-Funktion (V2L), um externe Geräte mit Stecker über den Akku des Autos mit Strom zu versorgen.

Beeindruckendes Platzangebot für Fahrer und Mitreisende

Stellt sich abschließend noch die Frage, wie es eigentlich um das Platzangebot im BYD Atto 2 bestellt ist. Und an dieser Stelle wird so mancher Interessent sehr überrascht sein. Denn nicht nur auf den vorderen beiden Plätzen präsentiert sich der Kompakt-SUV geräumig, sondern gerade auch in der zweiten Sitzreihe.

BYD Atto 2 - Platzangebot zweite Sitzreihe.
BYD Atto 2 - Solides Platzangebot in der zweiten Sitzreihe.

Zwar liegen die Oberschenkel im Fond gerade bei lang gewachsenen Menschen kaum auf der Sitzbank auf, was besonders auf längeren Strecken den Komfort einschränken dürfte. Dafür gibt es aber eine enorme Kopffreiheit. Und rücken Fahrer und Beifahrer nicht zu stark mit ihren Sitzen nach hinten, ist auch die Beinfreiheit selbst für größere Menschen vollkommen akzeptabel. Bei einem Radstand von nur 2,62 Metern ist das alles andere als eine Selbstverständlichkeit.

Der Kofferraum bietet ein Ladevolumen von 400 Litern. Es lässt sich durch Umlegen der Rücksitze auf 1.340 Liter erweitern. Eine hohe Ladekante ist nicht zu überwinden, zusätzlicher Stauraum in einem recht großen Unterboden zu finden. Auf einen Frunk unter der Motorhaube verzichtet BYD, obwohl noch reichlich Platz dafür vorhanden gewesen wäre. Eine elektrische Heckklappe gibt es nicht. Große Menschen sollten beim Be- und Entladen zudem beachten, dass die Kofferraumklappe weniger weit öffnet. Schon ab etwa 1,75 Metern läuft man Gefahr, sich an der Heckklappe den Kopf zu stoßen.

BYD Atto 2 Motorraum.
Der BYD Atto 2 verzichtet auf einen Frunk unter der Motorhaube - obwohl Platz dafür gegeben wäre.

Was kostet der BYD Atto 2?

Wie eingangs erwähnt, steht der optisch wenig auffällige und ein wenig an den Smart #1 (Test) erinnernde BYD Atto 2 ab sofort mit nur 5,25 Metern Wendekreis in zwei Varianten und mit vier wählbaren Farben zur Verfügung. Das Basismodell "Active" bietet der chinesische Hersteller ab 31.990 Euro an, die von uns getestete Variante "Boost" ab 34.990 Euro. Von diesen Preisen zieht BYD in den kommenden Wochen während einer Launch-Phase für Schnellentschlossene aber direkt 2.000 Euro ab, sodass der Einstieg ab 29.990 Euro möglich ist.

Ab Herbst wird es auch noch eine "Comfort"-Version des Atto 2 zu kaufen geben. Die soll dann für mindestens 38.990 Euro mit einer größeren Batterie für 420 Kilometer WLTP-Reichweite ausgestattet sein und auch schneller laden. Eine konkrete Ladeleistung nennt BYD zwar bis jetzt nicht, stellt aber einen Zeitbedarf von rund 25 Minuten in Aussicht, um die Batterie von 10 auf 80 Prozent zu laden. Ein sonst oft aufpreispflichtiges Panoramaglasdach ist schon beim "Active" und beim "Boost" ab Werk serienmäßig verbaut.

BYD Atto 2: Kofferraum mit großem Unterboden.
BYD Atto 2: Kofferraum mit großem Unterboden.

BYD will in Deutschland wachsen

Die passenden Händler kannst du übrigens über die BYD-Homepage finden. Gab es zuletzt nur 27 Handelspartner in Deutschland, sollen es bis Ende übrigens deutschlandweit schon rund 120 sein. Auch das zeigt, dass es BYD mit seinen Zielen, in Deutschland eine stärkere Rolle zu spielen, durchaus ernst nimmt.

Verwundern sollte das aber ohnehin niemanden. Denn im vergangenen Jahr war BYD mit einem Marktanteil von 24 Prozent die klare Nummer Eins am E-Auto-Weltmarkt. Zum Vergleich: Tesla kam nur auf 10 Prozent, Geely und VW erreichten jeweils rund 6 Prozent. Ab Ende 2025 ist geplant, die Fertigung von Fahrzeugen auch in einem europäischen Werk in Ungarn aufzunehmen.

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