Man kann sie auf den ersten Blick unterscheiden: den guten alten Drahtesel – und ein E-Bike. Nicht nur aufgrund des Akkus oder dickeren Rahmens. Sie sehen im Allgemeinen moderner, minimalistischer und puristischer aus. Ein Paradebeispiel für solch ein Exemplar ist das Cowboy 4 (ST). Das E-Bike sieht nicht nur schick aus, sondern ist außerdem intelligent und nicht nur elektrisch betrieben. Was macht das Fahrrad für rund 2.800 Euro aus? Das zeigt der Test.
Cowboy 4 und der Minimalismus
Angefangen bei der Optik, ergeben sich gleich mehrere Besonderheiten beim aktuellen Flaggschiff des belgischen Herstellers. Das E-Bike präsentiert sich in einem matten, schwarzen Finish ohne Schnickschnack. Die Optik ist modern, minimalistisch und wie aus einem Guss. Und das nicht zu viel gesagt, denn obwohl die einzelnen Elemente aneinander geschweißt wurden, gelingt Cowboy eine nahtlose Verarbeitung. Das schafft nicht jeder Hersteller, im Gegenteil. Das hat aber auch den Nachteil, dass man nur eine Komponente individuell einstellen kann: den Sattel. Alles andere ist fest. Sprich: Je größer der Fahrer, desto mehr muss er sich zum Lenker nach vorn beugen.
- Zur Information: Wir haben die ST-Version getestet, die sich allein durch den tiefen Einstieg zum normalen Cowboy 4 unterscheidet. Das Cowboy 4 ST eignet sich somit für kleinere Menschen ab 1,60 Metern Größe.
Cowboy bleibt designtechnisch konsequent und achtet dabei aufs Detail. Auffällig unauffällig sind die Vorder- und Rücklampe in ovaler Form sowie senkrecht in den Rahmen eingelassen. Sie lugen wie kleine, abgerundete Beulen leicht aus dem Rahmen hervor, wirken aber nicht weiter störend. Der Rahmen des E-Bikes ist schlank konzipiert, was dem geradlinigen Design einmal mehr zugutekommt. Den Motor verstecken die Belgier stattdessen in der Hinterradnabe, wo sie mehr oder weniger unsichtbar wird.
Für deutsche Nutzer fehlt an dem Cowboy 4 allerdings noch an Ausstattung, damit das E-Bike im Straßenverkehr fahren darf. Klingel, Reflektoren und Co. sind in Deutschland im Lieferumfang enthalten und das Cowboy 4 somit für die StVO bereit.
Das sind die Gegebenheiten des belgischen Bikes
Das Auge isst mit, ja. Aber es muss auch dem Gaumen munden. Was bietet das Cowboy 4 also abseits eines schicken Äußeren? Zum einen schraubt Cowboy die Leistung im Vergleich zum Vorgänger deutlich hoch: Anstelle eines Drehmoments von 30 Nm fahren Nutzer nun mit einer Leistung von 45 Nm. Damit einher und in unterstützender Funktion kommt der Hinterradnabenmotor samt einer Leistung von 250 Watt hinzu, der vor allem bei der Anfahrt mit dem Pedelec wahre Wunder bewirkt.
Jeanshosen erfreuen sich derweil am modernen Riemenantrieb. Cowboy setzt nicht auf herkömmliche Ketten, die mit Schmiermittel gewartet werden müssen, sondern auf Gates Karbonriemen. Laut eigenen Angaben sind diese langlebiger als bekannte Fahrradketten – ob das wirklich so ist, müsste jedoch ein Langzeittest über mehrere Jahre zeigen.
Erwähnenswert sind an dieser Stelle außerdem die pannensicheren Reifen, die mit flexiblem Grip und einer, so Cowboy, Pannenschutzschicht versehen sind.
Reichweite und Akku des Cowboy 4
Das A und O eines E-Bikes ist die Reichweite. Das Cowboy 4 ist eindeutig ein Stadtfahrrad, mit dem du federleicht Einkäufe, Besuche und kleinere Radtouren auf befestigen Wegen machen kannst. Die Reichweite gibt Cowboy mit 70 Kilometern an. Der verbaute Akku ist dafür – zumindest auf dem Papier – verhältnismäßig klein: 360 Wattstunden. Andere Hersteller verbauen im Schnitt mindestens Akkus mit 500 Watt. Warum das dem Cowboy 4 aber keinen Zacken aus der Krone bricht, liest du später.
Hat sich der Akku einmal entleert, kannst du ihn einfach aus dem Rahmen herausheben und an den Strom anschließen. Knapp dreieinhalb Stunden braucht er, um wieder voll aufgeladen zu sein. Übrigens: Gesichert ist der Akku am Rahmen mit einem Schlüssel. Nimmst du ihn raus, kann kein Fremder den Akku entwenden.
App statt Bordcomputer: Das ist das System dahinter
Wie eingangs schon erwähnt, kann sich das Cowboy 4 in der Tat smart und in diesem Sinne intelligent schimpfen. Denn anstelle eines verbauten „Bordcomputers“ kommt das E-Bike mit einer App aus. Die ist somit Pflicht, wenn du mit dem Fahrrad fahren willst. Sei steht kostenlos im Google Play Store und App Store bereit, erfordert aber eine Registrierung. Bei der Einrichtung musst du sie außerdem einmalig mit dem Rad verbinden, was automatisch läuft. Extra dafür befindet sich in der Mitte des Lenkers eine Befestigung, an der du dein Smartphone anbringen kannst. Die Quad-Lock-Hülle ist nicht im Lieferumfang enthalten und muss somit zusätzlich gekauft werden. Praktisch ist sie allemal, hast du dein Handy und die App beim Fahren im Blick, ohne abgelenkt zu werden – etwa dann, wenn du dich navigieren lässt. Die Hülle stand uns für unseren Test jedoch nicht zur Verfügung.
Die App selbst ist ebenso minimalistisch gehalten wie das Pedelec an sich. Sie besitzt die nötigsten Funktionen: Du kannst das Licht über die App regeln – wird es dunkel, geht es automatisch an -, das integrierte Navi nutzen. Ist die App einmal mit dem Cowboy 4 verbunden, erkennt sie das Rad automatisch und entsperrt es den Motor, sobald du in Reichweite bist. Das heißt, du musst keine Knöpfe drücken oder Ähnliches, sondern kannst direkt aufsteigen und losfahren. Ob das Bike entsperrt ist, erkennst du an der LED-Anzeige, die dann leuchtet. Ist das E-Bike nicht entsperrt, springt im Übrigen auch der Motor nicht an.
Darüber hinaus kannst du das E-Bike mit der App auch vor Diebstahl schützen. Macht sich ein Langfinger an dem Fahrrad zu schaffen, registriert die App das und benachrichtigt dich. Im Zweifelsfall kannst du die Positionsdaten sogar direkt an die Polizei weitergeben. Dieser Zusatz kostet hingegen im Monat Geld. Ein weiteres, praktisches Feature ist die Unfallerkennung. Das Cowboy 4 merkt, wenn du fällst. Ist die Funktion aktiviert, setzt die App automatisch einen Notruf an deine hinterlegten Notfallkontakte ab. Bist du nicht verletzt, hast du 60 Sekunden Zeit, um den Notruf abzubrechen.
Fahrgefühl: Das macht das Cowboy 4 intelligent
Das Smartphone permanent dabei zu haben, damit man Fahrrad fahren kann, ist erst einmal ungewohnt. Umständlich ist vor allem, wenn man keine Halterung oder Quad-Lock-Hülle hat, um das Handy am E-Bike zu befestigen. Möchtest du zu einem Ort navigiert werden, musst du so immer wieder stehen bleiben, um zu sehen, wo du hinfahren musst. Auch bei anderen Einstellungen werden so immer wieder Pausen nötig. Hat man aber verinnerlicht, wie der Hase läuft und wie die App samt Bike zu bedienen sind, ist das kein Problem mehr.
Auffällig ist, dass der leichte Tritt in die Pedale beim Aufsteigen für einen kräftigen Schub nach vorn sorgt. Das macht sich auf einer Strecke mit beispielsweise vielen Ampeln bemerkbar, fährt man den meisten anderen Radfahrern ohne Probleme in sekundenschnelle davon. Die Motorleistung sorgt hier also für Fahrspaß. Doch das nicht durchgehend: Vor allem auf gerader Strecke fällt die Singlespeed-Gestaltung des Cowboy 4 schnell auf. Was heißt das? Das ist recht schnell erklärt: Du hast keine Gänge, zwischen denen du schalten kannst, und kannst außerdem keine Unterstützungsstufen auswählen wie bei vielen Konkurrenten. Du trittst stattdessen einfach in die Pedale, fertig.
Bis zu einer Geschwindigkeit von knapp 20 km/h funktioniert die Singlespeed-Unterstützung gut. Danach fühlt man sich allerdings, als würde man auf einem klassischen Hollandrad versuchen, ein Rennen zu fahren. Den Vorsprung, den du durch den Motor an der Ampel gewonnen hast, wird von anderen Radfahrern auf herkömmlichen Rädern in Windeseile aufgeholt – und du wirst überholt.
Auch bei ansteigenden Höhen konnte man die Motorleistung zwar noch spüren, der kraftvolle Schub nach oben blieb aber aus. Die Frage: Was passiert, wenn der Akku leer ist oder der Motor aus? Dann hängt das Cowboy 4 wie ein Klotz unter deinem Hintern.
Im Hinblick auf leere Akkus haben sich die Belgier aber etwas ausgedacht: Geht dein Handy leer und du kannst das E-Bike respektive Motor nicht mehr entsperren, geht das auch manuell. Dafür musst du den Akku lediglich aus dem Rahmen nehmen und nach ein paar Sekunden wieder einfügen. Der Motor schaltet sich danach automatisch an und du kannst mit Unterstützung weiterfahren.
Reichweite und Motor: Besser, als auf dem Papier
Mit dem Cowboy 4 sind wir zur Arbeit gependelt, was pro Strecke knapp 20 Kilometer und, je nach Fahrstil, eine bis anderthalb Stunden gebraucht hat. Pro Tag standen also fast 40 Kilometer auf dem Zähler. Die Strecke ist urban, sprich asphaltiert – genau das, wofür das Cowboy 4 geeignet ist. Fährt man zwischendurch doch auf unbefestigten Wegen, merkt man schnell, dass man sich mit dem E-Bike auf Irrwegen befindet. Die Reifen haben zu wenig Profil, um auf Wiesen Halt zu finden, außerdem fehlt eine Federung. Die Fahrt wird letztlich zur ruckeligen und teils schmerzhaften Angelegenheit.
Doch zurück zur Reichweite und zum Akku: Nach zwei Tagen war nur die Hälfte des Akkus verbraucht. Er musste erst nach rund einer Woche erneut aufgeladen werden. Eine gute Bilanz. Für Pendler ist das Cowboy 4 summa summarum eine gute Wahl.
Fazit zum Cowboy 4
Das Cowboy 4 ist ganz klar ein E-Bike, das sich im besten Wille intelligent präsentiert. Es vereint moderne Ansätze mit dem digitalen Wandel, ohne dabei auf zu viel Schnörkeleien und Zusatzfunktionen zu setzen. Gelobt werden muss die hervorragende Verarbeitung und die praktisch wie sicher konzipierte Integration des Akkus am Rahmen unterhalb des Akkus. Er ist simpel zu entnehmen und dabei durch den Schlüssel sicher vor Dieben. Das Fahrgefühl ist vor allem im städtischen Raum gut, sodass sich kleine Ausflüge und tägliche Fahrten bequem erledigen lassen. Die App-Anbindung funktioniert reibungslos; durch die wenigen Funktionen bleibt sie übersichtlich und kann von jedem bedient werden. Für sportlich Begeisterte zeichnet die App zudem die gefahrene Strecke, Kilometerzahl sowie durchschnittliche Geschwindigkeit an.
Doch das intelligente Rad hat auch seine Schwächen. Die offenbaren sich in der Langstrecke im Singlespeed-Konzept, das dich mitunter ins Schwitzen bringen kann. Mehr Gänge respektive verschiedene Einstellungsstufen, die sich an den Tretwiderstand anpassen lassen, hätten dem Cowboy 4 gut zu Gesicht gestanden. Schade sind auch die hohen Anschaffungskosten, was etwa die Quad-Lock-Hülle, den Fahrradständer und Gepäckträger betrifft. Vor allem, da das Cowboy 4 vorwiegend im urbanen Raum genutzt wird. Hier muss man noch einmal mindestens 130 Euro investieren – zu dem ohnehin schon hohen Preis von 2.790 Euro.
Das belgische E-Bike richtet sich somit primär an diejenigen, die in der Stadt mit ihm unterwegs sein wollen. Radfahrer, die längere Strecken zurücklegen und abseits von Asphalt unterwegs sein möchten, sollten sich ein anderes Modell suchen.
Pros
- Schönes, zeitloses Design
- Hervorragende App-Anbindung und Konzept
- Gute Motorleistung und Reichweite
- Entnehmbarer Akku
Contras
- Hoher Preis mit Zusatzkosten für weitere Ausstattung
- Singlespeed-Konzept
- Ohne Motorunterstützung nur sehr schwer zu fahren
- Wenig Einstellungsmöglichkeit
2800 Euro für ein E-Bike mit Mini-Akku, ohne einstellbare Unterstützung und ohne Gangschaltung??
Das soll wohl ein Scherz sein…
Das ist doch gerade der Witz an dem Rad! Draufsetzen und fahren und sich keinen Kopf machen rechtzeitig vor dem Berg zu schalten. Ich (74 Jahre)
fahre auch im Gelände damit. Mit den dicken Reifen ist mir das Rad ausreichend gefedert. Der größte Vorteil ist das geringe Gewicht von 17,6 kg ohne Akku!