Ein frühlingshafter Abend um kurz vor 22 Uhr auf der A1 zwischen Münster und Osnabrück. Ich teste den neuen BMW i5 und möchte wissen: Wie gut ist der von BMW vollmundig beworbene Autobahnassistent wirklich? Sorgt er tatsächlich für entspannteres Fahren? Ist der Autopilot wirklich so komfortabel? Die Hände für einen längeren Zeitraum vom Lenkrad nehmen zu können, kenne ich bisher von keinem neuen Elektroauto. Normalerweise bimmelt es im Cockpit schon nach wenigen Sekunden, damit die Hände dort bleiben, wo sie für Lenkbewegungen hingehören. Genau das soll im BMW i5 aber anders sein.
BMW Autobahnassistent startet auf Knopfdruck
Also ab auf die Mittelspur. Rechts ist der Lkw-Verkehr in Richtung Hamburg auch zu später Stunde noch zu dicht. Ruckzuck beschleunigt der im vergangenen Jahr neu eingeführte BMW i5 auf 100, 110, 120 km/h und weiter. Im digitalen Kombiinstrument und im Head-up-Display informiert ein kleiner grüner Schriftzug, dass der Autobahnassistent bereit für seinen Einsatz ist. Also schnell das passende Knöpfchen am Multifunktionslenkrad drücken und abwarten, was als Nächstes passiert.
Zwei grüne LEDs am Lenkrad signalisieren umgehend, dass der Autobahnassistent seine Arbeit aufgenommen hat. Das Auto hält nicht nur die Spur, sondern auch ausreichend Abstand zum Vordermann. Etwas zögerlich wage ich es, das Lenkrad nicht mehr fest im Griff zu halten, sondern die Hände auf meinen Schoß zu legen. Ein etwas mulmiges Gefühl treibt Adrenalin in meinen Körper, als ich mich einem vor mir auf die Mittelspur ziehenden Lkw nähere. Doch der BMW i5 tut das, was er tun soll: automatisch abbremsen und dem Güter transportierenden Hindernis vor mir mit ausreichend Abstand folgen. Sobald die Spur wieder frei ist, wird die Fahrt mit der voreingestellten Geschwindigkeit nach einer sanften Beschleunigung fortgesetzt, ohne dass ich dafür einen Finger rühren muss.
Spurwechsel ohne Hand am Blinker
Doch es geht noch mehr. Bis zu einer Geschwindigkeit von 130 km/h sind nämlich auch automatische Spurwechsel für einen Überholvorgang möglich. Naht von hinten kein Verkehr, fragt der BMW i5 bei aktiviertem Autobahnassistenten, ob ein Wechsel der Fahrbahn durchgeführt werden soll, sobald sich ein vorausfahrendes Fahrzeug (zu) schnell nähert. Dann reicht ein Blick in den linken Außenspiegel und das Fahrzeug leitet vollkommen selbstständig den Überholvorgang ein. Und das zu meiner Überraschung sogar überraschend flott. Wo andere Autos oft eine gefühlte Ewigkeit benötigen, wechselt der BMW i5 wie auf einer Schiene gleitend die Fahrbahn. Ebenso zügig fädelt der Stromer im Anschluss an die Überholung nach einem Blick in den rechten Außenspiegel wieder auf die mittlere Spur ein. Und all das durchgehend ohne Hände am Lenkrad.
All das funktioniert auf freier Strecke tadellos. Nicht nur nachts, sondern natürlich auch tagsüber. Ist der Verkehr dicht, stelle ich fest, dass Spurwechsel besser funktionieren, wenn ich sie manuell einleite und wieder beendet. Und: Der Autobahnassistent weigert sich – und das ist für mein Empfinden gut so – bei nassen Witterungsbedingungen zu starten. Sowohl bei Stark- als auch bei Nieselregen hat der Autopilot für die Langstrecke in meinem Test die Arbeit überwiegend nicht wie von mir befohlen aufgenommen. Darauf weisen dann zwei orangefarbene LEDs am Lenkrad hin. Zudem ertönt ein akustisches Warnsignal, sollte man doch der Versuchung erliegen, die Hände nicht wie vom Auto gefordert ans Lenkrad zu nehmen. Auch in Baustellen wird der Fahrer vom BMW i5 aufgefordert, selbst die Kontrolle zu übernehmen.
Eine Innenraumkamera sorgt für Kontrolle
Wichtig: Der Autobahnassistent funktioniert nur, solange der Fahrer das Verkehrsgeschehen im Blick behält. Denn BMW setzt voraus, dass der Fahrer während der Fahrt stets brems- und lenkbereit bleibt. Für die entsprechende Überwachung sorgt eine Innenraumkamera. Sie scannt die Augen des Fahrers und das Bordsystem mahnt unaufmerksame BMW-Fahrer zunächst optisch und akustisch, doch bitte während der Fahrt konzentriert zu bleiben. Wer sich daran nicht hält, bekommt den Nothalteassistenten zu spüren, der den Wagen sicher zum Stehen bringen kann. Dieses Szenario habe ich aber nicht getestet.
Zwei Wochen konnte ich den Autobahnassistenten auf verschiedenen Langstreckenfahrten testen. Und tatsächlich hat sich schon nach kurzer Zeit eine Art Gewöhnungseffekt eingestellt. Das Auto teilautonom über die Autobahn fahren zu lassen, ist wirklich so komfortabel, wie es BMW verspricht. Das mulmige Gefühl der ersten Stunden verfliegt fast in Windeseile, weil der Wagen immer ausreichend Abstand zum Vordermann hält und nicht zu starke Bremsmanöver in die Fahrt einstreut. Das teilautonome Fahren hebt den von BMW bekannten Slogan „Freude am Fahren“ buchstäblich auf ein neues Level.
BMW Autobahnassistent kostet ordentlichen Aufpreis
Eine schlechte Nachricht gibt es aber auch. Das komfortable Extra lässt sich BMW ordentlich bezahlen. Notwendig ist nämlich nicht nur die Sonderausstattung Driving Assistant Professional für 2.000 Euro. Auch der Autobahnassistent selbst kostet mit seiner erweiterten Lenkunterstützung noch einmal 850 Euro extra. Das muss man natürlich bereit sein, zu investieren. Auf Landstraßen und innerstädtisch funktioniert das automatisierte Fahren auf Basis von Level 2+ übrigens (bisher) nicht. Verfügbar ist die Komfortfunktion auch in den Limousinen des 5ers von BMW, die mit Verbrennungsmotor ausgestattet sind.