Zwei Testflüge wurden von inside handy in den vergangenen Wochen mit Eurowings unternommen. In beiden Fällen wurde nicht gezielt nach einem Flug mit WLAN gesucht. Die Flieger von Eurowings beziehungsweise Germanwings waren schlichtweg bereits mir dem neuen System ausgestattet. Es handelte sich in beiden Fällen um Flüge ab Berlin. Einmal ging es nach Köln, einmal auf die Kanarischen Inseln. Wie hat sich nun das Netz in der Praxis geschlagen, welche Erfahrungen wurden an Bord gemacht?
Anders als zunächst angenommen, handelt es sich bei dem Flugzeug-WLAN noch nicht um das neue europaweite LTE-Netz der Telekom European Aviation Network. 300 Antennen in ganz Europa funken ein Signal in den Himmel. Diese Signale werden von Antennen am Flugzeug aufgefangen und durch Technik an Bord auf ein WLAN-Signal umgesetzt. Smartphones können sich auch aufgrund des verwendeten Frequenzbandes nicht direkt einbuchen. Im Norden Skandinaviens oder auf dem Meer wurden keine LTE-Sender aufgebaut. In diesen Regionen wird das Netz vom einem Inmarsat-Satelliten unterstützt.
Im Fall von Lufthansa und somit auch Eurowings kommt derzeit aber nur die Inmarsat-Variante ohne die Bodenunterstützung zum Einsatz. „Die Lufthansa und auch die Tochtergesellschaft Eurowings setzen derzeit „nur“ Satelliten Technik (GX) von Inmarsat ein“, schreibt eine Sprecherin der Telekom. „Wir fungieren hier als Internet Service Provider und haben dadurch auch die Möglichkeit, spezielle Angebote für unsere Kunden zu machen. Eine Umstellung auf EAN wird derzeit noch diskutiert, die Technologie ist aber hier noch nicht im Einsatz.“
Wings Connect auch als Flug-Informationsportal
Beworben hat Eurowings das Angebot von Wings Connect durch Flyer in der Tasche der Rückenlehne des Vordermannes. Dort war, für Laien verständlich, alles Wichtige erklärt – inklusive der Preise. Auch wer keinen Bedarf hatte, ins Internet zu gehen, dem wurde die Verbindung mit Wings Connect empfohlen. Das dort kostenlos erreichbare Portal bietet auch Informationen zum Flug wie die aktuelle Höhe, Geschwindigkeit und Position des Flugzeugs.
In Betrieb genommen wird das WLAN-Netz bei Eurowings erst mit dem Erreichen der Reiseflughöhe und auch ohne weiteren Kommentar oder akustischen Hinweis. Erst zu diesem Zeitpunkt können Smartphones und Tablets, die sich im Flugmodus befinden müssen, sich per WLAN auf die erscheinende Kennung einbuchen. Die Reaktivierung von WLAN trotz Flug-Modus ist in der Regel bei allen Smartphones möglich.
Die Internet-Nutzung über den Wolken kann derzeit kostenlos ausprobiert werden. Zehn Minuten pro Flug und Endgerät sind ohne jegliche Anmeldung und Limitierung möglich. So ist es für kurze Zeit gestattet, sich ein Bild von den Möglichkeiten des Systems und den maximal möglichen Geschwindigkeiten zu machen. Beim Flug nach Köln erreichte der Speedtest immerhin DSL-Werte: Etwa 17 Mbit/s im Down- und 840 Kbit/s im Upstream erreichte ein Speedtest. Das reicht für ein Smartphone allemal aus. Enttäuschend ist allerdings die Latenz, die allerdings auf das Satelliten-Signal zurückzuführen ist. Die Reaktionszeiten lagen bei fast 600 Millisekunden.
Die Tarife: Zwischen 3,90 Euro und 11,90 Euro pro Flug
WingsConnect bietet nach den zehn Kostenlos-Minuten in Zusammenarbeit mit der Telekom drei verschiedene Tarife für die Nutzung an. Bestehende Hotspot-Flatrates von Telekom-Kunden sind nicht nutzbar. Die Tarife Connect S, Connect M und Connect L bieten offiziell verschiedene Netzfunktionen an. Connect S soll offiziell für 3,90 Euro alle E-Mail und Messaging-Dienste unterstützen und bis zu 150 Kbit/s liefern. Bei Connet M für 6,90 Euro soll das Surfen im Internet mit bis zu 600 Kbit/s dazu kommen und Connect L soll Video- und Musik-Streaming ermöglichen. Hier sollen dann auch bis zu 15 Mbit/s möglich sein. Eine Begrenzung des Datenvolumens gibt es nicht. Genutzt werden kann der Zugang bis zum Ende des Fluges, genauer bis zum Verlassen der Reiseflughöhe.
Die Buchung der Tarife ist einfach. Es wird eine E-Mail und der Name des Kunden abgefragt. Bei der Bezahlung sollten Nutzer bedenken, dass bis zur Freischaltung kein Rückkanal zur Verfügung steht. Wer also eine Kreditkarte nutzt, die einen Bestätigungscode per Internet oder Handy oder eine Zwei-Faktor-Autorisierung benötigt, der kann nicht bezahlen. Auch die Nutzung von Paypal per App ist nicht möglich, da diese nicht freigeschaltet ist.
Nach der Buchung sieht der Kunde auf der Bestätigungsseite einen Benutzernamen und ein Passwort. Diese werden nur gebraucht, wenn man sich aus dem Netz ausbucht und wieder einwählen oder das Gerät wechseln will. Die Daten werden zusammen mit einer Quittung über den bezahlten Betrag auch per E-Mail zugeschickt. Auf einer Geschäftsreise ließe sich der bezahlte Betrag also sogar über die Reisekostenabrechnung einreichen.
Connect S kann mehr als nur Messaging
Beim Flug nach Lanzarote wurde von inside handy der kleinste Tarif Connect S gebucht. Das eigentliche Ziel: Ein paar Familienfotos per WhatsApp verschicken. Tatsächlich war beim Testflug aber mehr als nur die Nutzung von Messaging möglich. Auch die Verwendung von Streaming-Diensten und Web-Inhalten im Connect-S-Tarif war erfolgreich. Mehr noch: Mittels WLAN-Repeater-Funktion des verwendeten Huawei Mate 10 konnte der WLAN-Zugang sogar mit der Familie geteilt werden. Allerdings war die Geschwindigkeit der Verbindung auf 150 kBit/s gedrosselt.
Komplett stabil funktionierte Wings Connect jedoch nicht. Der Fehler schien jedoch mehr am System als den Datenverbindungen zu hängen. Zeitweise war gar keine Nutzung der Wings Connect Plattform mehr möglich. Somit gab es auch keine Informationen zum Flug. Bei 3,90 Euro für den Zugang ist das sicher zu verschmerzen, beim Connect L wäre es deutlich ärgerlicher gewesen, den Zugang nicht die komplette Zeit über nutzen zu können.
Es schien bei der Nutzung auch einen Unterschied zu machen, ob die Maschine gerade über Land oder das Meer flog. Die meisten Probleme traten nämlich scheinbar während des Fluges über die Biskaya und den Nordatlantik auf. Das ist jedoch nur eine Vermutung: Aufgrund der fehlenden genauen Flugzeugdaten waren genaue Positionsbestimmungen nicht möglich.
Plötzliches Surf-Ende mit Beginn des Landeanflugs
Das Verlassen der Reiseflughöhe wurde durch das Aufleuchten des Anschall-Zeichens und einem Ton an die Passagiere kommuniziert. Im gleichen Moment war auch schon das WLAN abgeschaltet. Eine Vorwarnung erfolgte nicht. Das ist vor allem ärgerlich, wenn man noch etwas abschicken oder abrufen wollte oder gerade in einer WhatsApp-Unterhaltung war. Oder telefoniert hat. Denn auch das hat der Test von inside handy gezeigt: Das verwendete Telekom-Handy hat sich per WLAN-Call in das Bordnetz eingebucht. Eine Testverbindung war erfolgreich. Erlaubt ist das Telefonieren an Bord von Eurowings-Maschinen mit Blick auf dadurch gestörte Mitreisende an Bord allerdings nicht.
Wings Connect: Das Test-Fazit
Es ist definitiv eine neue Ära, auch auf Kurz- und Mittelstrecken im Flugzeug online gehen zu können. Zwar ermöglicht die Airline Norwegian dieses schon seit Jahren und komplett kostenlos, doch setzt sie rein auf Satelliten-Dienste. Die Idee, das Netzwerk künftig durch ein terrestrisches System zu ergänzen, ist einzigartig und sinnvoll – vor allem in Bezug auf die möglichen Bandbreiten für jeden einzelnen Nutzer und Kapazitäten für alle.
Im Test-Fall reichte eine Buchung der Messaging-Flatrate zum kompletten Internet-Zugang aus. Das Surfen im Netz funktionierte in einer akzeptablen Geschwindigkeit, für einen Urlaubsflug. Für einen Flug von fast vier Stunden ist der Preis von 3,90 Euro auch angemessen. Die anderen Tarife sind eher hoch angesetzt zumal sie nur für einen Flug gelten. Vielflieger, die oft online gehen wollen, müssen tief in die Tasche greifen.
Ärgerlich ist, dass das System nicht absolut stabil lief und im Vorfeld nicht in Erfahrung zu bringen ist, ob der Flieger bereits mit WLAN ausgestattet ist. Derzeit ist das noch nicht bei allen Maschinen der Fall. Der Umbau soll etwa vier Tage dauern.
Ich würde empfehlen die Quellen in Zukunft vorab besser zu prüfen. Die aktuelle Eurowings Kurzstreckenflotte läuft komplett über reine Satellitenverbindung (Inmarsat GX) und daher erklären sich auch die hohen Latenzen… des Weiteren habe ich bei Flugtests auch schon festgestellt, dass über dem Mittelmeer auf dem Weg mach Mallorca die Verbindung weg war…Vermutung ist, dass die Spotbeams (so heißen die in aktuellen Satellitennetzwerken) über dem Meer weiter gedehnt sind als über dem Land und hier sobald mehrere Flugzeuge drin sind kaum bis gar nichts mehr ankommt.
https://blueswandaily.com/eurowings-introduces-wings-connect-wifi-service/
Dazu wären nicht Mal Insider-Infos nötig gewesen. 😉
Hi,
danke für den Hinweis. Die Quelle sagte, dass LH und somit auch EW schon das EAN nutzen. Du hast aber recht, es ist nur Inmarsat GX was wir getestet haben. Das hat mir gestern auch die Telekom mitgeteilt. Die sind auch nicht ganz glücklich damit, dass das nicht ganz trennscharf kommuniziert wird. Ich hab den Artikel daher gestern Abend noch entsprechend angepasst.