5G in Berlin im ersten Test: Das taugt das neue Netz wirklich

7 Minuten
Wir befinden uns in Berlin-Schöneberg, gut fünf Kilometer Luftlinie entfernt vom Messegelände und der IFA. Wenige Tage zuvor hatte die Telekom hier den Startschuss für das eigene 5G-Netz gegeben. Wir haben es für dich ausprobiert und zeigen dir, was du von 5G erwarten kannst und vor allem, worauf du achten solltest.
5G im Telekom-Netz
5G im Telekom-NetzBildquelle: Thorsten Neuhetzki / inside digital
Das 5G-Netz der Telekom unterscheidet sich von dem 5G-Netz, das Vodafone bereits vor einigen Wochen gestartet hat, in zwei gravierenden Punkten. Die Telekom hat wirklich ein zusammenhängendes Netz, während Vodafone nur einzelne Sendemasten betreibt. Und: Die Telekom sendet bereits mit allen Frequenzen, die sie ersteigert hat. Vodafone arbeitet hingegen noch mit reduzierter Bandbreite. Wer also wirklich einen Eindruck davon haben will, wie 5G in den kommenden Monaten und Jahren aussehen wird, der sollte das Berliner-Telekom-Netz nutzen. Es besteht derzeit nach Telekom-Angaben aus 66 Antennen und ist sechs Quadratkilometer groß. Gestartet war das Telekom-5G-Netz offiziell am IFA-Donnerstag, schon am Abend zuvor hatte die Telekom jedoch ihre ihr zur Verfügung stehenden Frequenzen und damit das 5G-Netz auf den Masten aufgeschaltet. Wir haben das Netz für dich in den vergangenen Tagen an verschiedenen Stellen getestet und sind dafür in Schöneberg bis hin zum Potsdamer Platz unterwegs gewesen. Sei es im Bus, auf der Straße oder in einem Eisladen. Sei es mit direkter Sicht auf den Sendemast oder aber vergleichsweise gut versteckt.

Das aktuelle 5G-Netz ist noch nicht das finale 5G

Wichtig zu verstehen ist, dass das Netz derzeit auf 5G New Radio basiert. 5G NR ist ein reiner Downlink als Alternative zu LTE – nur deutlich schneller. Hat das Handy also 5G-Empfang, kommen die Daten per 5G-Kanal. Telefoniert und gesendet wird weiterhin per LTE.
Telekom 5G-Netz in Berlin
Telekom 5G-Netz in Berlin
Im Test des Telekom-Netzes in Berlin fiel uns vor allem eines auf: Das Netz weist eine sehr unterschiedliche Performance auf. Obwohl wir uns beim Testen nicht einmal einen Meter bewegten, schwankten die Downlink-Datenraten teils um mehrere hundert Megabit. Denkbar ist, dass wir uns beim Testen genau zwischen zwei Sektoren befunden haben. Das zumindest legte der Blick auf den Sendemast an dieser Stelle nahe.

So gut ist der 5G-Empfang

Grundsätzlich war der Empfang von 5G sowohl mit dem HTC 5G Hub als auch mit dem Huawei Mate20 X 5G besser, als die technischen Eigenschaften der Frequenzen es erwarten ließen. Denn die verwendeten Frequenzen rund um 3,5 GHz weisen nur eine geringe Reichweite auf. Häuser und andere Hindernisse sind eigentlich Gift für die Signale. Um so erstaunter waren wir, dass selbst in den engen Schöneberger Anwohnerstraßen ohne Sicht auf einen 5G-Mast der Empfang stabil war. Und auch der Datendurchsatz war mit etwa 500 Mbit/s durchaus noch ordentlich. Selbst in einem kleinen Eisladen waren im Speedtest noch knapp 400 Mbit/s möglich.
Der HTC 5G Hub im Telekom-5G-Netz
Der HTC 5G Hub im Telekom-5G-Netz
Anders allerdings direkt am U-Bahnhof Nollendorfplatz. Obwohl einer der Sender gerade mal einen Wohnblock entfernt und kaum verdeckt war, gab es keinen Empfang. Das allerdings ist auch die berechnete Empfangsprognose, die Kunden der Telekom-Netzkarte entnehmen können. Vermutlich ist die Ausrichtung der Antennen also so gewählt, das ausgerechnet der Platz aus der Abdeckung fällt.

Dachstandorte sorgen für 5G-Löcher

An anderen Stellen ist die Netzprognose der Telekom zumindest in unserem Test deutlich zu optimistisch. Denn obwohl es die Potsdamer Straße entlang, die immerhin als Bundesstraße 1 klassifiziert ist, 5G-Netz hätte geben sollen, buchten sich die Testgeräte nur im LTE-Netz ein. Auch am S-Bahnhof Yorkstraße – laut Karte noch so eben im Netzgebiet – war kein Empfang möglich. Erst nach einem Standortwechsel zum Potsdamer Platz, wo ebenfalls zwei Dachstandorte mit 5G versorgt wurden, war wieder 5G im Display zu sehen. Auffällig: Es dauert, bis die Endgeräte sich zum Einbuchen in das 5G-Netz entscheiden. Denn während wir auf dem Hinweg entlang der Stresemannstraße zu einem 5G-Standort erst dann Netz hatten, als wir die Antennen auch sahen, war es auf dem Rückweg fast die komplette Zeit über möglich, Speedtests mit hohen Datenraten durchzuführen. Auf dem Leipziger Platz – direkt gegenüber vom Potsdamer Platz und vor Berlins größter Shopping Mall – war ebenfalls beim Test entgegen der Empfangsprognose nicht an 5G zu denken. Zu groß sind wohl die Beton-Hindernisse, die die Sendeantennen zu überwinden haben. Auf der Rückseite der Mall, direkt vor dem Bundesfinanzministerium wiederum gelangten wir beim Testen in den Abdeckungsbereich des zweiten Sendestandortes in dieser Gegend. Auch hier zeigt sich: Je mehr man sich in die direkte Ausrichtung des Antennensektors stellt, desto besser war der Datendurchsatz – bis hinaus auf 1,1 Gbit/s. Der Bestwert lag bei 1.121 Gbit/s. Nur wenige Meter weiter ließen diese Spitzendatenraten, die stets auch abhängig sind vom verwendeten Server, wieder nach. Nur selten lagen die Downloadraten aber unterhalb der 400 Mbit/s. Unterm Strich bleibt aber die Erfahrung, dass das 5G-Netz wie erwartet noch sehr löchrig ist – wenngleich besser, als erwartet. So lange ausschließlich Dachstandorte mit den Antennen ausgestattet werden, wird das auch so bleiben. Soll 5G flächendeckend funktionieren, brauchen die Netzbetreiber auch in den Innenstädten andere Frequenzen sowie andere Standorte, die deutlich tiefer gelegen sind – dadurch aber noch geringere Reichweiten haben.

1 Gbit/s bei 5G – was damit tun?

5G auf dem Huawei Mate 20 X 5G
5G auf dem Huawei Mate 20 X 5G
Doch es stellt sich noch eine andere Frage bei 5G: Was macht man eigentlich damit? In unserem Test haben wir durch Speedtests die Datenraten des Netzes auf den verschiedenen Geräten dokumentiert. Welches der drei Geräte Samsung Galaxy S10 5G, Huawei Mate20 X 5G oder HTC 5G Hub uns dabei am meisten überzeugte, liest du im Laufe der Woche in einem weiteren Testbericht. Doch nur für Speedtests braucht man kein neues Netz; die wirkliche Killer-Applikation fehlt. Klar: Der Download des Amazon-Films mit 800 MB ist in nur wenigen Sekunden auf dem Smartphone – auch Live-Streaming geht richtig flott von der Hand. Ausgelastet haben wir 5G aber weder mit einem hochauflösenden YouTube-Video noch mit Cloud-Gaming. Und die für 5G versprochenen, extrem niedrigen Latenzzeiten und die weiteren Network-Slicing-Funktionen erwarten hochrangige Qualcomm-Manager, die für die Einführung der benötigten Chipsätze zuständig sind, erst in ein bis zwei Jahren.

Netzstart im Vergleich: 5G ist realer als LTE

Ob es sich daher lohnt, nur für schnellere Downloads in einem aktuell noch sehr sehr eingeschränkten Netz ein neues, derzeit noch teures spezielles 5G-Handy und einen neuen Tarif abzuschließen, darf doch sehr bezweifelt werden. Immerhin: Schon nächstes Jahr könnten die 5G-Handys billiger werden. Und wenn erst einmal das 5G-Symbol im Display erscheint, sollte man sehr vorsichtig mit Downloads umgehen, wenn man keine Flatrate gebucht hat. In nur etwa drei Stunden testen haben wir alleine auf dem HTC 5G Hub ein Datenvolumen von über 160 GB generiert. Die aktuellen 5G-Tarife der Telekom sind also noch nicht wirklich optimal für eine intensive 5G-Nutzung. Doch zweifelsohne ist das 5G-Netz, das die Telekom in Berlin bis dato stehen hat, ein Netz für die Zukunft. Schnelle Downloads auf dem Handy machen Spaß, wirklich notwendig ist es aber heute noch nicht. Das Netz muss erst noch deutlich wachsen und die Zuverlässigkeit in Sachen Empfang und Durchsatz sollte noch steigen. Unterm Strich bleibt aber ein deutlich besseres Gefühl in Sachen Netz und Endgeräte als beim vergleichbaren Start der LTE-Netze vor nicht ganz zehn Jahren. Damals gab es zwar ebenfalls kaum Zellen. Die Datenraten gingen aber kaum über das hinaus, was UMTS leisten konnte und Endgeräte gab es jenseits von USB-Sticks für den Computer auch nicht. Das ist bei 5G alles anders und verspricht eine deutlich schnellere Evolution, als LTE sie hatte. Jetzt müssen die Inhalte her.

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1 KOMMENTAR

  1. Nutzerbild Sabine Pohl

    Traurig das nicht über die schlimmen Gesundheitsprobleme und den DNA Zerfall berichtet wird, außerdem geht es im Endeffekt gar nicht um zufriedene Kunden und schnelleres Internet, sondern um moderne Kriegsführung wie z.b. Drohnen mit Schussfähigkeit und Spionage und Kontrolle…wir leben in einer Zeit in der wir sinnvolle und gesunde Techniken benötigen und nicht zerstörerische.

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