Innenstädte haben ein Verkehrsproblem. Meist sind Straßen nicht für so viele Autos ausgelegt, wie sie täglich aushalten müssen. Sie sind ständig verstopft und Stau ist die Regel. Das Paradoxe an der ganzen Situation: In Fahrzeugen, in denen normalerweise fünf Personen Platz haben, sitzt meist nur ein Mensch. Eine der Lösungen liegt dabei auf der Hand und ist in Millionenmetropolen wie Saigon längst zu sehen: Roller. Und nun bahnt sich etwas an. Denn diese Millionenstädte könnten bald eine Oase der Ruhe werden. Dem Elektroroller sei Dank. Wir haben das neue Modell des chinesischen Herstellers NIU getestet, den MQi GT. Was daran GT ist und warum er günstiger und besser ist als ein Roller mit Verbrennungsmotor, verraten wir dir in diesem Test.
Wer darf den Elektroroller fahren?
Elektroroller haben unglaublich viele Vorteile: Sie sind wartungsarm, auf Dauer deutlich günstiger als Roller mit Benzinmotor und befreien Städte von Abgasen und Lärm. Eines dieser Modelle kommt aus China. Den NIU MQi GT gibt es seit Kurzem für rund 3.400 Euro. Damit ist der E-Roller günstiger als so manches E-Bike. Die Höchstgeschwindigkeit: 70 km/h. Wer keinen Motorrad-Führerschein, sondern nur die Fahrerlaubnis für Pkw hat, dem bietet NIU auch eine Version mit 45 km/h an.
Gut zu wissen: Vor einiger Zeit hat der Deutsche Bundesrat beschlossen, dass Inhaber von Autoführerscheinen ohne zusätzliche Fahrprüfung Motorräder mit 125 ccm oder eben Elektroroller wie das 70-km/h-Modell von NIU fahren dürfen. Vorausgesetzt, du hast deinen Autoführerschein mindestens seit fünf Jahren, bist mindestens 25 Jahre alt und hast mindestens neun Fahrschuleinheiten á 90 Minuten absolviert (4 Theorie und 5 Praxis). Oder aber, du hast deinen Autoführerschein vor dem 1. April 1980 gemacht.
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Wie fährt sich der E-Roller?
Draufsetzen, Knopf drücken und losfahren: Der NIU MQi GT ist kinderleicht zu bedienen. Zunächst muss man den Schlüssel im beleuchteten Zündschloss versenken, um das Lenkerschloss zu entriegeln. Anschließend drückt man zwei Tasten: eine rote auf der Fernbedienung, um den Elektroroller einzuschalten, danach die grüne an der rechten Seite des Lenkers. Mit einer Schraubbewegung am Gasdrehgriff rollt der NIU MQi GT lautlos von dannen.
Wer das erste Mal auf dem Elektroroller sitzt, dem dürfte der Start vorkommen wie bei einem Formel-1-Rennen. Roller mit Benzinmotor und selbst so manches Auto lässt man schnell hinter sich. Wer die Version mit maximal 45 km/h wählt, wird aber ziemlich schnell wieder eingeholt. In der Stadt ist das aufgrund von wenigen Überholmöglichkeiten für einen selbst nicht weiter tragisch. Der eine oder andere Autofahrer hinter dir, der 5 km/h schneller fahren könnte, dürfte sich aber ärgern. Außerorts jedoch spürt man den Windzug beim Überholvorgang deutlich.
Doch bleiben wir in der Stadt, da wo der NIU MQi GT zu Hause ist. Ohne zu kuppeln oder zu schalten flitzt man durch die Straßen. Unebenheiten schluckt die gute Federung des E-Rollers. So ist auch ein Kopfsteinpflaster nicht von Bedeutung. Der Elektroroller ist wendig und sorgt mit seinem Platzangebot selbst bei 1,90 Meter großen Menschen für Spaß. Im Fußbereich dürfte es bei dem einen oder anderen hingegen etwas knapp werden. Mit Schuhgröße 43 passt der Fuß gerade so noch komplett auf den Tritt. Darüber hinaus wird er aber überstehen. Dafür bietet die Sitzbank auch dem Sozius genügend Platz und Komfort.
Ohne Topcase kein Platz für den Helm
Apropos Sitzbank: Wer mit dem Elektroroller zum nächsten Lidl oder Rewe fahren möchte, um die Einkäufe zu erledigen, der sollte einen Rucksack mitnehmen. Denn Stauraum ist bei dem NIU MQi GT Mangelware. Da, wo normalerweise das Helmfach ist, befinden sich die beiden Akkus. Somit lassen sich hier weder Einkaufstüte noch Helm unterbringen. Letzterer muss während der Beschaffung von Lebensmitteln im Einkaufswagen durch den Supermarkt geschoben werden. Ein Haken neben der USB-Steckdose suggeriert zwar einen Platz für Einkaufstaschen. Da der Raum zwischen Lenker und Sitzbank aber begrenzt ist und die Beine auch noch dazwischen stecken, ist das nur eine Option, wenn der Weg zum Supermarkt ziemlich kurz ist.
Trotz lautloser Fahrt macht der Elektroroller beim Abbiegen auf sich aufmerksam. Betätigt man den Blinker – was im Übrigen auf holprigem Untergrund gar nicht so einfach ist – ertönt ein etwas ungewöhnliches Geräusch und erinnert ein wenig an die ersten polyphonen Klingeltöne fürs Handy. Das mag zwar nervig sein, erhöht aber die Sicherheit für andere Verkehrsteilnehmer, die einen nicht sehen und hören können. Smart: Nach dem Abbiegevorgang schaltet sich der Blinker automatisch aus. Und wem der Abbiege-Sound nicht gefällt, kann in der NIU-App einen der vier anderen Klingeltöne auswählen.
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Der perfekte Elektroroller für die Stadt
Der Elektroroller hat drei Fahrmodi: „E-Save“, „Dynamic“ und „Sport“. Der knausrige Save-Modus spart zwar Akku, bringt es jedoch nur auf maximal 25 km/h – sparsam, aber auch spaßbefreit. Der dynamische Modus begrenzt die Geschwindigkeit auf 55 km/h. Es bleibt der Sport-Modus, den man eigentlich immer und grundsätzlich auswählt. Komfortabel ist der Tempomat, der sich an der linken Seite des Lenkers befindet. In Tempo-30-Zonen hilft er dabei nicht zu schnell zu fahren.
Wer beim Überholvorgang einen Blick in einen der beiden Rückspiegel wirft, wird nicht besonders viel sehen. Der Grund: Die Spiegel sind etwas zu kurz geraten. Am Ende muss doch der Schulterblick her. Anhalten funktioniert dagegen deutlich besser. Eine Vollbremsung bei knapp 50 km/h auf trockenem Asphalt gelingt mühelos und sicher. Zudem hat der NIU MQi GT eine Funktion, den viele Elektroroller in dieser Preiskategorie nicht bieten. Die Vorder- und Hinterradbremse arbeiten nämlich zusammen. Es spielt also keine Rolle, welchen Bremshebel man zieht, die automatische Bremsverteilung auf die beiden Scheibenbremsen sorgt dafür, dass man sicher zum Stehen kommt.
Reichweite und Akkuluadung
Viele Deutsche haben Reichweitenangst. Denn während das Tankstellennetz gut ausgebaut ist, findet man Strom zum Befüllen von Akkus nicht an jeder Ecke. Hinzu kommt: Einen Roller mit Sprit zu betanken dauert zwei Minuten. Die Akkus des NIU MQi GT aufzuladen hingegen 4,5 Stunden – wenn sie komplett leer sind. Dazu dürfte es aber nicht kommen. Denn sinkt die Ladung auf unter 15 Prozent, sind maximal nur noch 25 km/h drin. Das kann überraschend sein, wenn man nicht damit rechnet und sich gerade in einer Tempo-70-Zone befindet. So wird man zu einem Verkehrshindernis und dürfte spätestens dann erfahren, wie laut eine Lkw-Hupe sein kann.
NIU gibt eine Reichweite von 80 km an. Das können wir bestätigen. Im Test, den wir ausschließlich im Sport-Modus durchgeführt haben, sank die Akkukapazität von 100 auf 20 Prozent, während wir 70 Kilometer hinter uns gelassen haben. Da wohl kaum jemand die letzten 15 Prozent aus den Energieträgern mit 25 km/ ausquetschen dürfte, ist eine Reichweite von 70 bis 75 km realistisch. Positiv hingegen: Lässt man den Gasgriff los, schaltet der Motor auf Rekuperation um und speichert die entstehende Energie in den Akkus.
Doch neben der recht langen Aufladedauer gibt es zwei Vorteile, die der Elektroroller hat. Beide Akkus lassen sich herausnehmen und zu Hause an einer ganz normalen Steckdose wieder aufladen. Mit 10,4 kg sind sie aber nicht ganz leicht. Wer im dritten Stock ohne Aufzug wohnt, dürfte zu Schleppen haben. Eine Aufladung im Wohnzimmer ist darüber hinaus nicht zu empfehlen. Das Ladegerät schaltet den Lüfter stufenweise hoch. Je voller die Akkus werden, umso lauter die Turbine. Zu beneiden sind die, die eine Steckdose im Keller haben.
Teurer Spaß? So hoch sind die Stromkosten
Die Energiemenge für eine Ladung beider Akkus liegt bei 3 Kilowattstunden (kWh). Bei einem aktuell durchschnittlichen Strompreis von 32 Cent pro kWh kostet eine komplette Ladung also 96 Cent. Nimmt man zum Vergleich einen Roller mit Benzinmotor und den aktuellen Spritpreis von 1,60 Euro, kommt man mit dem Verbrenner bei einem Verbrauch von 3 l auf 100 km für 96 Cent gerade einmal 20 Kilometer weit. Andersherum muss man, um auf die Reichweite des NIU MQi GT zu kommen, 3,84 Euro ausgeben.
Alarmanlage, App und Statistiken
Der Elektroroller hat eine eingebaute Alarmanlage. Diese aktiviert man, in dem man auf einen der drei Knöpfe auf der Fernbedienung drückt. Macht sich jemand an dem NIU MQi GT zu schaffen, soll er mit einem Alarm abgeschreckt werden. Zugleich meldet die App, dass die Alarmanlage losgegangen ist. So weit, so gut. Doch der Alarm, der einige Sekunden zu hören ist, gehört eher zur Kategorie Handyklingeln. Wirklich aufsehenerregend ist das nicht. Sollte es der Dieb schaffen, den E-Roller zu entwenden, kannst du in der App nachverfolgen, wo er sich gerade befindet.
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Die Anwendung fürs Smartphone hat aber auch noch andere Parameter zu bieten. So siehst du hier den aktuellen Ladezustand der Akkus und eine grafisch dargestellte Entladungskurve. Ebenso werden dir deine gefahrenen Strecken inklusive Karten und Statistiken zu deinen Fahrten angezeigt. Dazu gehören etwa die gefahrenen Kilometer pro Tag sowie die durchschnittliche wie auch die Höchstgeschwindigkeit.
NIU MQi GT – Elektroroller im Test: das Fazit
Der Elektroroller von NIU ist ein Stadtflitzer der Spaß macht und eine gute Alternative zum Auto darstellt – vorausgesetzt, man plant keinen Großeinkauf. Denn Platz für Helm und Einkaufstüte gibt es nicht. Ein Topcase ist somit unumgänglich. Ein weiteres Manko sind die zu kurzen Rückspiegel, die den Schulterblick nicht ersetzen. Doch davon abgesehen bekommt man einen gut verarbeiteten Roller mit hochwertigen Komponenten.
Die Reichweite von etwa 80 km langt nicht nur zum Criusen, sondern auch zum Pendeln zur Arbeit. Die Ladedauer ist mit über vier Stunden nicht unbedingt kurz, doch während des Arbeitstages oder über Nacht geladen, steht der nächsten Ausfahrt nichts im Weg. Vorteil: Die Akkus lassen sich herausnehmen und in der Wohnung laden. Zudem kostet eine Ladung weniger als einen Euro. Im Vergleich zu Rollern mit Verbrennungsmotor ist das nur ein Bruchteil der laufenden Kosten. Hinzu kommt, dass der Elektroroller sehr wartungsarm ist und auch nach einem langen Winter sofort anspringt. Was man von Vergasern nicht immer behaupten kann. Schade ist, dass der E-Scooter ab 15 Prozent Restenergie nur noch 25 km/h fährt.
In seiner Preisklasse gehört der lautlose NIU MQi GT dennoch zu einem der besten Elektroroller. Auch weil er Funktionen wie Rekuperation, eine automatische Bremsverteilung und GPS bietet. Letzteres macht es möglich, den Roller bei Diebstahl oder Vergessenheit schnell wiederzufinden. Das Bremsverhalten ist ebenso gut wie die komfortable Sitzbank, die auch großen Fahrern ausreichend Platz bietet.
Wo bekomme ich den denn? Und wichtiger (schon heute bei Benzin Rollern) wer im Umkreis kann den reparieren?
Der Roller spricht wohl kaum mit dem Smartphone. Stattdessen plaudert er alle persönlichen Details an den Großen Bruder, der dann gnädig Krumen davon zurückgibt. Für einen Mietroller mag das sinnvoll und notwendig sein, gekauftes Eigentum macht es komplett indiskutabel. Dann eben nicht.
Der M+ Sport ist agiler und günstiger. Meines Erachtens der bessere Roller
Es gibt in ganz Deutschland und Europa NIU- Vertragshändler.Die kennen sich aus und das Fahrzeug hat 2Jahre Garantie.
Alle ÑIU’s lassen sich auch ohne Smartphoneanbindung fahren, falls es jemand stört das ein Chinese weiß wie oft man zur Arbeit oder zum Bäcker fährt.
Ich fahre meinen mit Begeisterung,billig, leise, macht Spaß und ist praktisch.
eRoller sind für die Stadt perfekt. Ich habe mehrere probegefahren, auch NIUs, und bin beim Yadea G5 hängen geblieben. Es ist ein 45er eRoller mit einer realistischen Reichweite von 55 km. Die Werksangaben von 80 km sind Unsinn, aber da geben sich die Hersteller nicht…
Meine persönliche Pendelstrecke Bein Arbeitsweg beträgt 5km hin und 5 km zurück.
Überlandfahrten sind mit 45 und auch 70 km\h nicht zu empfehlen! Da ist man ein deutliches Verkehrshindernis. Aber dafür gibt es auch eRoller mit bis zu 95 km\h.
Für Verbrenner-Roller gilt dies Gleichermaßen 😉
Das Fahrgefühl eines eRoller ist super und er „springt“ immer an….
Ganz cooles Ding! Ich bin jetzt mal den ERockit Probe gefahren, der eine Motorradzulassung hat und 90 km/h Spitze bringt.
https://youtu.be/OwQR2J2S-sk