Im Jahr 2018 konnte Poco mit dem Poco F1 einen echten Überraschungserfolg landen. Top-Specs für gerade einmal 299 Euro machten das Smartphone zum Verkaufsschlager. Nun soll das Poco F3 diesen Erfolg wiederholen und startet zum selben Preis. Doch kann der "Flaggschiff-Killer" mit teuren High-End-Smartphones mithalten? Denn zu einem echten Flaggschiff gehören mehr, als nur Top-Spezifikationen.
Poco und Xiaomi: Wie gehört das zusammen?
Poco ist wie Redmi als Untermarke von Xiaomi gestartet. Seit dem vergangenen Jahr agiert man jedoch offiziell unter eigener Führung. Unter der Marke Poco will man mit besonders niedrigen Preisen punkten. Dafür gibt es die Smartphones auch nur online und ohne Vertrag zu kaufen. Dennoch ist man sehr nah mit Xiaomi verbunden und tauscht Smartphone-Designs aus. So ist das neue Poco F3 nahezu identisch mit dem hierzulande nicht erhältlichen Xiaomi Redmi K40. Auch das Poco X3 und das Mi 10T Lite weisen gravierende Ähnlichkeiten auf. Die Software ist ebenfalls beinahe identisch. Poco setzt auf Xiaomis MIUI mit einem leicht abgewandelten Homescreen-Design.
Poco F3 im Ersteindruck: Kritikpunkte ausgemerzt
Wie bei Poco üblich wird das Poco F3 in einer schwarzen Box zusammen mit Netzstecker, Ladekabel, Hülle und Kurzanleitung geliefert. Das Smartphone selbst ist in drei verschiedenen Farben erhältlich: glänzend Schwarz, matt Weiß wie unser Testgerät und in einem auffälligen Blau mit großem Poco-Schriftzug.
Die Rückseite besteht dabei aus robustem Gorilla Glass 5. Der ebenfalls matte Rahmen ist zum Rand hin glänzend geschliffen und besteht aus Metall. Oben und unten ist jeweils eine glänzende Kunststoff-Aussparung für die Antennen eingelassen. Auf einen farblichen Akzent beim Power-Button verzichtet man in diesem Jahr leider. Dafür hat man in ihm einen Fingerabdrucksensor untergebracht. Dieser reagiert deutlich schneller und zuverlässiger als der Sensor unter dem Display beim Poco F2 Pro.
Auch beim Gewicht hat Xiaomi optimiert. So ist das Poco F3 nicht nur 30 Gramm leichter als sein Vorgänger, sondern auch spürbar dünner. Die Displaygröße ist mit 6,67 Zoll jedoch gleich geblieben. Optimierungen gibt es auch beim Vibrationssensor. Dieser arbeitet nun deutlich dezenter und angenehmer als im direkten Vorgänger.
Leider verzichtet Xiaomi beim Poco F3 erstmals auf einen Kopfhörer-Anschluss. Dafür wurden jedoch die integrierten Lautsprecher deutlich verbessert. So bietet das Poco F3 nun echten Stereo-Sound. Hält man das Smartphone im Querformat, befindet sich links und rechts jeweils ein Lautsprecher. So kann man Filme und Serien mit Stereo-Klang genießen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Smartphones sind beide Lautsprecher dabei gleich laut. Kopfhörer und anderes Zubehör kannst du über Bluetooth oder einen optional erhältlichen USB-C-Adapter verbinden.
Bildschirm endlich mit 120 Hertz
Beim Bildschirm des Poco F3 setzt man auf ein hochwertiges AMOLED-Pannel mit kräftigen aber nicht überzogenen Farben, guten Blickwinkeln und einer hohen Helligkeit von rund 775 Nits. Die Full-HD-Auflösung mit einer Pixeldichte von 395 ppi ist dabei für den Alltag mehr als ausreichend. Dank Widevine L1 Zertifizierung lassen Videos von Netflix, Prime und Co in Full HD und mit HRD wiedergeben. Ein großer Kritikpunkt des Vorgängers war die langsame Bildwiederholrate. Das Poco F3 behebt dieses Problem und bietet hier schnelle 120 Hertz.
Durch die AMOLED-Technik können sich Fans des Dunkelmodus über "echtes" Schwarz freuen. Da bei AMOLED jedes Pixel selbst leuchtet, unterscheiden sich schwarze Pixel nicht von einem komplett ausgeschalteten Display. Außerdem steht ein Always-On-Display zur Verfügung, das du mit einer Vielzahl an Vorlagen deinem Geschmack anpassen kannst.
Die Display-Ränder sind an allen Seiten sehr schmal gehalten, lediglich unten ist der Rand ein klein wenig breiter. Glücklicherweise verzichtet Xiaomi beim Poco F3 weiterhin auf gebogene Displayränder. So verhindert der Hersteller hässliche Spiegelungen am Rand. Dank Gorilla Glass 5 ist das Display zudem vor Kratzern und Brüchen geschützt.
Von ausfahrbaren Selfiekameras hat sich Xiaomi leider komplett verabschiedet. So ist auch im Display des Poco F3 ein kleines Loch für die Frontkamera vorhanden. Hierbei handelt es sich zwar um eins der kleinsten Punchholes auf dem Markt - komplett randlos wäre dennoch schöner gewesen.
Kein "echter" Flaggschiff-Prozessor im Poco F3?
Bisher verbaute Poco in der F-Serie stets den aktuellen Flaggschiff-Prozessor von Qualcomm. Statt einem Snapdragon 888 kommt im Poco F3 dieses Jahr jedoch "nur" ein Snapdragon 870 zum Einsatz. Hierbei handelt es sich um eine minimal verbesserte Variante des Snapdragon 865+ vom Vorjahr. Mit einem Antutu 9 Score von 672.762 Punkten liegt die Leistung des Poco F3 rund 15-20 Prozent unter Flaggschiff-Smartphones wie dem Xiaomi Mi 11 Ultra, kann aber mühelos mit den Top-Modellen des Vorjahres wie einem Galaxy S20 Ultra mithalten.
Im Alltag macht sich der Leistungsunterschied zum Snapdragon 888 nicht bemerkbar. Für Android gibt es ohnehin kaum eine Anwendung, die die Leistung heutiger Top-Smartphones benötigt. So sind andere Hersteller wie Google bereits dazu übergegangen in ihren Top-Smartphones wie dem Pixel 5 nur noch Mittelklasse-Chips zu verbauen.
Das Poco F3 ist also mühelos in der Lage, auch aufwendige Apps und Spiele schnell zu starten und in den höchsten Grafikeinstellungen auszuführen. Auch im Hinblick auf die Akkulaufzeit und Wärmeentwicklung während der Nutzung bietet der Snapdragon 870 Vorteile.
Bei der Speicherausstattung kannst du zwischen einem Modell mit 6+126 Gigabyte und einem mit 8+256 Gigabyte wählen. Da sich der interne Speicher nicht erweitern lässt, musst du dir vor dem Kauf gut überlegen, wie viel du benötigst. Die Speicherverdopplung kostet 50 Euro.
5G und schnelles W-LAN serienmäßig
Bei den unterstützten Funkstandards weist das Poco F3 keine Lücken auf. Der neue Mobilfunkstandard 5G wird in allen hierzulande benötigten Frequenzbändern unterstützt und schnelles WLAN nach dem WiFi 6 Standard ist ebenfalls an Bord. Zudem unterstützt das Poco F3 Bluetooth 5.1, NFC und Infrarot. Auch eine Dual-SIM Funktion ist vorhanden. Dabei können beide SIM-Karten das 5G-Netz nutzen.
Aktuelle Software - Updates unklar
Auf dem Poco F3 läuft aktuelles Android 11 zusammen mit Xiaomis MIUI-Oberfläche. Einziger Unterschied zu anderen Xiaomi- oder Redmi-Smartphones sind bei Poco die runden App-Icons. Generell unterscheidet sich MIUI stark von normalem Android. Die Oberfläche ist jedoch schön designt, bietet viele nette Animationen und fällt mit zahlreichen Möglichkeiten zur Personalisierung auf. Einen kleinen Minuspunkt stellen die vielen vorinstallierten Werbe-Apps dar. Bei einem Smartphone in dieser Preisklasse ist dies jedoch kein großes Ärgernis. Insbesondere, da sich alle Werbe-Apps mir nur zwei Fingertipps mühelos deinstallieren lassen.
Softwareupdates sind bei Xiaomi ein komplexes Thema. So entwickelt der Hersteller die MIUI-Oberfläche unabhängig von der Android-Version. Neue Features oder ein frisches Design kommen somit schnell auch bei älteren Geräten an. Die eigentliche Android-Version wird hingegen weniger regelmäßig aktualisiert. Die essenziellen monatlichen Sicherheitspatches erscheinen alle zwei bis drei Monate regelmäßig. Einen Zeitplan, wann und wie lange Updates erscheinen gibt es leider nicht. Das Poco F2 Pro hat sein Android 11 Update jedoch relativ zeitnah erhalten und aktuell den Sicherheitspatch von März 2021 installiert.
Kamera des Poco F3: Definitiv kein Flaggschiff
Definitiv kein Flaggschiff-Killer ist das Poco F3 bei den Kameras. Dass man im Vergleich zu dreimal so teuren, "echten" Top-Smartphones hier große Abstriche machen muss, ist jedoch verständlich. Verglichen mit anderen 300 Euro Smartphones machen die 48 Megapixel Hauptkamera und der 5 Megapixel Makro-Sensor einen brauchbaren Eindruck. Die Ultraweitwinkel-Kamera versagt jedoch komplett. Auf eine unnötige Tiefenschärfe-Kamera verzichtet Xiaomi beim Poco F3.
Die Kameras im Überblick
- Hauptkamera: 48 Megapixel; f/1,8 Blende
- Ultraweitwinkel-Kamera: 8 Megapixel; 119° Sichtfeld; f/2,2 Blende
- Makro-Kamera: 5 Megapixel; 2-10 cm Abstand; f/2,4 Blende
- Frontkamera: 20 Megapixel; f/2.5 Blende
Poco F3 im Praxistest
Dass der Fokus beim Poco F3 nicht auf der Kameraqualität liegt, wird bereits beim Blick auf die technischen Daten klar. So steckt derselbe 48 Megapixel Hauptsensor im Poco F3, den man auch im nur halb so teuren Redmi Note 10 Budget-Smartphone wiederfindet. Im Alltag liefert das Poco F3 dennoch gute und scharfe Fotos mit realistischen Farben.
Bei Nacht gelingen die Fotos hingegen weniger ansehnlich. Zwar ist das Motiv problemlos erkennbar, jedoch wird das Foto unscharf.
Eine komplette Enttäuschung stellt hingegen die 8 Megapixel Ultraweitwinkel-Kamera dar. Trotz mehreren Versuchen und einwandfreien Lichtbedingungen werden die Fotos mit diesem Sensor stets unscharf. Dafür gehen die Farben jedoch in Ordnung. Aufgrund der Unschärfe würde ich diese Kamera im Alltag jedoch nicht verwenden.
Positiv überrascht waren wir hingegen von der Makro-Kamera. Wie bereits beim Vorgänger liefert dieser Sensor scharfe und detailreiche Fotos aus ungewöhnlichen Blickwinkeln.
Alle Testfotos in voller Auflösung kannst du hier herunterladen.
Überraschend gute Laufzeit
Bei der Akkulaufzeit macht sich die Wahl des Snapdragon 870 Prozessors positiv bemerkbar. So kommt das Poco F3 mit seinem 4.520 Milliamperestunden großen Akku auf eine beachtliche Laufzeit von 15 Stunden und 50 Minuten im Benchmark.
Im Alltag waren damit trotz dauerhaft aktiviertem Always-On-Display zwei Tage bei mäßiger Nutzung drin. Auch bei starker Nutzung hat das Poco F3 im Test nie vor dem Schlafengehen schlapp gemacht. Das Aufladen mit dem mitgelieferten 33 Watt Netzteil nimmt rund 50 Minuten in Anspruch.
Poco F3: Ein Geheimtipp mit viel Leistung
Das Poco F3 hat viele Kritikpunkte seines Vorgängers verbessert. Mit einem farbenfrohen AMOLED-Bildschirm und Stereo-Lautsprechern ist das Smartphone eine gute Wahl zum Surfen auf Instagram, Tiktok oder Youtube. Auch das Gucken von Filmen und Serien macht auf dem großen Bildschirm Spaß. Dank 120 Hertz Bildwiederholrate und einem High-End-Prozessor eignet sich das Poco F3 auch als Gaming-Smartphone. Zudem gehört die Akkulaufzeit zu einem der besten Werte in unseren Tests. Mit einem Preis von 300 Euro zum Start ist das Poco F3 ein echter Geheimtipp und auch für den regulären Preis von 350 Euro einen Blick wert.
Im Vergleich zu echten Flaggschiff-Smartphones muss man jedoch auf Zusatz-Features wie ein wasserdichtes Gehäuse oder kabelloses Laden verzichten. Zudem ist die Kamera eine reine Schönwetter-Kamera und nur für gelegentliche Schnappschüsse geeignet. Foto-Fans, die nicht so viel für ihr Smartphone ausgeben wollen, sollten hier lieber zum Redmi Note 10 Pro greifen.
Hardware-Wertung im Detail
- Gehäuse: 4 von 5 Sternen
- Display: 4,5 von 5 Sternen
- Ausstattung: 3,5 von 5 Sternen
- Kamera: 3,5 von 5 Sternen
- Software: 4 von 5 Sternen
- Akku: 4 von 5 Sternen
Pros des Poco F3 im Test
- hochwertiges Äußeres
- schicke matte Rückseite
- gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
- 120 Hertz AMOLED-Display
- top Performance
- gute Stereo-Lautsprecher
Contras des Poco F3 im Test
- Kameras unterdurchschnittlich
- keine Möglichkeit zur Speichererweiterung
* Transparenz-Angabe zum Testgerät: Das Poco F3 wurde von uns zum regulären Preis gekauft.