Sportlich, sportlich! Schon auf den ersten Blick erinnert der GWM Ora 07 zum Beispiel an den Hyundai IONIQ 6 (Test). Allerdings kostet er weniger, obwohl er mehr Leistung bietet. Mit Frontantrieb stehen nämlich 150 kW (204 PS) zur Nutzung bereit, wer sich für den schnittigen Chinesen samt Allradantrieb entscheidet, darf sogar 300 kW (408 PS) abrufen. Beim Hyundai sind es in der Spitze maximal 239 kW (325 PS). Aber: Anders als der Hyundai steht das E-Auto von GWM nicht auf 800-Volt-Technik und kann entsprechend eine nur deutlich niedrigere Ladeleistung abrufen. Doch dazu später mehr.
GWM Ora 07 im Test: Hochwertige Verarbeitung im Innenraum
Rein äußerlich steht beim GWM Ora 07 ein windschnittiges Design im Stile eines Porsche Panamera mit in der Karosserie versenkbaren Türgriffen im Mittelpunkt. Beim Interieur wiederum hat sich GWM weniger für Luxus, aber sehr wohl für eine moderne, hochwertige Verarbeitung entschieden. Einiges nimmt sportliche Züge an. Wenn man sich etwa das digitale Kombiinstrument hinter dem Lenkrad betrachtet, fühlt man sich eher an einen Sportwagen als an eine Coupé-Limousine erinnert.
Zum Einlegen der Gänge hat sich GWM für einen Gangwahlhebel hinter dem Lenkrad entschieden. Über diesen Hebel kannst du auch die Geschwindigkeitsregelanlage (Tempomat) einschalten (2 x nach unten ziehen) und anschließend die Geschwindigkeit in 5- und 10-km/h-Schritten anpassen. Die Fahrmodi lassen sich über einen Drehknopf an der durchgehenden Mittelkonsole wechseln. Über zwei dort ebenfalls zu findende Drehknöpfe ist es möglich, die Temperatur im Innenraum und die Stärke der Lüftung zu regulieren.
Für die Frontscheiben-Belüftung und die Heckscheibenheizung stehen an der Mittelkonsole zwei separate Wippschalter bereit. Ebenso gibt es einen Einzelschalter für das Ein- und Ausschalten der Klimaanlage.
Vier USB-Anschlüsse verbaut
Gewünscht hätten wir uns auch einen Medienknopf für die Regulierung der Lautstärke. Der fehlt aber. So muss während der Fahrt immer das Multifunktionslenkrad für das Einstellen der Musiklautstärke dienen. Grundsätzlich in Ordnung, wäre die entsprechende Taste auf einer zweiten Ebene nicht auch für das Wechseln der Ansicht eines der Kombiinstrument-Displays vorgesehen.
Etwas überraschend: Vorn hat der Fahrer zwar die Möglichkeit, zwei USB-Anschlüsse zu nutzen, um zum Beispiel während der Fahrt ein Smartphone mit dem Auto zu verbinden. Sie basieren aber beide auf dem veralteten USB-A-Standard. Für die zweite Sitzreihe steht neben einem USB-A- auch ein USB-C-Anschluss zur Verfügung. Android Auto und Apple CarPlay sind kabellos nutzbar.
Assistenzsysteme im GWM O7 strapazieren die Nerven
Hinsichtlich der verbauten Assistenz- und Sicherheitssysteme schießt GWM an der einen oder anderen Stelle leider etwas über das Ziel hinaus. So lässt sich das Auto zum Beispiel nicht bewegen, wenn der Fahrer nicht angeschnallt ist. Das dient der Sicherheit, klar, aber es stört bei kurzen Rangierfahrten. Auch der Spurhalteassistent, der zuweilen sehr hart ins Fahrgeschehen eingreift, könnte etwas gnädiger programmiert sein.
Als besonders störend erweist sich der GWM Ora 07 aber hinsichtlich seiner akustischen Warnungen. Dass eine Vorgabe der EU umgesetzt wird und der Wagen jede noch so kleine Geschwindigkeitsüberschreitung mit einem Bimmeln quittiert, ist das eine; es lässt sich in den Einstellungen bis zum nächsten Motorstart deaktivieren. Dass es aber zusätzlich noch gesprochene Warnungen gibt ("Sie überschreiten die zulässige Höchstgeschwindigkeit!") und beispielsweise auf der Autobahn immer wieder vor "Rechtsspurzusammenführungen" gewarnt wird, ist mit der Zeit doch ziemlich anstrengend.
Immer wieder akustische Warnungen!
Hinzu kommt, dass der Wagen den Fahrer selbst dann immer mal wieder ermahnt, doch bitte konzentriert zu bleiben, wenn während der Fahrt nur kurz auf das Center-Display geschaut wird. Und auch bei einer programmierten Navigation wären zum Teil ein paar Navi-Befehle weniger angebracht. Zumal sie teilweise grammatikalisch nicht korrekt sind: "Bitte nehmen Sie die rechts zwei Spuren". Und: Die Verkehrszeichenerkennung zeigt leider recht oft falsche Höchstgeschwindigkeiten an.
Wiederum gut: Das E-Auto rollt recht angenehm gefedert seinen Zielen entgegen und das Navigationssystem berücksichtigt auch Ladestopps. Während der Fahrt sind zudem erfreulicherweise kaum Außengeräusche zu hören, obwohl rahmenlose Türen verbaut sind. Das kennen wir zum Beispiel vom Polestar 4 (Test) auch ganz anders. Besonders bei Dunkelheit hat uns gefallen, dass die Ambientebeleuchtung visuell zu blinken beginnt, wenn das Auto eine potenzielle Gefahrensituation erkennt.
Kein Auto für (sehr) große Fahrer
Das Platzangebot vorn ist insbesondere für lang gewachsene Menschen eingeschränkt. Zwar stehen je nach Ausstattung beheizbare und belüftete Sitze mit Massagefunktion zur Verfügung, doch jenseits von 1,85 Metern Körperlänge ist das Sitzgefühl eher mäßig. Der Rückspiegel steht vergleichsweise nah vor den Augen des Fahrers und beeinträchtigt zudem eine freie Sicht nach vorn.
Umso beeindruckender ist das Raumgefühl in der zweiten Sitzreihe. Mitfahrer erwartet hier viel Beinfreiheit. Satte 2,87 Meter Radstand lassen grüßen. Und auch die Kopffreiheit ist bis zu einer Körperlänge von 1,90 Metern gegeben. Noch größere Menschen nehmen aber Kontakt zum flach nach hinten abfallenden und serienmäßig verbauten Panoramaglasdach auf. Zudem wird der Sitzkomfort für große Menschen eingeschränkt, weil die Füße sehr hoch auf dem Unterboden stehen. Die Oberschenkel lang gewachsener Menschen liegen deswegen nicht auf der Sitzbank auf, was sich bei langen Fahrten negativ bemerkbar machen dürfte.
Der Kofferraum bietet derweil 333 Liter Ladevolumen. Das reicht aus, um vier Getränkekisten zu verstauen. Die Kisten müssen aber richtig stehen. Sonst klappt das Schließen der sensorgesteuerten elektrischen Heckklappe, die ab der Ausstattungsvariante Pro serienmäßig verbaut ist, nämlich nicht. Legt man die Rücksitze um, wächst das Ladevolumen auf bis zu 1.045 Liter. Im Unterboden sind ein paar kleinere Fächer zu finden, viel Platz gibt es hier aber nicht. Ein sogenannter Frunk unter der Motorhaube fehlt ganz.
Autobahn-Reichweite und Verbrauch sind in Ordnung
Leider gestattet es der Ora 07 in der aktuellen Ausführung nicht, über den Bordcomputer einen Streckenverbrauch zu protokollieren. Er zeigt stattdessen nur einen gemittelten Verbrauch an, der laut Auskunft des Herstellers für die gesamte Lebensdauer gültig ist. Außerdem kannst du einen Live-Verbrauch vom digitalen Kombiinstrument ablesen, wenn die entsprechende Ansicht in den Einstellungen ausgewählt wurde.
Anhand dieser Live-Verbrauch-Anzeige konnten wir ermitteln, dass der Wagen auf der Autobahn bei 130 km/h Reisegeschwindigkeit abseits von Bergauf- oder Bergab-Passagen etwa 22 kWh pro 100 Kilometer verbraucht. Auf der Landstraße sinkt der Strombedarf bei 100 km/h auf etwa 17 kW pro 100 Kilometer. Und in der Stadt konnten wir sogar nur rund 15 kWh pro 100 Kilometer ermitteln, was einem sehr niedrigen Verbrauch entspricht.
Und die Reichweite? Auf der Langstrecke haben wir mit dem GWM Ora 07 auf den Autobahnen zwischen Münsterland und Ruhrgebiet rund 320 Kilometer abspulen können. Ein solider Wert für ein E-Auto, das mit einer 67 kWh großen Batterie ausgestattet ist. Von der gemittelten WLTP-Reichweite, die GWM mit 440 Kilometern angibt, weicht unser Wert aber stark ab.
Die Ladeleistung: Enttäuschend!
Und damit kommen wir zu der vielleicht bittersten Nachricht. Denn bei allen Vorteilen, die man dem GWM Ora 07 bescheinigen möchte, leistet sich das E-Auto aus Fernost an einer Stelle leider einen ziemlichen Fauxpas. Wer eine Schnellladesäule ansteuert, muss unter optimalen Bedingungen in der Spitze mit gerade einmal 88 kW Ladeleistung auskommen. Das ist eine ziemliche Enttäuschung.
Für eine Aufladung von 15 auf 80 Prozent der maximal möglichen Akkukapazität mussten im Test bei 18 Grad Außentemperatur 38 Minuten vergehen. Zum Vergleich: Beim Hyundai IONIQ 6 dauert es von 10 auf 80 Prozent nur 18 Minuten. Zwar hält der Ora 07 bis knapp 80 Prozent eine Ladeleistung von rund 70 kW und reduziert sie erst dann auf etwa 40 kW. Weil der Strom aber während der ersten Minuten nur langsam fließt, steht man länger an der Ladesäule, als man es von dem feschen E-Auto erwarten würde.
An einer AC-Ladesäule und an der heimischen Wallbox liegt die Ladeleistung mit Wechselstrom hingegen bei marktüblichen 11 kW. Eine Steigerung auf 22 kW ist auch gegen Aufpreis nicht möglich. Der Ladeanschluss des Wagens ist am Kotflügel vorne rechts zu finden.
Was kostet der GWM Ora 07?
Erhältlich ist der GWM Ora 07 derzeit in drei Varianten: Pure, Pro und GT. Während die Modelle Pure und Pro mit Frontantrieb über die Straßen rollen, ist es beim GT-Modell ein Allradantrieb, der für den Vortrieb sorgt. Weiterer Unterschied: GWM Ora 07 Pure und Pro sind mit der kleineren Batterie (67 kWh) ausgestattet, während das GT-Modell auf einen 86 kWh großen Akku zurückgreifen kann. Die Pure-Variante kannst du im günstigsten Fall für 41.990 Euro kaufen, die Pro-Variante ab 44.490 Euro. Das GT-Modell steht ab 53.490 Euro zur Verfügung.
Im Innenraum ist eine schwarze Ledernachbildung in allen Modellen ein Teil der Serienausstattung. Du kannst dich aber auch für jenen braunen Lederüberzug entscheiden, mit dem unser Testwagen ausgestattet war. Dieser steht optional und ohne Aufpreis für die Modelle Pro und GT zur Verfügung. Hinsichtlich der Außenfarbe ist nur die Lackierung Snow White ohne Mehrkosten zu haben. Steel Grey oder DreamScape Purple kosten 790 Euro extra.
Fazit zum GWM Ora 07: Gut gedacht, nicht immer gut gemacht
Der Aufschlag ist gemacht: Mit dem Ora 07 steht in Deutschland ein fetziges E-Auto des chinesischen Herstellers Great Wall Motor (GWM) zur Verfügung, das mit seinem Coupé-Design nicht nur sportlich aussieht. Besonders auf der Autobahn macht das Fahren in dem Fünfsitzer mit 380 Nm Drehmoment (680 Nm beim GT-Modell) in weiten Teilen richtig Spaß – mit bis zu 170 km/h in der Spitze (180 km/h im GT).
Allerdings wird die Freude an dem Auto in so manchen Situationen durch zu sensibel eingestellte Assistenz- und Fahrerüberwachungssysteme getrübt. Auch ein ziemlich häufig plappernder Bordcomputer lässt kaum Entspannung beim Fahren aufkommen. Hier muss GWM dringend nachbessern.
Vorteile des GWM Ora 07
- sportliche, hochwertige Verarbeitung
- viel Platz in der zweiten Sitzreihe
- niedriger Verbrauch im Stadtverkehr
- gute Ausstattung zu einem fairen Preis
Nachteile des GWM Ora 07
- Platzangebot für lang gewachsene Fahrer eingeschränkt
- viel Gebimmel und Gequatsche durch den Bordcomputer
- sehr hart eingestellter Spurhalteassistent
- enttäuschende DC-Ladeleistung