Als Action-Rollenspiel lief „The Witcher 3: Wild Hunt“ das erste Mal 2015 über die Computerbildschirme. Basierend auf den Romanen des polnischen Autors Andrzej Sapkowski, hat die Fangemeinde zuletzt eine eigene Netflix-Serie bekommen. Doch warum bleibt das Spiel um Hexer Geralt ein zeitloser Genuss?
Der Vielfalt der Witcher Welt gerecht zu werden, ist nicht gerade einfach bei der komplex verwobenen Struktur aus Kulturen, Herrschern und Religionen. Wie so oft treibt auch in der Witcher-Welt ein Krieg die Machtgierigen des Landes dazu, sich gegenseitig zu zerstören. Im Mittelpunkt dieses Kampfes steht die Nation “Nilfgaard”. Einige der nördlichen Königreiche versuchen sich gegen ihre Übernahme zu wehren, andere wurden bereits von ihr überrannt. Das Niemandsland „Velen“ ist eines dieser Gebiete. Auf der Suche nach Schutz versammeln sich dort Andersartige. Gruppen, die nicht zu den Bürgerinnen und Bürgern des Landes passen wie Elfen, Zwerge oder Gnome. Sie suchen Schutz vor dem Feind, finden aber auch innerhalb der Mauern von Städten wie “Novigrad” oder “Oxenfurth” nur Verfolgung und Hass. Anhänger von religiösen Orden wie dem „Heiligen Feuer“ treiben diesen Hass an, gegen Anderlinge, aber auch gegen all jene die anders denken.
In dieser Welt erregt eine bestimmte Gruppe von Außenseitern unsere Aufmerksamkeit. Auch Zauberer und Hexer müssen sich ständig der Willkür von Kaisern und Königen aussetzen. Letztere verdienen sich durch das Töten von Monstern, die die Bewohner der Territorien bedrohen, etwas Geld dazu. Hexer “Geralt von Riva” ist da keine Ausnahme. Auf dieser Reise des third-person Rollenspiels, nimmt er uns neben dem Kampf gegen Monster mit auf einen Kampf zwischen Moral, dem Kodex als Hexer und eigenen Interessen, auf der Suche nach Ziehtochter Ciri und der Antwort auf die Frage wer Feind und wer Freund ist.
Was „The Witcher 3“ an Genialität zu bieten hat
In „The Witcher 3“ durchläuft man die Geschichte nicht einfach nur. Sie holt den Spieler aus seiner eigenen Welt heraus und wirft ihn in eine neue, magische Welt hinein. Der Storymodus ist einzigartig und so komplex, dass es manchmal gar nicht mehr so einfach ist, der Handlung zu folgen. Beim Abschließen der zahlreichen Haupt- und Nebenmissionen, verbildlichen uns unsere neue Heimat einerseits die schaurige Atmosphäre, andererseits die Charaktere. Diese haben Tiefgang und sind authentisch, denn sie leben in einer Welt, die es ihnen zu jedem Zeitpunkt schwer macht, das Richtige zu tun. Es gibt nicht nur Gut und Böse, wenn überhaupt dann bewegen sie die Besseren unter ihnen in einer moralischen Grauzone. Es stellt sich die Frage, ob es das „Richtige“ überhaupt gibt. Denn ihr Leben besteht nur aus Überleben. Egal, ob Bürger oder Anderling, „The Witcher“ zeigt uns auf brutal ehrliche Weise die menschlichen und nicht-menschlichen Abgründe seiner Welt.
Jede Entscheidung hat ihre Konsequenzen
Geralts Handlungen sollten mit Bedacht gewählt werden, da jede getroffene Entscheidung Auswirkungen auf den Verlauf und das Ende der Geschichte hat. Man selbst besitzt die alleinige Freiheit auf welche Art und Weise diese Welt bestehen oder zugrunde gehen sollte. Genauso frei ist man in der Wahl, welche Nebenmissionen einen mehr interessieren als andere. Vollgepackt mit Spannung und Abenteuer sind sie jedoch so gut wie alle und stehen nicht einfach nur als netter zusätzlicher Content für sich, sondern tragen zum gesamten Storytelling des Spiels bei.
Die riesige Spielfläche mit ihren einzelnen Territorien wie Weißgarten, dem Palast „Vizima“ als Sitz des Kaisers der Nilfgarder, den nordisch angehauchten „Skellige Inseln“ oder der Hexerfestung „Kaer Morhen“, um nur einige zu nennen, bietet viele Stunden an Spielspaß. Die Welt von „The Witcher 3“ ist dreckig, hässlich und brutal – und genau deswegen liebt man sie. Auf der Erkundung nach neuen Items wie Hexerausrüstungen, kann man zusätzlich Aufträge entdecken und erfährt in jedem Gebiet ein komplett neues kulturelles Erlebnis.
Details, die jedes gute Spiel haben sollte
Mit Liebe zum Detail und Authentizität erweckt die Grafik alles zum Leben. Die Fantasy Element könnten gruseliger nicht wirken und kommen in dem mittelalterlichen Soundtrack bestens zur Geltung. Ein zusätzliches Element, was „The Witcher 3“ auszeichnet, ist das Ingame-Kartenspiel „Gwint“. Was alleine einen hohen Suchtfaktor besitzt, schafft es erneut den einzelnen Personengruppen auf eine ansprechende Art und Weise ihre eigene Bühne zu geben.
Das Kampfsystem des Spiels ist ebenfalls nicht zu vernachlässigen. Neben einzelnen Attacken kann man sich auch Geralts übernatürlichen Fähigkeiten bedienen und entweder Tränke einsetzen oder Zeichen wirken lassen. Genauso gut kann man das Kampfniveau an die eigenen Bedürfnisse anpassen. Deutlich wird, dass sich das Spiel genauso für Leute eignet, die das Kampfsystem ausreizen wollen, wie für diejenigen, die in erster Linie die Story antreibt. Im Wechsel zwischen Hexer Geralt und Ziehtochter Ciri wird neben einem komplett unterschiedlichen Repertoire an Fähigkeiten auch der Blick auf die Welt im Kontrast dargestellt. Man bekommt gelungene Einblicke in die Art, wie ihr Innenleben aussieht, aber auch wie sie ihre Umwelt individuell wahrnehmen.
Es gibt wenig, was es in „The Witcher 3“ nicht gibt
Um ehrlich zu sein, gibt es wenig, was ich an „The Witcher 3“ zu kritisieren hätte. Man könnte hinzuziehen, dass einmal gescheiterte Missionen auf Dauer gescheitert bleiben und es keine Möglichkeit gibt, dies zu revidieren. Ebenfalls tragen einige Entscheidungen dazu bei, dass Quests nicht mehr abgeschlossen werden können und als gescheitert markiert werden. Bemängeln könnte man das, wie gesagt. Allerdings entspricht es dem Spielvorsatz, dass getroffene Entscheidungen ihre Auswirkungen haben. Genauso wie man im echten Leben auch nicht einfach auf den „Reset“-Button drücken kann. Es gibt kein „Try again“. Der Sinn, der dem Spiel dadurch für mich verliehen wird, passt zu dessen Charakter.
Das alles mag wie eine Lobeshymne auf ein Spiel klingen, das nicht viel anders macht als andere große Titel. Das schmälert die Qualität von „The Witcher 3“ jedoch nicht im geringsten. Einzigartig bleibt das, was es bei seinen Fans auslöst. Es ist auch noch Jahre nach seinem Release und egal auf welcher Plattform eines der erfolgreichsten Ableger seiner Art. Und das zurecht.