Schon im Februar hatten wir die Möglichkeit, den Volvo EX30 in einer ersten Ausfahrt auf die Probe zu stellen. Damals haben wir uns die Allrad-Variante angesehen, die laut Messungen des Herstellers eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in rasanten 3,6 Sekunden erlaubt. Für unseren ausführlichen Test haben wir uns für die Single-Motor-Variante mit Frontantrieb und großer Batterie-Option entschieden. Darin ist nicht ein 51 kWh großer Akku wie in der Basisvariante verbaut, sondern ein Energiespeicher mit einer Kapazität von 69 kWh.
Volvo EX30 im Test: Fahrspaß ist garantiert, aber …
Die vielleicht wichtigste Erkenntnis: Auch mit dem Frontantrieb ist es problemlos möglich, sportlich unterwegs zu sein. Eine Beschleunigung von 0 auf 100 gelingt in rund fünf Sekunden, in der Spitze sind bis zu 180 km/h möglich. Schnell zu fahren, lohnt sich aber allenfalls bei Überholvorgängen. Andernfalls sinkt die Reichweite immens. Mehrere auswählbare Fahrmodi gibt es im Volvo EX30 anders als in zahlreichen anderen Elektroautos nicht. Sie sind aufgrund des ohnehin sehr agilen Antriebs aber auch nicht notwendig. Und doch stehen spezielle Fahrmodi bereit: etwa für einen etwaigen Abschleppvorgang oder für die Waschanlage.
Die Rekuperation, also die Energierückgewinnung beim Segeln oder Bremsen, lässt sich in zwei Stufen einstellen. Mit etwas Übung ist so primär innerstädtisch auch das von vielen Menschen geschätzte Ein-Pedal-Fahren (One-Pedal-Driving) möglich. Der Widerstand bei der Lenkung ist in drei Stufen an den persönlichen Geschmack anpassbar. Ausschalten lässt sich das Fahrzeug nur über das zentrale Infotainment-Display und einen dort auf tiefer Ebene versteckten Menüpunkt. Ansonsten schaltet sich das E-Auto immer dann automatisch aus, wenn es verriegelt wird.
Apropos Display: Das ist im Volvo EX30 mit einer Größe von 12,3 Zoll (ca. 31 cm) für fast alles die zentrale Schnittstelle. Denn es fehlt im Innenraum an vielen Stellen an Knöpfen, wo man sie vielleicht erwarten würde. Selbst Abblendlicht und Nebelschlussleuchte muss man über den Touchscreen aktivieren. Gleiches gilt für das Einstellen der Seitenspiegel. Dass das Fahrzeug bei der kleinsten Überschreitung der Geschwindigkeit eine akustische Warnung ausspuckt, ist von der EU so gewollt. Man kann eine Favoritentaste am Lenkrad aber so einstellen, dass ein Tastendruck ausreicht, um die Tempolimit-Warnung zum Wohle aller Insassen ruckzuck auszuschalten.
… es fehlt ein digitales Kombiinstrument
Ungewöhnlich präsentiert sich das Cockpit des Volvo EX30. Denn hinter dem Lenkrad sucht man ein digitales Infodisplay oder einen einfachen Tacho vergeblich. Hier ist nur eine verdeckte Kamera zu finden, die den Fahrer während der Fahrten überwacht und über ebenfalls akustische Signale auf erkennbare Müdigkeit und / oder zu starke Ablenkungen hinweist. Die Geschwindigkeit und alle anderen wichtigen Informationen muss der Fahrer stattdessen mit einem Blick nach rechts vom oberen Bereich des Touchscreens ablesen. Daran mag man sich mit der Zeit gewöhnen, ja. Ob das ständige Abschweifen mit den Augen zum Bildschirm aber der Fahrsicherheit zuträglich ist, auf die Volvo eigentlich so viel Wert legt? Es bleiben Zweifel, ob an dieser Stelle nicht zu viel gespart wurde.
Abhilfe könnte hinsichtlich dieses Problems ein Head-up-Display schaffen. Das gibt es aber selbst gegen Aufpreis nicht. Der Spardruck, den sich Volvo selbst auferlegt hat, um einen möglichst preiswertes E-SUV zu bauen, wird nicht nur hier deutlich. Auch sonst wirkt der Innenraum, mehrheitlich aus recycelten Materialien hergestellt, zuweilen eintönig. Separate Fensterheber für die Heckfenster sucht man vorn vergeblich. Stattdessen muss zunächst ein Knopf mit der Aufschrift „Rear“ gedrückt werden, um dann über die Front-Fensterheber auch die Scheiben der zweiten Sitzreihe bedienen zu können. Auch das spart ein paar Euro.
Und störend ist nicht zuletzt auch, dass die Bedienung des vertikal ausgerichteten Bildschirms während der Fahrt für unser Empfinden zu stark ablenkt. Und damit ist nicht nur die Tatsache gemeint, dass der Blick zu stark nach unten abweicht, sondern auch, dass viele gewünschte Menüpunkte erst auf der dritten oder sogar vierten Ebene zu finden sind. Zwar hat sich Volvo bemüht, wichtige Funktionen über Schnellstart-Shortcuts rasch nutzbar zu machen, insgesamt bleibt die Bedienung aber zu verschachtelt.
Gutes Platzangebot für Fahrer und Beifahrer, kleiner Kofferraum
Das Platzangebot in dem Fünfsitzer: vorn überragend, hinten eingeschränkt. Auch lang gewachsene Menschen werden das luftige Cockpit ohne störende Mittelkonsole zu schätzen wissen. Im Fond geht es aber eng zu. Wenn Fahrer und / oder Beifahrer mit ihren Sitzen weit nach hinten rücken, zu eng. Mitunter ist es dann kaum noch möglich, über die Hecktüren überhaupt einzusteigen. Hier macht sich die Länge von nur 4,23 Metern bei einem Radstand von nur 2,65 Metern stark bemerkbar.
Mit Einschränkungen muss man auch beim Ladevolumen leben. Der Kofferraum ist so klein, dass maximal der Transport von drei Getränkekisten möglich ist. In Zahlen ausgedrückt: Das Standard-Ladevolumen von mageren 318 Litern lässt sich durch Umlegen der Rücksitze auf immerhin 904 Liter steigern. Berauschend ist aber auch das nicht, wenn man sich vor Augen führt, dass etwa ein Kia Niro EV (Test) auf bis zu 1.412 Liter kommt und sogar ein Peugeot e-208 (Test) mit bis zu 960 Litern mehr Stauraum bietet. Gut: Unter der Motorhaube des Volvo EX30 ist ein Frunk mit weiteren 7 Litern Stauvolumen nutzbar. Ab der zweithöchsten Ausstattungsvariante ist zudem eine sehr praktische elektrische Heckklappe Teil der Serienausstattung.
Der Verbrauch des Volvo EX30 im Check
Mit einem Gewicht von 1,85 Tonnen gehört der Volvo EX30 zu den eher leichteren Elektroautos am Markt. Auf den Verbrauch wirkt sich das aber weniger positiv aus als erhofft. Im Stadtverkehr haben wir während meist eher frischen Temperaturen einen durchschnittlichen Verbrauch von 19,3 kWh pro 100 Kilometer gemessen. Auf der Landstraße steigt der Durchschnittsverbrauch auf 20,4 kWh.
Auf der Autobahn erweist sich Volvos bisher kleinstes Elektroauto als noch energiehungriger. Dort haben wir einen durchschnittlichen Verbrauch von knapp 24 kWh gemessen. Das ist fast so viel, wie der 2,5 Tonnen schwere Kia EV9 während unseres Tests verbrauchte. Es passt aber ins Bild. Denn auch der Volvo C40 Recharge Pure Electric und der Volvo XC40 Recharge Pure Electric präsentierten sich in Tests unserer Redaktion nicht gerade als Stromsparweltmeister.
Auswirkungen hat der recht hohe Autobahn-Verbrauch auch auf die Langstrecken-Reichweite. Die lag im Test mit der von uns getesteten Single-Motor-Variante mit 69 kWh großer Batterie und bei nicht mehr als 120 km/h Reisegeschwindigkeit nämlich bei nur 285 Kilometern. Die von Volvo in Aussicht gestellte WLTP-Reichweite von mindestens 462 Kilometern wurde damit deutlich nicht erreicht. Eine insbesondere im Winter effiziente Wärmepumpe ist nur im Allrad-Modell Teil der Serienausstattung.
Wiederaufladung geht flott über die Bühne
Umso wichtige ist es, dass die Ladegeschwindigkeit stimmt. Und hier gibt es gute Nachrichten zu vermelden. Denn wer sich für den Volvo EX30 entscheidet, kann über das 400-Volt-System an Schnellladesäulen neuen Strom mit bis zu 134 kW (Single Motor) respektive maximal 153 kW (alle anderen Modelle) nachladen. Im Test konnten wir bei einer knapp halbstündigen Aufladung von 14 auf 80 Prozent im Anschluss an eine Autobahnfahrt in der Spitze sogar 159 kW Ladeleistung am Display der Ladesäule ablesen. Bei einer weiteren Aufladung an einer HPC-Säule vergingen von 6 auf 80 Prozent 32 Minuten.
Erfreulich auch: Wer sich für den Volvo EX30 in der teuersten Ausstattungsvariante Ultra entscheidet, kann sich an der heimischen Wallbox und an öffentlichen Normalladesäulen serienmäßig auf eine Ladeleistung von 22 kW freuen; entsprechende Leistung der Ladehardware vorausgesetzt. Ein echter Mehrwert gegenüber den sonst üblichen 11 kW, die das Aufladen zu einer mitunter langwierigen Angelegenheit machen. Der Ladeanschluss ist bei dem kompakten Elektroauto übrigens hinten links zu finden und manuell zu öffnen. Im Innenraum lässt sich die aktuelle Ladeleistung nicht vom Bildschirm ablesen. Es wird nur die errechnete Zeit bis zum Ende des Ladevorgangs angezeigt.
An dieser Stelle sei auch erwähnt, dass uns unser Testwagen an öffentlichen Ladesäulen wiederholt vor Herausforderungen stellte. Zwar fand zwischen Ladesäule und Auto eine erfolgreiche Kopplung statt, die Ladeleistung verharrte aber auf sehr niedrigen Niveau von nicht mehr als 3 kW. Teilweise fand auch gar keine Aufladung statt. Ob dies an einem defekten Ladeanschluss, einem nicht ordnungsgemäßen Ladekabel oder einem anderen Fehler lag, ließ sich nicht abschließend klären. Festzuhalten bleibt, dass der Fehler an mehreren Ladesäulen mit verschiedenen Ladestrom-Ladekarten sowohl in Deutschland als auch in den Niederlanden auftrat.
Was kostet der Volvo EX30?
Angeboten wird der neue Volvo EX30 wahlweise mit Heckantrieb (Single Motor) oder alternativ auch in einer Allrad-Variante (Twin Motor Performance AWD). Je nach bevorzugtem Modell stehen bis zu drei Ausstattungsvarianten (Core, Plus und Ultra) zu Wahl. Die Single-Motor-Variante des kompakten Crossovers startet bei 37.990 Euro, mit größerem Akku sind mindestens 43.290 Euro zu bezahlen. Wer sich für das Allrad-Modell entscheidet, bekommt unter anderem mehr Leistung, muss dafür aber auch mindestens 49.990 Euro bezahlen. Bei den fünf verfügbaren Lackierungen ist nur die Farbe Cloud Blue ohne Aufpreis zu haben. Ansonsten musst du mit 650 Euro mehr kalkulieren.
Fazit zum Volvo EX30: Klein und gut
Zwar gehört der Volvo EX30 mit Heckantrieb nicht zu den effizientesten Elektroautos, der Fahrspaß ist aber auch in diesem Stromer mit einer Leistung von 200 kW (272 PS) erfreulich hoch. Und, unterstützt durch zahlreiche Assistenzsysteme wie Totwinkelassistent oder Querverkehrs-Warner, fehlt es auch an der für Volvo typischen Sicherheit nicht. Umso überraschender, dass der Hersteller auf ein kleines Display hinter dem Lenkrad verzichtet und so die Fahrer des Autos zu ablenkenden Blicken in Richtung Touchscreen zwingt. Ein feststehendes Panorama-Glasdach ist in der Ultra-Ausführung serienmäßig an Bord und sorgt für noch mehr Wohlfühlatmosphäre. Software-Updates (OTA) werden über eine 5G-Schnittstelle durchgeführt.
Etwaige Schleifgeräusche, die bis zu einer Geschwindigkeit von 35 km/h zu hören sind, lassen sich nach Auskunft der Volvo-Pressestelle übrigens auf das Acoustic Vehicle Alerting System (AVAS) zurückführen. Wirklich störend sind die Geräusche aber nicht und auf die guten Fahreigenschaften des Volvo EX30 haben sie auch keine Auswirkung. Und wenn man die unter der Windschutzscheibe in das Armaturenbrett serienmäßig integrierte Soundbar mit mindestens vier Lautsprechern und integriertem Subwoofer nutzt, hört man von den Schleifgeräuschen ohnehin nichts.
Richtig gut zu gefallen weiß, dass der Google Play Store des installierten Betriebssystems Android Automotive kontinuierlich um attraktive Apps wächst. Mit Blick auf Volvo bedeutet das, dass unter anderem die Möglichkeit besteht, Prime Video von Amazon zu nutzen. Ideal, um etwa die Zeit während eines Ladestopps mit einer Folge der persönlichen Lieblingsserie zu überbrücken.
Apple CarPlay in der drahtlosen Ausführung ist von Volvo in Aussicht gestellt, aber bisher nicht nutzbar. Mit dem nächsten OTA-Update soll diese für iPhone-Nutzer praktische Funktion nachgereicht werden. Sollen auch Passagiere im Fond Zugriff auf zwei USB-Anschlüsse haben, musst du dich übrigens mindestens für die Ausstattungsvariante Plus entscheiden. Andernfalls sind nur vorn zwei USB-Ports zu finden. Eigens für den Volvo EX30 steht eine eigene App zur Verfügung, die als Fernsteuerung für viele Fahrzeugfunktionen nutzbar ist.
Vorteile Volvo EX30
- viel Platz für Fahrer und Beifahrer
- bequeme Sitze auch auf der Langstrecke
- ordentliche Ladeleistung
- Google Maps als starkes Navigationssystem
Nachteile Volvo EX30
- fehlendes Display hinter dem Lenkrad gewöhnungsbedürftig
- Platz in der zweiten Sitzreihe und im Kofferraum eingeschränkt
- vergleichsweise hoher Verbrauch
- Sensortasten am Lenkrad nicht immer intuitiv