Die Vorstellung des Surface-Tablets 2012 kam einen Paukenschlag gleich. Das Format war zwar alles andere als neu, und auch die Tastaturlösungen waren längst erfunden. Aber dieses aus einem Guss konzipierte System mit Windows-Betriebssystem ließ aufhorchen – und nicht wenige Apple-iPad-Nutzer in die Windows-Welt zurückkehren.
Surface Pro X mit viel Kantenschliff
Glatte Flächen und rund gelutschte Kanten sind bei vielen Herstellern das Rezept um Nutzern zu gefallen. Microsoft setzte dagegen schon lange auf merklich spürbare Kanten in einem optisch robust – und recht massiv – wirkendem Gehäuse. Dies wurde mit dem Surface Pro X geändert. Der typische und so oft kopierte Ständer auf der Rückseite steht nach wie vor zur Verfügung und lässt sich immer noch stufenlos einstellen. Die ikonische Formensprache ist geblieben, die Ecken und Kanten haben jedoch viel Schliff bekommen und schmiegen sich jetzt gefällig in deine Hände.
Beim zweiten Aufguss des Pro X wurden aber keine grundsätzlichen Umbauten an den Äußerlichkeiten vorgenommen. Warum auch. Das Gehäuse überzeugt hinsichtlich der Verarbeitung voll und ganz. Und mit einem Gewicht von 774 g sowie Größenverhältnissen von 28,7 x 29,8 x 0,7 cm lässt es sich auch bei längerer Nutzung angenehm in der Hand halten.
Handliche 13 Zoll
Schlank gerahmt bietet ein LC-Display eine Auflösung von 2.880 x 1.920 Pixeln. Surface-typisch wird dabei auf ein arbeiterfreundliches Seitenverhältnis von 3:2 gesetzt. Neben der hohen Auflösung begeistern die knackigen Farben und die hohe Bildschirmhelligkeit. Allerdings kam es beim Testgerät von Microsoft immer wieder zu störendem Flackern.
Microsofts zweites ARM-SoC von Qualcomm
Microsoft hängt – technisch gesehen – an den x86-Chips. Doch ARM-Chips bieten nicht nur in Smartphones Vorteile: Die Energieaufnahme ist geringer, der Kühlaufwand sinkt damit ebenso – das SoC im Surface wird passiv gekühlt. Damit braucht das Microsoft Surface Pro X keine Lüfter.
Dennoch bleibt der Eindruck, dass Microsoft nicht so richtig warm wird. Zwar wurde die Nähe zu Qualcomm gesucht, um sich vom Branchenprimus etwas auf den Leib schneidern zu lassen. Allerdings ist auch der SQ2-Prozessor nicht viel mehr als ein Snapdragon 8CX mit höherem Takt, der schon etwas angestaubt ist.
Die CPU wird aus vier ARM-Cortex-A55- und vier A76-Kernen kombiniert, wobei letztere bis zu 3,15 GHz schnell werden können. Im Vergleich zur aktuellen AMD- und Intel-Konkurrenz fällt sie jedoch zurück. Im Geekbench erreicht ein einzelner Kern rund 60 Prozent dessen, wozu AMDs Ryzen 5 oder Intels Core i5 imstande sind. Werden alle Kerne genutzt, ist der Ryzen 5 4500U doppelt so schnell. Die Adreno-690-GPU des SQ2 ist zwar keineswegs langsam, doch auch sie kann mit der neuesten Vega- und Iris-Plus-Architektur von AMD beziehungsweise Intel nicht mithalten.
Der limitierende Faktor ist jedoch schnell ein anderer: Microsoft kann nach wie vor keine leistungsfähige 64-Bit-Emulation für das Ausführen von x86-Software auf dem ARM-Chip bereitstellen. Bei mancher Anwendung wird das deutlich spürbar. So musst du bei dem populären Rennspiel Asphalt 9 mit teils heftigen Rucklern leben, hin und wieder friert der Bildschirm komplett ein.
Das Surface Pro X wird mit einem LPDDR4x-Arbeitsspeicher von wenigstens 8 GB ausgeliefert, das Testgerät wurde mit 16 GB bestückt. Diese Größe legen wir produktiven Nutzern ans Herz, denn 8 GB können schnell knapp werden, wenn du etwa viele Anwendungen mithilfe des Browsers ausführst.
Datenspeicher kann einfach getauscht werden
Für das Speichern von Daten wurde im Test-Surface eine SSD mit 256 Gigabyte integriert. Das ist nicht unbedingt viel. Allerdings lässt sich das Laufwerk austauschen, und das erstaunlich einfach. Unter dem Ständer befindet sich eine kleine Klappe, die du mit einer Nadel öffnen kannst und dann Zugriff auf den Datenspeicher hast. Wohl auch aus diesem Grund ist die Geschwindigkeit des Speichers mit rund 2000 MB/s beim Lesen und 750 MB/s beim Schreiben weit von dem entfernt, was schnelle NVMe-SSDs zu leisten imstande sind.
Ordentliche Laufzeiten, aber kleiner Akku
Einer der großen Vorteile der ARM-Chips im Vergleich zu ihren x86-Pendants liegt im niedrigeren Energieverbrauch. Dies wird durch das Konstrukt eines Verbundes aus vier schwächeren und vier stärkeren Kernen weiter gesteigert. Nicht umsonst versucht sich Intel an der Entwicklung einer ähnlichen Architektur.
Unter Last ist der Energiebedarf auf dem Niveau von AMDs und Intels Mittelklasse-Prozessoren. Im Browser sind nach einer Stunde schon 18 Prozent verbraucht, beim Spielen von Asphalt 9 verbleiben noch 61 Prozent der Reserven. Der Hersteller verspricht zwar eine Laufzeit von 15 Stunden im Office-Betrieb, allerdings mit Einschränkungen. Unter realen Bedingungen ist die Grenze nach circa zwölf Stunden erreicht. Die Kapazität dürfte bei rund 40 Wh liegen, hier wäre noch Luft nach oben.
Surface Pro X nicht auf dem neuesten Stand
Bei einem Tablet sind Schnittstellen allgemein begrenzt. Da ist das Surface Pro X keine Ausnahme. Zwei USB-C-Ports müssen reichen. Diese basieren auf dem 3.1-Standard und unterstützen gleichermaßen DisplayPort 1.2, Thunderbolt bleibt außen vor.
Nicht ganz „State of the art“ sind auch für die Möglichkeiten zur kabellosen Datenübertragung nicht. Für den Zugriff aufs Netz steht WLAN nach ac-Standard bereit, die schnellere ax-Spezifikation (WLAN 6) fehlt, auch bei Bluetooth muss auf den neuesten Standard verzichtet werden, wenngleich der Unterschied zwischen 5.0 und dem ganz aktuellen 5.1 sehr begrenzt ist. Für den Datenaustausch in Mobilfunknetzen setzt Microsoft auf ein LTE-Modem. Das streckt im Prozessor. 5G-Modems sind erst Teil der nachfolgenden Chip-Generation.
Wabbelige Tastatur ist nichts für Vielschreiber
Tablets mit Leistungen wie Notebooks und einer ansteckbaren Tastatur sollten kompakte Notebooks überflüssig machen. Sie sind allerdings eher eine Notlösung, wenn Buchstaben und Ziffern zu deiner wesentlichen Beschäftigung gehören. Die Tasten an sich sind – insbesondere mit Blick auf die Bauform – über jeden Zweifel erhaben. Hub und Anschlag stimmen, die Präzision selbst ist gut. Konstruktionsbedingte Schwächen sind jedoch offenkundig. Unter den Anschlägen gibt die Tastatur deutlich nach und wirkt fast kippelig. Dazu musst du die Tasten nicht mal mit Wucht malträtieren.
Das Touchpad reagiert präzise, auch bei Mehrfingereingaben. Allerdings ist die Größe des Felds mit 10 x 5,7 cm schon etwas knapp. Die gummiartige Beschichtung bremst die Finger zudem in ihrem Bewegungsdrang.
Daneben kannst du einen digitalen Stift kaufen, der mit seiner Genauigkeit auch deinen künstlerischen Ansprüchen gewachsen ist. Das beginnt schon damit, dass er sich haptisch in Form und Dicke wie ein „richtiger“ Stift anfühlt. Die Spitze ist nicht zu weich, die Erkennung der Eingaben ist hervorragend, auch in Schräglage.
Fazit
Das Surface Pro X ist ein tolles Tablet mit großem Funktionsumfang. Design, Verarbeitung und das Display sind top. Doch Microsoft wird den Ansprüchen in dieser Preisklasse nicht mehr vollends gerecht. Es sind die vielen Kleinigkeiten: Grenzen bei der Performance und Abstriche bei der Schnittstellenauswahl sind hier zu kritisieren. Hinzukommt, dass die Software-Unterstützung beim ARM-Windows immer noch nicht vollends überzeugt. Vieles mag funktionieren, wenn auch mithilfe einer Emulation, manches aber nicht. Der Preis dafür ist sehr hoch, zumal die Erweiterungen nicht inkludiert sind.
Pro
- Schickes, gut verarbeitetes Tablet
- Hervorragend abgestimmte Peripherie
- Lange Akkulaufzeiten
- Der Standfuß begeistert nach wie vor
Contra
- Flackerndes Display
- Teure Peripherie
- Kompatibilitätsprobleme bei Software
- Hoher Preis
Windows + Microsoft ein weiterhin todgeborenes und nicht zuletzt – ein sehr unterschätzt – gefährliches Kind – bezgl. „Datentransparenz“
Dazu ebenso – viel zu teuer – z.a. !