Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel wurde erstmalig am 9. November 2018 veröffentlicht und wurde bis auf wenige technische und redaktionelle Korrekturen inhaltlich nicht aktualisiert.
Treffpunkt mit dem 32-jährigen Telekom-Techniker ist das Servicecenter in Düsseldorf. Dort oder in einem der anderen Servicecenter haben die Callcenter-Mitarbeiter in den vergangenen Tagen die Aufträge der Kunden entgegengenommen, die der Telekom-Techniker heute bearbeiten wird. Seine Aufträge hat er von seinem Disponenten bekommen, der ein ganzes Team an Technikern koordiniert. Das Ganze erfolgt digital. Sein ständiger Begleiter ist ein Laptop. Aufträge einsehen, Messungen durchführen, Leitungswege herausfinden – all das ist auf diesem Outdoor-Laptop machbar. Auf dem Programm heute unter anderem: Eine Entstörung eines Anschlusses in einer Grundschule, die Schaltung eines DSL-Anschlusses in einem Ladenlokal und die Schaltung eines Anschlusses für einen Carrier. Mit dabei heute: Ein Redakteur von inside digital.
Der Telekom-Techniker kennt seinen Bezirk
In der Regel weiß Pauls schon anhand der Aufträge, was ihn in etwa erwartet. Es gebe Stadtgebiete oder Häuser, bei denen man schon vorher wisse, dass es Probleme geben wird. Das betrifft weniger die Kunden, die ihn überwiegend freundlich empfangen, sondern eher bestimmte Häuser. Hier sei in der Vergangenheit viel Flickschusterei innerhalb der Gebäude betrieben worden, was das Auffinden von Leitungen schwierig macht. Doch die Regel ist das nicht. Das Schalten eines Anschlusses stellt für ihn normalerweise Routinearbeit dar.
Doch es kommt auch zu Überraschungen. Und die sind nicht immer positiv, wie Pauls erzählt. Schließlich ist er für viele Kunden der erste greifbare Telekom-Mitarbeiter. Gerade, wenn bei einer Störung die Kommunikation zwischen Unternehmen und Kunden problematisch war, ist er das Ventil der Kunden und bekommt den Frust ab. Doch Pauls arbeitet lösungsorientiert. Und das versucht er den Kunden zu vermitteln und setzt alles daran, den Kunden zufriedenzustellen.
Störungsbehebung: Leitung in Ordnung – oder doch nicht?
Der erste Auftrag an diesem Nachmittag führt Pauls zu einer Schule in Kaarst. Die Störungsstelle hatte hier eine einwandfreie Leitung aber ein defektes Endgerät in der Schule ausgemacht. Es sind Herbstferien, alle Türen sind verschlossen. Der Ansprechpartner des Telekom-Technikers vor Ort hat zwar Schlüssel, muss aber das komplette Schlüsselbund durchprobieren, bis er den richtigen Schlüssel gefunden hat. Verlorene Zeit für den Auftrag.
In der Schule schließt der Telekom-Techniker als erstes sein Messgerät an die Telekomleitung an. Mit ihm erkennt der Telekom-Techniker schon nach wenigen Minuten: Die Leitung ist tot, das Endgerät des Kunden ist in Ordnung. Die Analyse der Störungsstelle ist falsch gewesen. Jetzt beginnt die Fehlersuche. Sein Glück in diesem Fall: Die geschaltete Leitung ist in einem Multifunktionsgehäuse (MFG) direkt am Eingang des Schulhofes zu finden. Ein kurzer Weg.
Am Multifunktionsgehäuse findet Pauls mit Hilfe seiner Messgeräte schnell heraus: Der Leitungsweg vom grauen Kasten in die Schule ist frei. Und auch das Telefonnetz meldet ihm im grauen Kasten, dass der Anschluss bereitsteht. Die Leitung von der Vermittlungsstelle aus ist in Ordnung. Da die Leitung sowohl vom Netz aus als auch zum Kunden in beiden Richtungen funktioniert, bleibt nur ein Fehler im MFG. Und in der Tat: Ein Techniker-Kollege hat – vermutlich beim Schalten eines anderen Anschlusses – aus Versehen die Anschlüsse verwechselt. Netz und Anschlussleitung treffen so nicht aufeinander. Der Anschluss ist gestört. Warum die Störungsstelle in diesem Fall dennoch eine fehlerfreie Leitung gemessen hat? Vermutlich war die Leitung der Schule auf eine andere Telefon-Dose in der Nachbarschaft geschaltet, die aber gar nicht genutzt wird. Die Leitung ansich ist also in Ordnung. Dass das Leitungsende nicht beim Kunden ankommt, lässt sich nur vor Ort erkennen.
Während der Telekom-Techniker noch einmal in die Schule geht, den dort zur Fehleranalyse angesteckten Tongeber wieder einsteckt und den Anschluss noch einmal final prüft, wird er zum Service-Mitarbeiter. Quasi im Vorbeigehen bekommt die Schule noch eine neue TAE-Dose – also jene Telefondose, wo der Telekom-Anschluss ankommt. Die bisherige Dose besteht mehr aus Drähten und Flickwerk als aus einem vernünftigen Leitungsabschluss. Das war Pauls beim Messen der Leitung aufgefallen. Er holt aus seinem Auto eine neue TAE-Dose, um sie jetzt schnell zu montieren – ohne Mehrkosten für den Kunden.
Der Neuanschluss: Klingt einfach, kann aber unerwartete Folgen haben
Den nächsten Kunden hat Telekom-Techniker Pauls in Neuss. Der Auftrag hier: Schaltung eines neuen Anschlusses. Den Kunden ruft der Techniker vorher an, um sein Kommen anzukündigen. „Hausbesuch erforderlich“ steht in seinen Unterlagen. Der Grund: Er muss sicherstellen, dass der Anschluss am Ende auch wirklich funktioniert. „Der Kunde bekommt schon einen Anschluss im neuen BNG-Netz“, erklärt der Techniker, der schon seit 2004 bei der Telekom arbeitet und hier auch gelernt hat. Das BNG-Netz ermöglicht es dem Kunden, dass er nur seinen Router anschließen muss und sich alles selbst einrichtet. Hätte der Kunde also seinen Router schon angeschlossen, so würde Pauls das nach dem Schalten der Leitung sofort sehen können. Theoretisch wäre dann ein Besuch sogar überflüssig. Doch soweit ist es noch lange nicht.
In diesem Fall hat der Kunde eine normale DSL-Leitung für sein Geschäft bei der Telekom bestellt. Diese wird – weil die Leitungslänge ausreichend kurz ist – über eine Vermittlungsstelle in Neuss eingerichtet. Wäre die Leitungslänge zu groß, würde die Telekom auch ihre Multifunktionsgehäuse und die VDSL-Technik nutzen, um 16-Mbit/s-Leitungen zu schalten. Damit aber nicht VDSL-Ports unnötig belegt werden, macht die Telekom das nur, wenn es notwendig ist.
Telekom-Techniker Pauls steuert seinen Dienstwagen zur Vermittlungsstelle. Den Weg kennt er wie seine Westentasche. Kein Wunder: Nahezu sein gesamtes Berufsleben hat er in der Region verbracht, weiß wo die Vermittlungsstellen sind, wo die alten Kabelverzweiger und die neuen Multifunktionsgehäuse stehen.
Schaltung in der Vermittlungsstelle
In der Vermittlungsstelle angekommen, schaut der Telekom-Techniker auf seinen Auftrag. Dort steht genau, welchen Leitungsweg das Telekom-System für den Kunden vorgesehen hat. Für Außenstehende ein kryptischer Code aus Zahlen und Buchstaben, für Telekom-Techniker so genau wie GPS-Koordinaten. Das System legt genau fest, wo die Kupferleitung des Kunden in der Vermittlungsstelle gesteckt werden muss, damit der Anschluss am Ende auch funktioniert. Denn „das Netz“ kennt den Anschluss schon, es gibt nur noch keine physikalische Verbindung zum Kunden. Diese stellt der Techniker jetzt her. Der Besuch in der Vermittlungsstelle geht schnell, dauert nur durch die ständigen Zwischenfragen des Redakteurs von inside digital heute etwas länger. Nach wenigen Minuten verlässt Pauls das graue unscheinbare Gebäude wieder und steigt in sein Auto.
Er fährt gezielt in das Neusser Stadtgebiet. Im Vorbeifahren zeigt er auf einen kleinen grauen Kasten. „Da müssen wir hin“, sagt er und sucht einen Parkplatz. Gar nicht so einfach auf der Hauptverkehrsstraße. Rechts und links der Straße sind ein Radweg und ein Bürgersteig. Parken Fehlanzeige. Einfach auf die Straße stellen kommt für ihn nicht in Frage. Das käme nicht gut an mit dem großen „T“ auf der Tür, meint er. Ganz vermeiden lässt sich das Parken im Halteverbot zwar offenbar nicht, doch soll wenigstens niemand behindert werden. Und meist steht er ohnehin nicht lange. Bei diesem Kunden aber wird es länger als erwartet. Dass er genau zu diesem Kabelverzweiger fahren muss, weiß der Telekom-Techniker aus den Zahlen- und Buchstabencodes aus seinem Auftrag. Den genauen Standort könnte er, wenn er ihn nicht kennt, im System auf seinem Laptop nachschauen. Dadurch könnte er auch relativ schnell in anderen Städten Anschlüsse schalten und entstören, meint er.
Leitung wird Stück für Stück geschaltet
Jetzt aber ans Schalten der Leitung für den Neukunden: Am Kabelverzweiger sieht alles gut aus. Ein Messton, den er sich durch seinen mobilen Computer vom Netz aus auf die Leitung des Kunden gelegt hat, kommt an. Bis zum Kabelverzweiger steht die Leitung also schon. Jetzt schaltet er die Leitung gemäß des Auftrages bis zum Kunden durch.
Nach wenigen Minuten schließt er die Tür des Kastens wieder. „Was wäre denn, wenn der Kunde jetzt VDSL bestellt hätte?“, fragt der Redakteur mit Blick auf den kleinen grauen Kasten. An dieser Stelle habe die Telekom kein neues Multifunktionsgehäuse bauen können, um VDSL-Technik unterzubringen. Der Kasten steht direkt an der Hauswand, rechts und links Fenster. Ein neuer, großer Kasten hätte die Fenster verdeckt. Deswegen werden VDSL-Kunden an diesem Kabelverzweiger über ein Querkabel von einem MFG in der Nähe versorgt. Technisch sei das kein Problem, sagt Pauls.
Jetzt geht es zum Kunden, testen ob die Leitung funktioniert. Angekündigt ist der Techniker. Der Kunde begrüßt ihn mit der für ihn wichtigsten Frage: Welche der Nummern ist seine Faxnummer und wie kann er für seine Mitarbeiter die Telefone anschließen. Pauls muss erst einmal ankommen. Er erklärt dem Kunden, dass er sich darum gleich kümmern werde. Jetzt muss erst einmal die Leitung geschaltet werden. Das ist erst einmal sein eigentlicher Auftrag. Die Telefondosen des Vormieters sind im Keller in einem Serverschrank. Gleich drei TAE-Dosen findet der Techniker hier vor. Doch keine gibt ihm den Messton zu hören. Kein Grund für Pauls, skeptisch zu werden. Denn es gibt noch den sogenannten APL im Haus, den Abschlusspunkt Linientechnik. Hier erfolgt die Übergabe des Telekom-Netzes ins Haus.
Rätselraten um den Standort des Übergabepunktes
Doch wo ist der APL? Der Kunde weiß es nicht, er ist hier erst seit Kurzem Mieter. Er muss bei der guten Seele des Hauses nachfragen. Diese kommt mit dem Schlüssel für den Hausanschlussraum. Die Minuten vergehen, bis Pauls die Leitung am Ende gemäß seines Auftrages schalten kann. Jetzt kommt auch der Messton an. Doch das reicht ihm nicht. Er prüft die Leitung mit einem großen Messgerät. Und schüttelt mit dem Kopf. Die Messwerte sind bescheiden. Der Kunde würde sich vermutlich schon nach wenigen Tagen über eine schlechte DSL-Leitung beschweren.
Der Techniker greift zu seinem Diensthandy. In einer App für Techniker kann er die Belegung des APL sehen. Zum Glück sind noch Anschlüsse im Haus frei. Er bucht per App eine andere Leitung vom Kabelverzweiger bis zum APL. Vermutlich ist es dieses Stück Leitung, das ihm Probleme macht. Damit die Leitung funktioniert, muss er aber erneut zum APL und auch noch einmal zum Kabelverzweiger. Dieser steht aber dieses Mal nicht direkt vor der Tür, sondern einige hundert Meter entfernt. Das hin und her laufen kostet erneut Zeit, zumal die gute Seele des Hauses den Hausanschlussraum schon wieder verschlossen hat. Nach einiger Zeit aber läuft der Anschluss. Früher musste der Telekom-Techniker übrigens für einen solchen Leitungsschwenk noch telefonieren. Seine Kollegen suchten ihm dann eine passende freie Leitung heraus und dokumentierten die Änderung im System. Das alles geht jetzt per App und wenigen Klicks.
Kundenwünsche vor Ort viel umfangreicher
Jetzt bekommt der Kunde die gute Nachricht, dass sein Anschluss funktioniert. Doch ihm reicht das in diesem Fall noch nicht. Er braucht eigentlich viel mehr Leitungen als er jetzt bestellt hat und weiß auch nicht, wie er seine Telefone im Erdgeschoss mit dem Serverraum im Keller verbunden bekommt. In dem Laden, wo er den Anschluss bestellt hat, habe man ihm hier nicht weiterhelfen können. Pauls hat hierfür keinen Auftrag, kann jetzt nicht einfach den Anschluss des Kunden ändern oder große Verkabelungsarbeiten machen. Doch damit dem Kunden geholfen ist, erklärt er ihm, was nun zu tun ist, damit der Anschluss so funktioniert, wie der Kunde es benötigt. Am Ende gibt Pauls dem Kunden sogar seine dienstliche Handynummer für weitergehende Beratungen. Denn auch kleine Geschäftskundenanschlüsse wie dieser gehören zu seinem Fachgebiet.
Unterm Strich hat der Auftrag durch die Beratung des Kunden und die Behebung der Fehler nach der Schaltung aber länger gedauert, als die Disposition es vorgesehen hat. Das war nach der Schule nun schon der zweite Auftrag in Folge, der mehr Zeit gekostet hat, als geplant.
Harter Vorwurf: Telekom-Techniker kommt nicht
Dass sich eine Situation vor Ort anders entwickelt, als der Auftrag es vorsieht, ist nicht unüblich. An zwei zufälligen Beispielen war das bei dieser Techniker-Mitfahrt schon zu sehen. Auch bei einem Stau oder Unwetter kann es sein, dass der Techniker später kommt, als geplant. Sobald der Fachmann merkt, dass er seinen Plan nicht erfüllen kann, versucht er über seine Disponenten, den Termin mit dem Kunden zu verlegen. Auch ist es denkbar, dass ein Techniker-Kollege mit seinen Aufträgen mehr Glück und noch freie Kapazitäten hat. Er kann dann den Auftrag übernehmen.
Mit einem Vorwurf sehen sich die Mitarbeiter der Telekom oft konfrontiert: Der Techniker kommt nicht. Insbesondere dann, wenn der Nutzer kein direkter Telekom-Kunde ist, wird dieser Vorwurf immer wieder laut. Die Telekom benachteilige bewusst die Anschlüsse anderer Anbieter, ist oft zu hören. Das ist die eine Sicht. Die andere Sicht ist die des Technikers, der die Aufträge durchführt. „Oftmals habe ich gar keine Telefonnummern von den Kunden, zu denen ich fahren soll“, sagt Pauls. Die Schnittstelle zwischen Telekom und den anderen Anbietern sieht das nicht vor. Nur manchmal wird die Telefonnummer des Kunden in einem Freitextfeld übergeben.
Statt den Endkunden bei einem Auftrag direkt anzurufen und sein Kommen oder seine Verspätung anzukündigen, müssen die Techniker in der Regel ihren eigenen Kunden anrufen – und das ist der Fremdanbieter. Dieser wird informiert, dass der Techniker nun unterwegs sei. Ob dieser die Information an den Kunden weitergibt – darauf hat der Telekom-Techniker keinen Einfluss. Möglicherweise hat der Fremdanbieter die Nummer des Endkunden auch selber gar nicht – denn nicht immer ist der Fremdanbieter auch der Anbieter des Kunden. Etwa dann, wenn reine Provider Anschlüsse vermitteln und schalten lassen. Für den Kunden ist das alles aber nicht ersichtlich. Er merkt nur, dass der Techniker nicht oder später kommt.