US-amerikanische Software ist omnipräsent. Das beginnt schon mit dem ersten morgendlichen Blick aufs Smartphone. Das Betriebssystem stammt von Apple oder Google, ebenso die App, die die Termine des Tages bereithält. Im smarten Zuhause sorgt Alexa auf einem Echo-Lautsprecher für die Musik. Und am Schreibtisch ein ähnliches Bild. In knapp 75 Prozent der Fälle begrüßt ein Windows-Betriebssystem, bei knapp 17 Prozent der Nutzer ist es MacOS, wie die Zahlen von Stat Counter nahelegen.
Dabei ist die enorme Dominanz nur das eine. Die dahinter stehenden Konzerne haben diese längst zu Plattformen ausgebaut, für die sie auch die Anwendungen aus den jeweils eigenen Stores liefern. Dabei führt kein Weg an einem Benutzerkonto vorbei, das mit persönlichen Daten angereichert werden muss.
An Linux führt kein Weg vorbei
Als Alternative bietet sich an dieser Stelle ausschließlich eine Linux-Distribution. Und dabei wird schon auf den ersten Blick deutlich, wie stark die beiden Kontinente miteinander verflochten sind. Der Kern des Betriebssystems eigentlich ein US-amerikanischer. Linus Torvald hatte für seine erste Linux-Version – wie Apple übrigens auch – die quelloffene Variante des Unix-Betriebssystems genutzt, das ursprünglich von AT&T in den USA entwickelt wurde. An Linux wird ebenfalls weltweit gearbeitet, große Distributoren wie Debian und Redhat – letztere zeichnet sich auch für die populären Varianten CentOS und Fedora verantwortlich – kommen aus den USA. Gleiches gilt für OpenSUSE. Die Distribution und das dahinter stehende Unternehmen
Abgesehen von solchen Details, sind die Linux-Distributionen aus zwei Gründen die Alternative zu den US-Betriebssystemen: Linux gehört keinem Konzern. Entwicklergruppen rund um den Globus arbeiten an dem Betriebssystem, das unter einer vergleichsweise strengen Open-Source-Lizenz steht: Wer etwas für das System entwickelt, muss diese Entwicklung zur freien Verwendung durch andere offenlegen.
Das zeigt sich auch ganz konkret. Eine Reihe von Distributionen, bieten wie bei macOS oder Windows ein Nutzerkonto an, dieses ist jedoch nicht verpflichtend und schränkt auch die Nutzung als solche nicht ein, etwa indem dieses für die Installation von Software vorausgesetzt wird. Zudem kann es zumeist kostenfrei heruntergeladen und auf kompatiblen Rechnern installiert werden.
Warum eigentlich ein Office von Microsoft?
Die Dominanz von Microsoft bei Office-Anwendungen lässt sich eigentlich nur mit der Bequemlichkeit der Nutzer erklären. Es ist der Standard in den Büros von Behörden und Unternehmen, und natürlich verfügt es über eine Vielzahl von Funktionen, die dementsprechend bekannt sind.
Der Abschied von Microsoft ist an dieser Stelle dennoch vergleichsweise leicht möglich. Zum einen bieten sich kommerzielle Alternativen, etwa das in Deutschland entwickelte Softmaker Office NX. Das insbesondere auf Smartphones und Tablets beliebte OnlyOffice, das aber auch für klassische Desktop-PCs und Notebooks angeboten wird, wird in Litauen entwickelt.
Auch einer der Klassiker unter den Office-Alternativen, LibreOffice, hat deutsche Wurzeln. Inzwischen dürften sich die Entwickler – ähnlich wie bei Linux – jedoch über die ganze Welt verteilen.
Vom Leistungsumfang folgen sie mehr oder weniger dem, was bei Microsoft geboten wird. Das gilt insbesondere für LibreOffice, das mit Draw sogar ein Publisher-Pendant liefert, und Softmaker, dessen Office NX mit KI-Unterstützung glänzen will-
Photoshop-Philipp findet kaum europäische Alternativen
Auch bei Software für Kreative sind US-amerikanische Entwickler nur auf den ersten Blick übermächtig. Der Platzhirsch ist Adobe. Der Konzern liefert für eine Palette an Werkzeugen, die bei der Bearbeitung von Fotos und der Erstellung von Grafiken fast schon zu einem Standard geworden sind. Mit geschickten Zukäufen wurden Konkurrenten geschluckt oder an den Rand gedrängt, wie Corel aus Kanada. Zuletzt brachte Canva neuen Schwung mit dem Fokus auf das schnellere Erstellen von Layouts für Social Media. Außerdem übernahmen die Australier Affinity, ein weiterer, aus den Vereinigten Staaten stammender Newcomer, der insbesondere mit seinem günstigen Preismodell eingefleischte Adobe-Nutzer zum Wechsel bewegen konnte.
Die Schwierigkeiten für Europäer, die auf US-Software verzichten wollen, sind an dieser Stelle also groß. Eine Möglichkeit sind die einzelnen Programme von Magix zur Bearbeitung von Musik, Videos und Fotos. Sie richten sich zwar vor allem an versierte Hobbyisten. Doch auch professionelle Anwender dürften nicht zu schnell an Grenzen stoßen.
Open Source ist auch bei Bildbearbeitung eine Alternative
Und einmal mehr empfiehlt sich zudem der Blick auf die Open-Source-Entwickler. Als Photoshop-Ersatz drängt sich das Gnu Image Manipulation Program, kurz GIMP, förmlich auf. Es ist nicht nur unter Linux für das Bearbeiten von Fotos gesetzt, sondern steht auch für MacOS und Windows zur Verfügung und muss sich auch dort nicht hinter der Konkurrenz verstecken, auch wenn nicht jede Funktion geboten wird. Es fehlt im Vergleich zum aktuellen Photoshop etwa ein KI-Tool zur Bildgenerierung. Und für die Bearbeitung von Fotos im RAW-Format muss auf zusätzliche Werkzeuge wie Darktable oder RawTherapee zurückgegriffen werden.
Für die Arbeit mit Vektorgrafiken bietet sich an Stelle von Adobes Illustrator das Programm Inkscape, das ebenfalls für Windows zur Verfügung steht. Es bietet einen ähnlich großen Leistungsumfang, allerdings macht eine andere Art der Bedienung den Umstieg nicht ganz einfach. Richtig schlecht sieht es bei alternativen Apps fürs Layout auf. Open-Source-Lösungen wie Scribus können nicht mithalten.
Bei Video-Software dominieren Anbieter aus den USA
Und insbesondere für die professionelle Arbeit mit Bewegtbildern sind die Alternativen zu US-amerikanischen Anbietern begrenzt. Neben Adobes Premiere und Avids Media Composer steht bei Filmschaffenden die Software Final Cut hoch im Kurs, die von Apple bereitgestellt wird. Auch Davinci Resolve, das ebenfalls von einem US-Anbieter stammt, findet bei professionellen Filmschaffenden Anklang.
Wenn die Ansprüche nicht ganz so groß sind, wird die Auswahl größer. Anstelle von Microsofts Clipchamp kann etwa auf OpenShot gesetzt werden. Letzteres bietet im Vergleich zu Anbietern wie etwa Wondershare (Filmora) noch einen weiteren Vorteil. Es kann vollständig kostenfrei genutzt werden und nervt nicht mit der Aufforderung zum Kauf weiterer Funktionen oder anderer Werbung.
Für Animationen und Nachbearbeitungen bietet sich als Alternative zu Adobes After Effects auch Blender. Die Animationssoftware, deren Entwicklung in den Niederlanden begonnen wurde und die mittlerweile unter einer Open-Source-Lizenz steht, ist zudem vor allem bei 3D-Animationen eine Bank und genügt auch den höchsten Anforderungen. Sie ist natürlich in der Bedienung entsprechend komplex.
Klangkünstler werden in Europa fündig
Bei Audio-Software ist die Dominanz US-amerikanischer Softwarehäuser nicht ganz so groß. Hier gehören zwar einmal mehr Adobe mit Auditions und Avid mit Protools zu den großen Anbietern professioneller Studio-Software. Von der Leistungsfähigkeit kann Magix auch an dieser Stelle nicht ganz mithalten. Es gibt aber auch hier einmal mehr ein Angebot aus der Open-Source-Gemeinschaft. Audacity wirkt vielleicht optisch etwas angestaubt, lässt darüber hinaus aber nur wenige Wünsche offen.
Software, die direkt für die Kreation neuer Musikstücke ist, kommt zudem vorrangig aus Europa. Das beginnt mit einfacheren Apps wie Fruity Loops, das in Belgien entwickelt wird. Darüber hinaus sind Steinbergs Cubase sowie Reason aus Schweden weit verbreitet. Bei Live-Auftritten greifen Künstler zudem gerne auf die Software von Ableton oder Traktor DJ von Native Instruments. Beide Unternehmen sind in Berlin ansässig.