Im Auto kurz nach hinten gedreht. Schulterblick vergessen. Nachrichten am Handy beantwortet oder telefoniert. Du sitzt am Steuer und bist schneller für wenige Sekunden abgelenkt, als dir lieb ist. In genau diesen wenigen Sekunden kann sich die Autofahrt in ein tödliches Unterfangen verwandeln und über dein Leben entscheiden. In diesem Moment kommt eCall ins Spiel.
Funktionsweise von eCall
Konzentration und Aufmerksamkeit sind das A und O. Doch moderne Technik kann ebenfalls zu einem sichereren Fahrgefühl verhelfen und die Rettung verunglückter Menschen beschleunigen sowie für alle Beteiligten effizienter gestalten. Seit April 2018 ist es deswegen für alle Neuwagen Pflicht, ein automatisches Notrufsystem integriert zu haben. Das sogenannte „eCall“ – Abkürzung für „emergency call“ – kommt in ganz Europa zum Einsatz und soll für Rettungskräfte die Hälfte der Zeit sparen.
Benötigte Bauteile
Damit das Notrufsystem erfolgreich funktioniert, muss ein Empfänger für GPS- und Galileo-Ortungsdaten im Auto verbaut sein. Außerdem sind eine Mobilfunkantenne und ein Steuergerät mit einer SIM-Karte vonnöten, die fest im Fahrzeug verbaut sind. Für die Sprachverbindung sollte das Fahrzeug außerdem über eine Freisprechanlage verfügen.
Automatischer Notruf bei einem Unfall
Ist das Fahrzeug mit dem Notrufsystem ausgestattet, stellt eCall im Falle eines Unfalls eine Verbindung mit dem nächstgelegenen Rettungsdienst unter der europäisch einheitlichen Notrufnummer 112 her. Sensoren am Auto schlagen Alarm, sobald das Auto ruckartig zum Stehen kommt. Automatisch oder manuell wird dann das Notrufsystem ausgelöst, je nachdem, ob der Fahrer noch in der Lage ist, das System selbstständig auszulösen.
In allen Fällen stellt das System eine Sprachverbindung vom Auto zur Rettungsstelle her, sodass weitere Details übermittelt werden können. Meldet sich der Fahrer nicht, wird die Rettung sofort eingeleitet und die Position des Wagens via GPS an den Rettungsdienst übermittelt. Kommt es zu einer Auslösung der Airbags, setzt das System automatisch einen Notruf ab.
Darüber hinaus besitzt eCall auch einen SOS-Button, der speziell für medizinische Notfälle wie einen Herzinfarkt oder Ähnliches gedacht ist. Der Fahrer oder Beifahrer kann diesen SOS-Knopf aber ausschließlich manuell betätigen.
Übermittelte Daten: Was ist mit dem Datenschutz?
Sobald ein Notruf durch eCall abgesetzt wird, werden sämtliche Informationen zum Unfallort weitergegeben. Dazu zählt nicht nur der Standort des Wagens, sondern auch der Zeitpunkt des Unfalls, die Anzahl der Insassen, die Fahrzeugklasse und ob es sich um ein Benzin-, Diesel-, Gas– oder Elektroauto handelt. Die Fahrzeugidentifizierungsnummer (FIN) gehört ebenfalls zu den Daten, die immer übermittelt werden. Optional können Fahrzeughalter sich dazu entscheiden, weitere Informationen an den Rettungsdienst zu übermitteln. Dazu zählt mitunter die IP-Adresse.
Um deine Daten musst du dir keine Sorgen machen: eCall zeichnet keine Daten auf, sodass auch bei einem Fahrzeugwechsel keine privaten Informationen an den neuen Besitzer weitergegeben werden können. Außerdem wählt sich eCall erst im Falle eines Unfalls in das örtliche Mobilfunknetz ein; drahtlose Notrufe wie beispielsweise per Bluetooth sind nicht möglich. Somit kann man auch kein Bewegungsprofil, sprich wo sich der Fahrer zu welcher Zeit aufgehalten hat, anfertigen. Das System erfasst außerhalb eines Unfalls keine Daten.
Sonderstellung Connected-Systeme
Zu beachten ist allerdings, dass ein Unterschied zwischen dem automatischen Notrufsystem und einem Connected-System, das im Auto integriert ist, zu machen ist. Da das Connected-System auch andere Dienstleistungen erbringen soll, ist es immer in einem Mobilfunknetz eingewählt. In den meisten Fällen erfasst das System also permanent Daten des Fahrers.
Eine Datenspeicherung seitens des Herstellers ist aber nur möglich, wenn du vorab eingewilligt hast. Ein Austausch zwischen dem Connected-System und eCall darf nicht erfolgen.
eCall verpflichtend in Fahrzeugen: Tricks der Hersteller
Obwohl eCall für neue Fahrzeug-Modelle europaweit seit 2018 verpflichtend ist, haben dennoch nur wenige Wagen den automatischen Notruf integriert, wie der ADAC weiß. Das Problem: Neu- und Gebrauchtwagen sind von diesem Gesetz ausgeschlossen. Außerdem gilt die Pflicht nur für neue Typgenehmigungen. Diese wissen Autobauer jedoch zu umgehen, indem sie eigene Notrufmechanismen in die Autos verbauen. Die arbeiten allerdings weniger effizient als das eCall-Notrufsystem, wodurch im Notfall mehr Zeit vergeht. Warum? Der Anruf landet zuerst beim Hersteller anstatt bei der 112.
Weiterhin sind meistens Notrufsysteme der jeweiligen Auto-Hersteller anstelle oder zusätzlich zum einheitlichen eCall verbaut. So geht der Notruf im Zweifelsfall an den Callcenter der Automarke und wird erst dann an den Notruf weitergeleitet. Das könnte im Ernstfall zu Verzögerungen bei der Rettungsaktion sorgen.
eCall selbst einbauen
Fahrzeughalter können das automatische Notrufsystem aber auch nachträglich in ihre Autos einbauen. Dazu benötigt das jeweilige Fahrzeug eine OBD2-Schnittstelle, über die Autos seit dem Jahr 1996 in der Regel verfügen.
Alternativ bietet sich eine Notruflösung über den Zigarettenanzünder an, wie beispielsweise das Stecksystem Call4U von Bosch. Dieser Notrufstecker ist permanent via Bluetooth Low Energy mit dem Smartphone des Fahrers verbunden und besitzt Beschleunigungssensoren, die eine Kollision erkennen können. Registriert das System einen Unfall, verständigt es ebenfalls den Rettungsdienst.
Allerdings sammeln Notrufstecker, wie auch Connected-Systeme, mittels der zugehörigen App Daten. Positiv ist hier jedoch, dass du beispielsweise dein Fahrverhalten in der App auswerten und ansehen kannst.
eCall deaktivieren
Das automatische Notrufsystem kannst du selbst, als Fahrzeughalter, nicht deaktivieren. Der Grund dafür ist einfach: Der automatische Notruf ist im Bord-System verankert und für Laien nicht zugänglich.
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