Dass Preise schwanken, ist nichts Ungewöhnliches. Je stärker der Preis eines Produkts schwankt, desto volatiler wird der Markt dafür angesehen. Zugleich werden diese Preisschwankungen jedoch seit Langem als Gelegenheit wahrgenommen, um Geld zu verdienen. In den meisten dieser Märkte gibt es jedoch keine Chance, dafür Geld zu bekommen, dass man etwas kauft. Mit dem Strom und der Situation der Stromnetze in Deutschland sieht das anders aus. Wer im richtigen Moment Strom aus dem Netz nimmt, erhält ihn nicht nur für einen günstigen Preis. Stattdessen winkt sogar eine Vergütung dafür, den Strom an sich zu nehmen, der sich zu einem anderen Zeitpunkt weiterverkaufen lässt.
Stromspeicherung als neue Einnahmequelle
Die Kosten für Stromspeicher sind günstiger denn je. Gleichzeitig stehen mehr Technologien zur Verfügung, die als weniger belastend für die Umwelt eingestuft werden. Das gilt beispielsweise für Natrium-Ionen-Batterien, die sich bereits als günstige Alternative für groß dimensionierte Stromspeicher anbieten. Erst kürzlich ging ein 10-Megawattstunden-Speicher in China ans Netz. In Österreich und Deutschland sind längst weitere Projekte geplant, die als große Zwischenspeicher fungieren sollen. Dabei werden diese Anlagen selten vom Staat finanziert oder bezuschusst. Die meisten der großen Speichersysteme entstehen durch private Betreiber oder Netzbetreiber, die die Grundstücke alter Atomkraftwerke einem neuen Zweck zuführen.
Damit Betreiber dieser Anlagen nicht mehrfach Abgaben zahlen, hat die Bundesregierung erst kürzlich trotz Widerstand der Union und AfD die Befreiung der doppelten Netzentgelte bis 2029 verlängert. Dadurch kann die Stromspeicherung zurzeit ein noch lukrativeres Geschäftsmodell darstellen. Wer beispielsweise Strom dann aus dem Netz zieht, wenn er besonders günstig ist oder zu negativen Preisen angeboten wird, kann ihn zu einem späteren Zeitpunkt deutlich teurer verkaufen. Angesichts der zunehmenden Menge an Stunden, in denen die Strompreise in Deutschland negativ ausfielen, ist das Potenzial für Gewinnmargen hoch. Allein im kompletten Mai waren es bereits 78 Stunden mit negativen Strompreisen in Deutschland. Man geht davon aus, dass sich die Anzahl dieser Negativstunden zukünftig noch erhöhen wird. Zum Vergleich: Im kompletten Jahr 2023 wurden 301 Stunden mit negativen Strompreisen erreicht. Mehr als ein Viertel dieser Menge hatten wir nun bereits im Mai, obwohl der Mai keineswegs der hellste Monat des Jahres ist.
Stromkunden könnten doppelt von Speicherung profitieren
Für dich kann ein dynamischer Strompreis eine vielversprechende Möglichkeit sein, selbst von den negativen Strompreisen zu profitieren. Du kannst den Verbrauch dabei nicht nur bewusst in Zeiten lenken, in denen Strom günstig verfügbar ist. In negativen Phasen kannst du ebenfalls Geld verdienen, in dem du die Energie aus dem Netz nimmst. Natürlich sind die Gewinnmargen hier jedoch deutlich geringer als bei großen Speicheranlagen. Doch selbst, wenn du bei deinem klassischen Stromtarif bleibst, kann dir der Ausbau von Speichersystemen zugutekommen. In dem die Stromspeicher mehr Strom bevorraten, kann mehr des Stroms genutzt werden, den Windräder und Solaranlagen liefern. Das sorgt nicht nur für insgesamt mehr grünen Strom bei gleicher Menge an bisheriger Erzeugungseinheiten. Zugleich reduzieren sich dafür auch die Abregelungen von Windrädern, die für Netzbetreiber zurzeit mit hohen Entschädigungssummen verbunden sind. Diese Entschädigungen trägst am Ende du als Kostenanteil in den Netzentgelten.
Eine bessere Nutzung der verfügbaren Strommengen mit einer gut organisierten Stromspeicherung hätte somit Vorteile für jeden beteiligten Akteur. Denn selbst, wenn der Strom sich anschließend nicht auf Höchstpreisen verkaufen lässt, würde der Speicherbetreiber dank der günstigen Bezugspreise noch immer ordentliche Gewinne verbuchen. Zugleich würden die Stromnetze in Hochphasen effektiv entlastet, während in Phasen mit geringer bis keiner Produktion erneuerbarer Energien weiterhin grüner Strom bereitstünde.