Bevor wir zu den Positionen der Parteien zur Bundestagswahl kommen, wollen wir dir mit auf den Weg geben, welche Aussagen in diesem Artikel eine Rolle spielen. Zunächst einmal haben wir uns mit den verabschiedeten Wahlprogrammen oder, sofern diese noch nicht final vorlagen, mit den Entwürfen beschäftigt. Hier haben wir alle Aussagen rund die Themen E-Auto, Tempolimit und Ladesäulen. Aus den unterschiedlich langen Passagen in den Wahlprogrammen haben wir anschließend die Kernaussagen für dich herausgearbeitet. Wichtig: Wir haben uns bewusst dagegen entschlossen, die Aussagen der Parteien journalistisch einzuordnen. Die Reihenfolge richtet sich nach dem Abschneiden der Parteien bei der Wahl 2021, ergänzt um das BSW, das wir aufgrund der Umfragewerte aufgenommen haben.
Die Bundestagswahl 2025 rückt näher, und die Parteien präsentieren ihre Konzepte für eine nachhaltige Mobilität der Zukunft. Hier sind die wichtigsten Positionen zu den Themen Elektromobilität, Tempolimit und Ladesäulen für das E-Auto im Überblick.
SPD: Förderung der Elektromobilität und klare Haltung zum Tempolimit
Die SPD sieht in der Elektromobilität die Zukunft des Autos und will sie umfassend fördern. Dabei stehen vor allem soziale Aspekte im Fokus. „Das Laden an öffentlichen Ladesäulen muss in Zukunft so einfach wie das Tanken und auch günstiger werden“, heißt es im Programm. Die SPD plant eine Schnellladesäulen-Offensive an Tankstellen, Autobahnen und Supermärkten. „Wer suggeriert, dass Verbrenner mit E-Fuels die Lösung seien, macht Autos nur noch für Spitzenverdienende erschwinglich.“
Auch der Kauf von E-Autos soll stärker angekurbelt werden – durch Steueranreize, die sich besonders an Haushalte mit mittlerem und geringem Einkommen richten. Ein pauschaler Steuerabzugsbetrag soll den Neuwagenkauf erleichtern, während Leasingmodelle und der Erwerb von jungen Gebrauchtwagen ebenfalls unterstützt werden. Bis 2035 soll es keine Kfz-Steuer für E-Autos geben.
Beim Tempolimit zeigt sich die SPD entschieden: Sie fordert ein generelles Limit von 130 km/h auf Autobahnen. „Ein Tempolimit bringt so viele Vorteile, dass man fast gar nicht begründen kann, es nicht einzuführen“, argumentiert die Partei. Neben Umweltschutz und Sicherheit steht auch die Stressreduzierung im Verkehr im Vordergrund.
Union: Technologieoffenheit und Ablehnung eines Tempolimits
Die Union sieht die individuelle Mobilität als „Inbegriff von Freiheit“ und lehnt ein generelles Tempolimit sowie das Verbrennerverbot ab. Sie will das Verbot rückgängig machen. Stattdessen setzt die Partei auf Technologieoffenheit. Neben der Elektromobilität sollen auch alternative Antriebe wie E-Fuels, Wasserstoff und Biokraftstoffe eine Rolle spielen. „Mit synthetischen Kraftstoffen können Verbrenner einen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele leisten – gerade bei der Bestandsflotte.“
Die Ladeinfrastruktur für E-Autos will die Union ebenfalls ausbauen, betont jedoch, dass dies „angemessen“ geschehen müsse. Eine klare Verpflichtung für Schnellladesäulen an Tankstellen, wie von anderen Parteien gefordert, wird nicht erwähnt. Stattdessen steht der Erhalt der Automobilindustrie als Leitbranche im Vordergrund.
Grüne: Nachhaltigkeit und sozial ausgewogene Förderung
Die Grünen sehen die Elektromobilität als zentralen Baustein der Klimaneutralität und wollen den Hochlauf durch gezielte Förderung beschleunigen. „Global ist der Wettbewerb zwischen Verbrenner und E-Autos längst entschieden“, betont die Partei. Förderprogramme sollen dabei an soziale und ökologische Standards gekoppelt werden: Nur Produkte, die in Europa unter hohen Standards hergestellt werden, sollen unterstützt werden.
Für Menschen mit geringeren Einkommen planen die Grünen ein „Social-Leasing-Programm“ und staatliche Unterstützung beim Erwerb verbrauchsarmer E-Autos. Überhöhte Preise an Ladesäulen sollen durch Verbraucherschutzmaßnahmen bekämpft werden, um Strom bezahlbar zu halten.
Beim Tempolimit plädieren die Grünen für eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 130 km/h auf Autobahnen. Deutschland sei das einzige Land, das „unbegrenztes Rasen“ erlaube, was Menschenleben und Umwelt schade. Sie sehen darin ein wichtiges Mittel für mehr Sicherheit und Klimaschutz.
FDP: Kein Tempolimit und Blick auf andere Kraftstoffe
Die FDP bekennt sich zur Förderung individueller und bezahlbarer Mobilität und lehnt ein generelles Tempolimit auf Autobahnen ab. Statt Verbote einzuführen, setzt die Partei auf ausgewogene Regelungen, die ein respektvolles Miteinander aller Verkehrsteilnehmer gewährleisten. „Ein faires Miteinander aller
Verkehrsteilnehmer – ob Auto, Motorrad, Fahrrad, E-Scooter oder Fußgänger – erreichen wir nicht
durch Verbote, sondern durch ausgewogene Regeln und gegenseitigen Respekt.“
Ein zentrales Anliegen der FDP ist die Förderung technologischer Freiheit in der Verkehrspolitik, sodass alternative Kraftstoffe wie E-Fuels und die Weiterentwicklung von Wasserstofftechnologien eine Rolle spielen können. Die FDP fordert die Abschaffung der EU-Flottengrenzwerte und eine grundsätzliche Überarbeitung der Emissionsvorgaben für Autos, um mehr Flexibilität für die Industrie zu schaffen und Arbeitsplätze zu sichern. Die Partei setzt sich für die Gleichstellung von Elektromobilität und klimaneutralen Kraftstoffen bei Regulierung, Besteuerung und Förderung ein.
Weiterhin möchte die FDP das autonome Fahren als zukunftsweisende Technologie vorantreiben, die Zulassung automatisierter Fahrsysteme erleichtern und den Führerschein sowie die Berufskraftfahrerqualifikation durch eine Reform der Ausbildung und Prüfungsmodalitäten günstiger und zugänglicher machen. Die Partei fordert zudem die Digitalisierung des Führerscheins und der Fahrzeugpapiere, um Bürokratie abzubauen und die Verwaltung zu vereinfachen. Begleitetes Fahren soll es schon ab 16 Jahren geben.
AfD: Ende der E-Mobilitätsförderung, kein Tempolimit
Die AfD erkennt die strategische Bedeutung der deutschen Automobil- und Zulieferindustrie, insbesondere des Mittelstands, der für viele Arbeitsplätze verantwortlich ist. Insbesondere die metallverarbeitende Industrie ist auf den Fortbestand des Verbrennungsmotors angewiesen. Daher fordert die AfD die Bundesregierung auf, eine technologieoffene Gesetzgebung auf nationaler und europäischer Ebene zu schaffen, wie es im Entwurf zum Wahlprogramm heißt. „Die heutige
einseitige Bevorzugung von Elektromobilität ist sofort zu stoppen, ebenso die Finanzierung der Ladeinfrastruktur fürs E-Auto aus öffentlichen Mitteln. Diese kann aufgrund unzureichender Stromkapazitäten und Infrastruktur nicht flächendeckend umgesetzt werden. Zudem belastet die Batterieproduktion die Umwelt stärker als der Verbrennungsmotor, heißt es weiter. Die AfD lehnt eine „ideologische Verbotspolitik“ ab und fordert eine zukunftsfähige, technologieoffene Mobilitätspolitik. Wenn die EU-CO2-Reduktionsvorgaben im Verkehrssektor nicht zu verhindern sind, sind synthetische Kraftstoffe als Treibstoff für Verbrennungsmotoren zu berücksichtigen. Diese Fahrzeuge sollen hinsichtlich der Steuerlast mit Elektrofahrzeugen gleichgestellt werden, sowohl was den Energieträger als auch das Fahrzeug insgesamt betrifft.
Die AfD setzt sich für eine Entlastung der Bundesautobahnen ein und möchte den Transitverkehr verstärkt auf die Schiene und Wasserwege verlagern. Ein generelles Tempolimit auf Autobahnen lehnt sie ab. Stattdessen sollen effiziente Maßnahmen zur Sanierung von Autobahnen und Brücken ergriffen werden. Dies umfasst auch die Abschaffung der Umweltverträglichkeitsprüfung bei Ersatzbauten. Zusätzlich fordert die AfD mehr Lkw-Parkplätze, die konsequente Anwendung bestehender Lkw-Überholverbote und eine Rücknahme der CO2-bezogenen Erhöhung der Lkw-Maut, um den Warenverkehr nicht unnötig zu verteuern. Das Netz der multimodalen Güterverkehrszentren, welche Straße, Schiene und Wasserwege verbinden, soll ausgebaut und die Sanierung des vernachlässigten Bundeswasserstraßennetzes vorangetrieben werden.
Die Linke: Weniger Individualverkehr und klimafreundliche Verkehrspolitik
Die Linke sieht die Krise der deutschen Automobilindustrie als eine Folge der Fehlplanungen und falschen Produktstrategien der Automobilkonzerne, die jahrelang Gewinne auf Kosten der Beschäftigten und des ökologischen Umbaus erzielt haben. Die Partei fordert einen nachhaltigen Umbau der Industrie, der sowohl soziale Gerechtigkeit als auch ökologische Verantwortung berücksichtigt. Die Umstellung auf E-Autos und alternative Kraftstoffe wie E-Fuels und Wasserstoff wird von der Linken als unzureichend angesehen. Stattdessen fordert sie einen umfassenden Umbau der Mobilität hin zu weniger Individualverkehr und einen stärkeren Fokus auf den Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel.
Die Linke fordert eine grundlegende Reform der Kfz-Steuer, die große und schwere Fahrzeuge höher besteuert, um unnötigen Individualverkehr zu verringern. Die öffentliche Hand soll eine Vorreiterrolle bei der Förderung von Elektromobilität übernehmen und künftig nur noch E-Fahrzeuge beschaffen.
BSW: Mischung der Technologien, Rücknahme des Verbrennerverbots
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) fordert eine ausgewogene Klima- und Umweltpolitik, die den Klimawandel ernst nimmt, jedoch nicht in planlosem Aktivismus mündet. Die übermäßige Fokussierung auf stromintensive Technologien wie das Elektroauto wird als unrealistisch angesehen, da es noch keine ausreichenden Konzepte für eine klimaneutrale Stromversorgung für Millionen von Fahrzeugen gibt und E-Autos für viele Menschen unerschwinglich bleiben. Stattdessen setzt der BSW auf eine sinnvolle Mischung verschiedener Technologien, die eine klimafreundliche Mobilität ermöglichen, ohne dabei die Bürger finanziell zu überfordern.
Der BSW fordert die Rücknahme des Verbrennerverbots sowie des Heizungsgesetzes, da dies als ungerecht und ineffizient angesehen wird. Die Partei setzt sich für die Förderung innovativer Antriebstechnologien und sparsamerer Verbrennermotoren ein. Sie fordert zudem, dass die Forschung und Entwicklung in Deutschland vorangetrieben wird, um führend bei den Technologien der Zukunft zu bleiben und die Wettbewerbsfähigkeit der Autoindustrie zu sichern.
Fazit: Wer will was beim E-Auto?
Die Diskussion um die Zukunft der Mobilität und das E-Auto in Deutschland spiegelt die vielfältigen Interessen und Prioritäten der politischen Parteien wider. Während die Grünen eine konsequente Umstellung auf nachhaltige Mobilitätsformen und die Förderung von Elektromobilität sowie des öffentlichen Nahverkehrs fordern, setzen CDU und CSU auf eine ausgewogene Kombination aus Förderung neuer Technologien, wie Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe sowie dem Ausbau der Infrastruktur für alle Verkehrsträger. Die SPD betont den sozialen Aspekt der Mobilitätswende und strebt eine gerechte Transformation an, die sowohl Arbeitnehmer schützt als auch ökologische Ziele erreicht.
Die AfD kritisiert die aktuelle Fokussierung auf Elektromobilität als ideologisch und setzt auf eine technologieoffene Herangehensweise, die den Verbrennungsmotor sowie alternative Kraftstoffe berücksichtigt. Sie fordert pragmatische Lösungen, um die Verkehrswege zu entlasten und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie zu sichern. Die FDP wiederum sieht in technologischer Freiheit und Innovation den Schlüssel zur Mobilitätswende und lehnt restriktive Maßnahmen wie ein generelles Tempolimit ab. Sie möchte sowohl die Elektromobilität als auch klimaneutrale Alternativen fördern, um die Vielfalt der Antriebstechnologien zu erhalten.
Die Linke fordert eine radikale Abkehr von der Dominanz des Individualverkehrs und setzt auf einen umfassenden Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs sowie eine stärkere Regulierung großer und schwerer Fahrzeuge. Für sie steht die soziale und ökologische Verantwortung im Zentrum. Das BSW hingegen plädiert für einen realistischen und finanzierbaren Ansatz, der Bürger nicht überfordert und auf eine sinnvolle Mischung aus verschiedenen Antriebstechnologien setzt, ohne dabei die Wettbewerbsfähigkeit der Autoindustrie zu gefährden.
Die Debatte zeigt: Die Zukunft der Mobilität in Deutschland erfordert einen Balanceakt zwischen Ökologie, Wirtschaftlichkeit und sozialer Gerechtigkeit. Es ist entscheidend, innovative Technologien zu fördern, ohne bestehende Strukturen zu gefährden, und gleichzeitig die Mobilität für alle erschwinglich, nachhaltig und zukunftssicher zu gestalten. Die Herausforderungen sind groß, doch in der Vielfalt der Ansätze liegt auch eine Chance, eine langfristig tragfähige Lösung zu finden.