Augmented Reality (AR) ist in der Technikbranche ein alter Hut und mindestens, solange wie die ersten Prototypen existieren, gibt es eine Kritik: Das braucht der Normalbürger nicht. Und ja, gleich vorneweg: Mit diesem Vorurteil wird Vodafone mit der Mega-Kooperation nicht aufräumen können. Denn es geht wieder nicht um den großen Durchbruch, sondern einmal mehr um eine Nische. Doch ist das schlimm? Nein, denn es ist wieder ein Schritt, der AR, also die sogenannte erweiterte Realität, dem Massenmarkt in einem Bereich zugänglicher macht.
Vodafone Giga-AR – Das ist es
Das Produkt der Kooperation ist eine Koch-App, die dir beim Essen bereiten Videos, Rezepte und den Koch Steffen Henssler als 3D-Avatar in deine heimische Küche einblendet. Der Vorteil ist klar: Du hast die Hände frei und kannst auch ohne Tablet, Bluetooth-Box und digitale Assistenten dein Essen mit Anleitung kochen.
Die Hardware kommt dabei vom chinesischen Hersteller Nreal. Die Brille Nreal Light besteht aus einem System aus Kameras, Sensoren und Bildschirmen. Das lässt dich normal sehen und verknüpft das mit eingeblendeten Informationen. Der Effekt: Die virtuelle und die reale Welt verschmelzen. Das ist AR wie man es kennt. Die Brille selbst ist dabei gar nicht so neu und wurde in ihrer Grundform schon 2019 vorgestellt. Sie bietet pro Auge eine 1080p-Auflösung, Lautsprecher in den Bügeln und eine Vorbereitung für optisch geschliffene Gläser, wenn du keine Kontaktlinsen tragen willst.
Die Software kommt zu einem großen Anteil von der ZDF-Tochter ZDF Digital. Hier wurde der Koch Steffen Henssler für die App dreidimensional eingescannt und agiert darin nicht nur als Video-Vorkocher, sondern auch als Avatar in 3D, der dir Tipps und Tricks zum aktuellen Arbeitsschritt gibt.
Bei den Rezepten bedient sich Vodafone an dem Fundus von Kitchen Storys, dem nächsten Kooperationspartner. Zumindest bei der Präsentation der neuen Anwendung bedient sich Vodafone noch an einem weiteren Partner: Das Oppo Find X2 liefert die Rechenpower, die Energie und die Anbindung ans Heimnetz für die Brille. Sie kann nämlich ohne ein Kabel zu einem Handy praktisch nichts.
Wie kocht es sich mit Nreal-Brille auf der Nase?
Die Brille von Nreal ist erstaunlich leicht und drückt trotzdem erstaunlich sehr an so mancher Stelle am Kopf. Je nach Physiognomie des Trägers kann das schon mal an den Ohren der Stirn oder den Schläfen sein. Du solltest also die Brille dringend persönlich anprobieren, bevor du zuschlägst.
Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase lässt sich die Steuerung flott erledigen. Entweder du nutzt das angeschlossene Smartphone als virtuellen Zeiger oder du steuerst durch die Kochvideos per Blickrichtung. Dann musst du den Curser etwas länger auf den betreffenden Buttons ruhen lassen. Dann folgt automatisch der „Klick“ auf beispielsweise sie Stummtaste oder den Play-Button.
Hast du dein Rezept ausgewählt, wird dir per Video Schritt für Schritt erklärt, was zu tun ist. Dabei kannst du die Einblendungen im Raum dorthin legen, wo du willst. Das hat den Vorteil, dass du dein Rezept außerhalb des Kochumfelds legen kannst und es so nicht über deiner Arbeitsfläche liegt und dir die Sicht behindert. Wie bei einem echten Rezept „liegt“ es also neben dem Arbeitsbereich.
Das Kochen klappt dann sozusagen in Echtzeit mit dem Video. Das Problem: Du musst schon alles vorbereitet haben. Es bleibt also keine Zeit zum Abmessen der Gewichte oder das Schnippeln in nicht Profi Geschwindigkeit. Doch hier kannst du ja das Video per Kopfdrehung anhalten. Wie man es von Videostreaming-Plattformen kennt, kann man das Video in 15-Sekunden-Schritten Vor- und Zurück-Tippen. Hilfreich ja, doch vergehen locker 5 Sekunden, bevor man den Befehl umsetzen kann. Also musst du meistens zweimal virtuell drücken. Das kann nervenaufreibend sein.
Ebenso ärgerlich ist die eingeschränkte Sicht mit der Brille. Klar, irgendwohin muss die virtuelle Information gespiegelt werden. Und diese Fläche ist stark abgedunkelt. Wenn dort also keine virtuelle Information ist, ist der Blick auf dein Kochwerk auch trotzdem nicht ungetrübt.
Vodafone Giga VR kommt bald
Vodafone will ein seine Idee von Augmented Reality im Bundle für die Masse anbieten. Das wird in wenigen Wochen erfolgen. Die App zum Bundle gibt es ab dem 1. April. Apple-Nutzer schauen dabei in die Röhre. Die Brille benötigt nämlich einen USB-Typ-C-Slot im Smartphone. Zum Start ist das Oppo Find X3 kompatibel mit App und Brille, weitere Modelle sollen jedoch folgen. Die Nreal-Brille selbst kannst du ab dem 18. März bestellen.
Fazit
Vodafone bringt die Nreal-Brille mit einem Konglomerat an Partnern und einem zentralen Thema auf den Markt: Kochen. Das ist nur ein Anwendungsfall und zeigt nicht, was die Nreal wirklich kann. Denn mit ihr ist viel mehr möglich. Doch damit sie sich im Alltag durchsetzen kann, muss noch ein bisschen was passieren.
Die Steuerung gelingt noch nicht flüssig genug und die Optik der Brille ist gewöhnungsbedürftig. Dazu ist der dunkle Balken, der ständig im Blickfeld ist, zu groß für eine Anwendung außerhalb des Hausgebrauches. Während die Macher bei der Software noch nachlegen werden, sind die Hardware-Einschränkungen nicht trivial korrigierbar. Hier empfehlen wir auf die nächste Generation an AR-Brillen zu warten. Technik-Begeisterten Köchen mit Hang zum Extravaganten kann die Nreal mitsamt der Koch-Funktion aber empfohlen werden.
Top
- Bildschärfe
- frei wählbare Anordnung der Einblendungen
- Kompatibilität mit fast allen Android-Apps
- Kompatibilität mit USB-C
Flop
- Ton zu leise
- noch instabile Steuerungsdetails
- Optik der Brille
- bisher eingeschränktes Einsatzfeld
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