Vodafone im Interview: Das sind die Konsequenzen für Schwarzseher

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Es sind die wichtigsten Wochen des Jahres für Vodafone. In wenigen Tagen endet das Nebenkostenprivileg. In einem Interview schildert uns Vodafone, wie sich der Kabelanbieter darauf vorbereitet und welche Konsequenzen Schwarzsehern wirklich blühen.
TV-Anschluss von Vodafone: Wichtige Wochen für den Kabelanbieter
TV-Anschluss von Vodafone: Wichtige Wochen für den KabelanbieterBildquelle: Thorsten Neuhetzki / inside digital

Am 1. Juli endet etwas, das in Millionen Haushalten selbstverständlich war: das Nebenkostenprivileg. Das bedeutet, dass Kabelanbieter das Privileg hatten, einen Rahmenvertrag mit einem Vermieter zu schließen, der die Kosten für das TV-Signal auf alle Bewohner umlegen konnte – ob diese wollten oder nicht. Damit ist nun Schluss. Das bedeutet für jeden Haushalt, dass er sich selbst um sein TV-Signal kümmern muss. Und für die Kabelanbieter bedeutet es, dass sie Gefahr laufen, Millionen Kunden und Umsätze zu verlieren, wenn sie die Kunden nicht erreichen und diese sich für ein anderes TV-Signal entschieden. Wir haben mit Marc Albers, dem kommissarischen Privatkunden-Chef bei Vodafone über die Herausforderungen und Chancen gesprochen. Vodafone ist nach den Übernahmen von Kabel Deutschland und Unitymedia der größte deutsche Kabel-TV-Anbieter.

TV-Nutzer wissen oft nicht, wer das TV-Signal liefert

inside digital: Es gibt Medienkollegen, die Schreiben in Bezug auf den 1. Juli vom Independence Day, weil der Mieter unabhängig vom Zwangs-Kabel-TV wird. Für Vodafone ist es vermutlich gerade der Final-Countdown kurz vor dem Stichtag. Wo steht Vodafone ein Monat vor dem Tag X und wie groß ist für Sie die Bedeutung genau dieses Tages, des 1. Juli?

Marc Albers: Der 1. Juli 2024 ist für uns ein wichtiger Tag. Denn es gibt eine gesetzliche Vorgabe – die Übergangsfrist endet. Das heißt, alle internen Projekte im Kontext des Wegfalls der Umlagefähigkeit von Kabel-TV sind auf dieses Datum ausgerichtet.

Aber wir haben uns schon weit vorher mit der Gesetzesänderung beschäftigt. So hatten wir den Gedanken, unsere Kabel-Internet-Produkte enger mit TV zu verzahnen schon länger. Die Tarife umzustellen und TV zu einem Bestandteil unseres Internet-Angebotes zu machen, wurde durch die Gesetzesänderung nur noch beschleunigt. Deswegen bekommen Kabel-Internetkunden bei Vodafone in unseren Breitband-Tarifen jetzt den Basis-Kabelanschluss kostenlos dazu.

Die größte Herausforderung, mit der wir zu kämpfen haben, ist, dass die Kunden, die Fernsehen über ihre Miet-Nebenkosten bezahlen, keine Vertragsbeziehung zu uns haben. Sie nutzen die Kabeldose in ihrer Wohnung, wissen aber in vielen Fällen gar nicht, wer das TV-Signal liefert. Für einige Mieter sind wir auch bis heute noch Kabel Deutschland oder Unitymedia. Beide Marken gibt es jedoch seit Jahren nicht mehr.

Diese Kunden zu informieren, ist eine Aufgabe, mit der wir uns seit vielen Monaten beschäftigen.
Aber natürlich ist am 1. Juli nicht alles vorbei und es ist kein Stichtag, an dem wir sagen: „Jetzt sperren wir die Anschlüsse von den Kunden, die sich bisher nicht gemeldet haben.“ Natürlich geben wir Kunden auch im Verlauf des Jahres noch eine Chance, sich für Vodafone zu entscheiden. Das Projekt läuft also auch über den 1. Juli hinaus weiter.

Vodafone-Techniker schalten Anschlüsse gezielt ab

inside digital: Was ändert sich denn dann am 1. Juli ganz konkret für den Zuschauer, der nicht reagiert. Bleibt der Bildschirm schwarz?

Marc Albers: Das ist er für einige Zuschauer, bei denen die Vertragsverhältnisse schon ausgelaufen sind, bereits geworden. Hier haben uns die Kunden oder die Vermieter gesagt, sie wollen unser TV-Angebot nicht weiter nutzen und wir haben als Konsequenz in vielen Städten erste Abschaltungen vorgenommen.
Bis zum 1. Juli werden wir jeden Kunden mindestens einmal kontaktiert haben, der betroffen ist. Es folgt auch noch ein zweiter oder dritter Brief. Das heißt, wir geben auch über den 1. Juli hinaus den Kunden die Chance, zu reagieren. Erfolgt auch dann keine Reaktion, sperren wir zielgerichtet die TV-Anschlüsse.
Diese Abschaltung erfolgt, das ist kein Geheimnis, nicht per Knopfdruck aus der Unternehmenszentrale, sondern durch Techniker vor Ort. Dafür planen wir entsprechende Ressourcen ein.

Vodafone-Manager Marc Albers (links) im Gespräch mit inside digital Redakteur Thorsten Neuhetzki
Vodafone-Manager Marc Albers (links) im Gespräch mit inside digital Redakteur Thorsten Neuhetzki

inside digital: Das bedeutet, bis Ende des Jahres ist aus Ihrer Sicht jeder Kabelanschluss nach Möglichkeit entweder einem zahlenden Vertrag zugeordnet oder die Leitung wurde abgeschaltet?

Marc Albers: Wir möchten möglichst wenige Kunden abschalten, sondern sie vielmehr von unseren Angeboten überzeugen. Das machen wir einerseits über unseren neuen Mieter-Tarif „TV Connect Start“ für Basis-TV und anderseits mit unseren neuen GigaZuhause-Tarifen, bei denen Internet und TV kombiniert sind. Wenn sich ein Kunde für Internet per Kabel entscheidet, braucht er gar nicht mehr über den TV-Anschluss nachdenken, denn Fernsehen ist ein Bestandteil des Breitband-Tarifs. Damit machen wir es den Kunden wesentlich einfacher als bisher.

inside digital: Kabel-Fernsehen wurde in den 1980ern etabliert. Sie selbst sprechen davon, dass jene Kunden, die Kabel-Fernsehen buchen, eher die TV-Puristen seien. Was spricht aus Ihrer Sicht für einen – mit Verlaub – unintelligenten Kabelanschluss mit vielen SD-Programmen, wenn es für einen ähnlichen monatlichen Betrag bei Mitbewerbern wie Zattoo oder waipu.tv hunderte Sender in HD samt Aufnahme und Restart-Funktion gibt?

Marc Albers: Viele Kunden wollen einfach nur, dass alles so bleibt, wie es ist. Sie wollen nur eine Fernbedienung nutzen, keine Apps installieren oder updaten sowie keinen Sendersuchlauf durchführen. Es soll einfach alles nur funktionieren. Das tut es, denn das Kabelnetz hat ja beim TV auch technisch Vorteile. Das heißt, wenn das Internet mal ausfallen sollte, dann sind Anbieter von Internetfernsehen davon indirekt auch betroffen und der Kunde kann nicht mehr fernsehen. Das Kabel-Fernsehen liefert das Signal kontinuierlich. In der Marktforschung sehen wir, dass die Stabilität des Kabelfernsehens für viele Mieter sehr wichtig ist.

Aber auch wir bieten mit GigaTV eine Lösung für jene an, die etwas anspruchsvollere Erwartungen haben und denen eine größere HD-Auswahl und eine Aufnahme- und Restart-Funktion wichtig sind.
Es sind unterschiedliche Ansätze und Lösungen, die sich an den Bedürfnissen von Kunden orientieren. Den schon so oft prognostizierten Abgesang des linearen Fernsehens, gibt es nicht. Den TV-Puristen ist der Tatort um 20.15 Uhr immer noch wichtig.

Ohne Gegenwert gibt es auch keine Leistung

inside digital: Sie haben vor einigen Wochen in einem Interview mit der Wirtschaftswoche gesagt, sie werden ihren Kunden zeigen, dass Schwarzsehen Konsequenzen hat. Haben Sie vor, entsprechende Nutzer mit einer Strafgebühr oder einer Anzeige zu belegen?

Marc Albers: Nein, die Konsequenz ist die Abschaltung des TV-Signals. Wir sind ein Wirtschaftsunternehmen. Wir erbringen eine Leistung. Dafür möchten wir auch einen Gegenwert bekommen. Ist das nicht der Fall, dann gibt es eben auch keine Leistung mehr.

inside digital: Sie haben es selbst gesagt: Sie können die TV-Leitungen nicht per Mausklick ein- und ausschalten. Techniker müssen in jedem einzelnen Haus die Leitungen abklemmen, wenn sie nicht genutzt werden. Rechnet sich dieser personelle Aufwand am Ende des Tages? Schlimmstenfalls muss ihr Techniker einige Tage später erneut hinfahren und einen Kabelanschluss wieder anklemmen, wenn er gebucht wurde.

Marc Albers: Der Techniker hat ja nicht nur den Auftrag, eine Leitung in einem Haus abzuschalten. Unsere Techniker sind täglich bundesweit in allen Städten und auf dem Land im Einsatz, um Internetleitungen für Kunden zu schalten, Störungen zu beheben oder Wartungsarbeiten durchzuführen. Zusätzlich zu diesen Aufträgen bekommt ein Techniker die Sperrung eines TV-Anschlusses in sein Auftragsbuch geschrieben, wenn er irgendwo unterwegs ist, wo eine TV-Sperrung vorgenommen werden soll. Da viele Vertragsverhältnisse zum 1. Juli enden, kann das auch während der Fußball-EM passieren. Nochmals: Wir gehen bei Sperrungen punktuell, überlegt und zielgerichtet vor.

Wird Kabel-Fernsehen genutzt, ohne dass ein Vertrag besteht, liegt eine ungerechtfertigte Nutzung vor. Wir schützen deshalb die durch uns erbrachte Leistung. Alles andere wäre nicht wirtschaftlich.

inside digital: Können Sie sicherstellen, dass hier nicht aus Versehen Leitungen von Internetkunden oder zahlenden TV-Kunden mit abschalten, wenn der Techniker in einem Haus Leitungen abschaltet?

Marc Albers: Ja, wir gehen sehr zielgerichtet vor. Wir wissen in vielen Fällen sehr genau, welche Wohneinheit welche Leistung gebucht hat.

inside digital: Haben die bisherigen Abschaltungen zu Anrufen von Kunden geführt, die dann doch den Kabelanschluss wieder gebucht haben, sodass sie diesen reaktivieren mussten?

Marc Albers: Klar. Aber wir versuchen ja, dass es gar nicht erst so weit kommt. Deswegen nennen wir auch ein Deaktivierungsdatum im Verlauf der Kundenkommunikation. Dennoch wird es immer Kunden geben, die wir nicht erreichen oder die unsere Informationen nicht wahrnehmen und dann von der Sperrung überrascht sind. Entscheidet sich der Kunde dann wieder für Vodafone, entsperren wir den Anschluss so schnell es geht.

inside digital: Vielen Dank für das Gespräch!

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