Theo Döllmann, Geoinformatikstudent aus Tübingen, entwickelte die Website und App „Bahn-Vorhersage“. Gestartet hat das Projekt bereits 2019, als Theo Döllmann und sein damaliger Projektpartner diese Idee für den Bundeswettbewerb künstliche Intelligenz 2019 planten. Das Ziel dahinter ist, die Verlässlichkeit von Zugverbindungen innerhalb Deutschlands vorherzusagen – ganz ohne Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn. Das System bewertet die Wahrscheinlichkeit, mit der Reisende ihren Anschlusszug erreichen. So entstehen für Reisende wertvolle Entscheidungshilfen für die Reiseplanung. Dafür hat der Entwickler nicht nur die Prognose über die Verspätung selbst entwickelt, sondern auch über die tatsächliche Umsteigezeit und die tatsächliche Wahrscheinlichkeit, einen Anschlusszug noch rechtzeitig zu erreichen.
Mehr als nur Verspätungen: Die Anschlusssicherheit im Blick
Die Bahn-Vorhersage bietet dir die Möglichkeit, berechnen zu lassen, ob eine Zugverbindung sinnvoll ist und zu wie viel Prozent. In der Webversion, als auch in der App sind die Funktionen „Statistiken“, „Verbindungen“ und „Alternativen“ verfügbar, wobei „Alternativen“ momentan noch auf einer Alpha-Testversion basiert. Laut Auskünften des Entwicklers wird diese Funktion vorerst nicht fertiggestellt, da dies ein riesiger Aufwand sei und diese Funktion, auf dem momentanen Stand, kaum sinnvoll verwendbar wäre.
Mit der „Statistiken“-Funktion verschaffst du dir eine Übersicht über den verwendeten Datensatz. Eine Karte zeigt dir, welche Bahnhöfe in einem gewählten Zeitraum am meisten von Verspätungen betroffen sind. Die Option „Verbindungen“ kann man, wie die DB-App und andere Mobilitäts-Apps nutzen. Also gibst du einfach deinen Start- und Zielbahnhof an. Dann berechnet die KI, zu wie viel Prozent diese Verbindung zu erreichen ist.
In diesem Beispielbild (oben) habe ich eine Verbindung von Tübingen Hbf nach Köln Hbf gesucht. In dem Screenshot sind die Ergebnisse dieser Suche zu sehen. Eine hohe Prozentzahl zeigt, dass ein Anschluss wahrscheinlich erreicht werden kann, eine niedrige das Gegenteil. Mithilfe der „Alternativen“-Funktion kannst du dann, sollte deine Verbindung eher nicht zu erreichen sein, Alternativen anzeigen lassen. Die App zeigt dir dann in einer Tabelle auf, welche Alternativen zur gewählten Verbindung verfügbar sind. Diese Funktionen ermöglichen dir also eine sicherere Reiseplanung, sowie einen Umstieg auf sicherere Alternativen, als die DB-App dir bieten kann.
Ein flexibles Modell, das ständig dazulernt
Um dieses Projekt durchzuführen, trainierte Theo Döllmann eine KI mit dem Machine-Learning-Verfahren XGBoost. So wurde die KI mit der Fähigkeit ausgestattet, Verspätungen und Anschlussverbindungen so genau wie möglich vorherzusagen. Dabei fütterte er die KI mit über 470 Millionen Datenpunkten, die Verspätungen, deren Ursachen und Daten zur Schieneninfrastruktur umfassen. Auch Verspätungen pro Monat, der Zugtyp und der Tagesverlauf werden in die Berechnung mit einbezogen. Diese Daten stammen aus Deutschland und darüber hinaus, wobei die große Menge an unvollständigen oder ungenauen Daten die Arbeit erschwerte, so der Entwickler.
Das Modell wird in Echtzeit mit den neuesten Daten der vergangenen sechs Wochen versorgt. So kann man rund um die Uhr korrekte Informationen und Analysen erhalten. Faktoren wie die Saison, Baustellen und die aktuelle Verkehrssituation lassen sich so in die Berechnung einbeziehen. Verfügbar ist die App für Computer, Android- und iOS-Smartphones, jedoch hakt es da momentan noch etwas.
Ein Projekt, das den Transportsektor revolutionieren könnte
Das Projekt hat sich zu einer wahren Meisterleistung der Geoinformatik entwickelt. Nach 3,5 Jahren intensiver Arbeit und Datensammlung ist das System so präzise, dass es als der größte deutsche Verkehrsdatensatz neben der Bahn angesehen werden kann. Ein besonders bemerkenswerter Aspekt dieses Modells ist, dass es sich dynamisch an jegliche Gegebenheiten anpasst.
Daneben ist „Bahn-Vorhersage“ ein Open-Source-Projekt, weshalb der gesamte Quellcode auf GitLab zur Verfügung steht. Entsprechend ist es anderen Entwicklern möglich, sich an der Optimierung der intelligenten Auskunft zu beteiligen. Das Projekt wurde 2024 auf dem Chaos Communication Kongress, sowie bei Jugend forscht vorgestellt. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat das vielversprechende Studentenprojekt sogar finanziell unterstützt, was die Relevanz und das Potenzial des Projekts unterstreicht.