Ungenutztes Potenzial: So viele Gebäude vergisst der Solarausbau

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Möchte Deutschland die erneuerbaren Energien voranbringen, gelingt das nur mit ausreichend grünem Strom. Während sich PV-Anlagen auf immer mehr Wohngebäuden finden, gibt es eine Menge ungenutztes Potenzial in Deutschland. Zahlreiche Bauten profitieren bisher nicht von Fördermaßnahmen.
Ungenutztes Potenzial - So viele Gebäude profitieren bisher kaum vom Solarausbau
Ungenutztes Potenzial - So viele Gebäude profitieren bisher kaum vom SolarausbauBildquelle: Foto von Jubbar J. auf Unsplash

Die Energiewende rollt über Deutschland hinweg und stößt auf unterschiedlich viel Anklang oder Gegenwind. Einige Gebäudebesitzer würden dabei gern mehr für die grüne Stromproduktion tun – doch nicht für alle sind die derzeitigen Vorgaben lukrativ. In diesen Bauten steckt ein großes ungenutztes Potenzial für den Solarausbau.

Mehr als 21 Millionen ungenutzter Gebäude für den Solarausbau

Auch wenn Deutschland zur Zeit europaweiter Spitzenreiter bei Solarstrom sein mag, sind die Ziele der Bundesregierung ehrgeizig angesetzt. Bereits 2030 sollen 80 Prozent des Energiebedarfes durch erneuerbare Energien abdeckt werden. Damit das umsetzbar wäre, muss die Leistung der Solarenergien in den nächsten Jahren ein ordentliches Wachstum erleben. Die derzeitige Leistung von 66,5 Gigawatt müsste sich mehr als verdreifachen, damit man das Ziel von 215 Gigawatt erreicht. Wie schwierig die Umsetzung dieser Schwelle ist, lässt sich gut am bisherigen Ausbau der Solarenergie betrachten. In den Jahren 2014 bis 2022 gelang es Deutschland lediglich die Leistung zu verdoppeln.

Wenn die 215 Gigawatt erreicht werden sollen, muss Deutschland also stärker in den Ausbau der Solarenergie investieren. Umso seltsamer wirkt es, dass mehr als 21 Millionen Bestandsbauten in Deutschland bei Fördermaßnahmen außen vor bleiben. Das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung vermutet, dass Dächer und Fassaden ein technisches Potenzial von bis zu 1.000 Gigawatt Solarenergie bieten. Das wäre somit weitaus mehr Energie, als zum Erreichen der Regierungsziele benötigt würde – ohne dass dafür weitere Freiflächen erschlossen werden müssten.  Eine Leistung von 1.000 Gigawatt entspricht dabei in etwa der Leistung von 740 Atomkraftwerken. Bislang erhalten jedoch lediglich Wohngebäude die entsprechende Aufmerksamkeit.

Bedingungen für Nichtwohngebäude weniger attraktiv

Zahlreiche Nichtwohngebäude, zu denen unter anderem Produktions- und Lagerhallen, Büros, Werkstätten sowie Schulen und Ämter zählen, übersieht man dabei. Trotz der rund sieben- bis zehnmal größeren Dachfläche im Vergleich zu Wohngebäuden. Es gibt viele Gründe, warum größere Dachanlagen nicht im gleichen Maße ausgebaut werden wie PV-Anlagen für Wohngebäude. Ein Grund dafür liegt in den derzeitigen Regelungen für PV-Anlagen dieser Größenordnung. Ähnlich wie private Anlagen werden sie zwar auf Dächern montiert, dabei erbringen sie jedoch Leistungen, die mit Freiflächenanlagen vergleichbar sind.

Durch die hohe Leistung der Anlagen profitieren Sie nicht von den gleichen Fördermaßnahmen wie Privatbesitzer, umgekehrt sind ihre Erträge nicht so hoch wie bei PV-Anlagen auf freien Flächen. Die Investitionskosten sind somit hoch, mit der gleichen Menge an Investition ließe sich anderenorts jedoch mehr Gewinn erzielen. Ein besonders hoher Kostenfaktor ist dabei häufig der Netzanschluss. Netzanschlusspunkte in Deutschland können hunderte Meter entfernt von einer Anlage sein. Allein der Bau der benötigten Transformatorenstation sowie die Verlegung der Anschlusskabel können dann mehrere hunderttausend Euro verschlingen.

Und: Bis der eigentliche Anschluss der Anlage mit Erlaubnis des Netzbetreibers geschehen kann, vergehen gern mehrere Monate. Eine lange Zeitspanne, in der man bereits Strom damit erzeugen könnte. Mancherorts ist der Netzausbau sogar so überlastet, dass der Anschluss von größeren Anlagen gar nicht mehr möglich ist. Der schleppende Netzausbau in Deutschland bremst somit viele Bemühungen aus. Zusätzlich benötigen die Solaranlagen entsprechende Zertifikate, die bereits bei der ersten Installation sowie bei Veränderungen der Anlage vorgelegt werden müssen. Im ungünstigen Fall können allein diese so teuer sein, dass sie einem Zehntel der gesamten Anschaffungskosten entsprechen. Viele der 850 Netzbetreiber in Deutschland setzen unterschiedliche technische Anforderungen an den Anlagenaufbau, was Zählerplätze sowie Schutz– und Regelungstechnik betrifft. Von einheitlichen Regelungen für den Solarausbau kann daher keine Rede sein.

Viele Hürden mit zu hohen Kosten

Damit sich all diese Kosten und der Aufwand lohnen, muss der Ertrag hoch genug ausfallen. Selbst unter den günstigsten Ertragsbedingungen findet sich womöglich kein Investor für die Anlage, da andere ähnliche Erträge für weniger Kosten erzielen. Die Prozesse für größere PV-Dachanlagen sind somit unnötig kompliziert und zeitintensiv. Dabei kann sich der Solarausbau in Deutschland eigentlich nicht leisten, auf diese Flächen als Ressourcen zu verzichten. Die Politik müsste aktiv werden und bessere Bedingungen für die Anlagen schaffen, wenn man tatsächlich die 215 Gigawatt-Schwelle bis 2030 erreichen will. Einige Bundesländer haben bereits erste Maßnahmen ergriffen, indem sie eine Solarpflicht für bestimmte Nichtwohngebäude vorsehen. Doch auch hier sind die Bedingungen der einzelnen Bundesländer sehr unterschiedlich.  

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