Stell dir vor, es läuft eine Filmproduktion, plötzlich fallen Schüsse und wie aus dem Nichts brechen Unbeteiligte hinter der Kamera zusammen. In Krimis war genau das schon mehrfach Thema des Drehbuchs, doch jetzt ist es in Hollywood während der Dreharbeiten von „Rust“ bittere Realität geworden. Und laut übereinstimmenden Medienberichten aus den USA spielt dabei der amerikanische Star-Schauspieler Alec Baldwin („The Aviator“, „The Departed“) eine traurige Schlüsselrolle.
Kamerafrau stirbt, Regisseur verletzt
Was ist passiert? Noch ist das Geschehene nicht abschließend aufgearbeitet. Noch wirken die Berichte ziemlich mysteriös. Doch wie es aussieht, feuerte Baldwin unabsichtlich mehrere Schüsse aus einer Requisitenwaffe ab, ohne zu wissen, dass sie mit echten Patronen bestückt war. Dabei traf er einerseits die 42-jährige Kamerafrau Halyna Hutchins. Und außerdem Regisseur Joel Souza (48). Hutchins wurde offenbar im Bauch getroffen und verstarb trotz eines Fluges im Rettungshubschrauber kurze Zeit später im Krankenhaus. Erst vor zwei Tagen hatte sie bei Instagram ein Video gepostet und sich erfreut darüber gezeigt, bei Western-Produktionen an freien Tagen auf Pferden reiten zu können. Souza wurde dem Vernehmen nach schwer verletzt und im Krankenhaus weiter behandelt.
Das Unglück ereignete bei Dreharbeiten zum Western „Rust“ auf der Bonanza Creek Ranch im amerikanischen Bundesstaat New Mexico. Dort fand unter anderem auch die Produktion des Blockbusters „Cowboys & Aliens“ statt. Baldwin ist in „Rust“, einer Produktion des Streaming-Dienstes Netflix, einer der Hauptdarsteller und auch einer der Produzenten. Er spielt darin den Banditen Harland Rust, der sich Ende des 19. Jahrhunderts gemeinsam mit seinem 13-jährigen Engel auf der Flucht vor Kopfgeldjägern und Gesetzeshütern befindet. An der Produktion sind 75 Crew-Mitglieder, 22 Schauspieler und 230 Komparsen beteiligt.
Dreharbeiten sind unterbrochen
Laut eines Berichts des „Hollywood Reporter“ sind die Dreharbeiten aufgrund des Unglücks auf unbestimmte Zeit unterbrochen. Die Produktionsfirma kooperiere vollumfänglich bei den Ermittlungen der Polizei von Santa Fe. „Wir werden allen, die mit dem Film zu tun haben, seelsorgerische Beratungen anbieten, während wir daran arbeiten, dieses schreckliche Ereignis zu verarbeiten“, zitiert das Fachportal aus einer Stellungnahme der Produktionsfirma. Die gesamte Filmcrew sei am Boden zerstört.
ARD-Korrespondent Marcus Schuler berichtete am Morgen im Radio bei WDR 2, dass es nicht ungewöhnlich sei, wenn bei Filmproduktionen auch scharfe Munition zum Einsatz komme. Seinen Recherchen zufolge sollen einige Szenen in Filmen realistischer wirken, indem Schauspieler scharfe Waffen statt Platzpatronen nutzen. Hier ist es bei der Produktion von „Rust“ mutmaßlich zu einer schwerwiegenden Verwechslung gekommen.
Dass es in Hollywood bei Filmproduktionen zu tödlichen Unfällen durch den falschen Gebrauch von Schusswaffen kommt, ist selten. Bekanntheit erlangte unter anderem ein Ereignis im Jahr 1993. Bei der Produktion des Films „The Crow“ wurde versehentlich den Sohn des Martial-Arts-Stars Bruce Lee, Brandon Lee, erschossen.
"Wie kann das passieren?" Diese Frage stelle wohl nicht nur ich mir, wenn man liest, dass bei einer Hollywood-Produktion ein Mensch durch den Einsatz einer Theaterwaffe stirbt. Die Sicherheitsvorkehrungen am Set sollten eigentlich verhindern, dass ein solches Unglück geschehen kann. Und wie kann es passieren, dass eine Requisitenwaffe mit echten Patronen bestückt wird und dadurch unbeteiligte Menschen sterben? Hoffentlich bringen die Ermittlungen vor Ort die Wahrheit ans Licht. Und hoffentlich kann Alec Baldwin dieses Drama irgendwie verarbeiten. Denn er ist wohl der allerärmste Charakter in der ganzen noch vollkommen undurchsichtigen Szenerie.