„Konsultationsentwurf zur Verlängerung von Frequenzen in den Bereichen 800 MHz, 1.800 MHz und 2.600 MHz“ – so der trockene Name eines Dokuments, das die Bundesnetzagentur heute vorgestellt hat. Doch so trocken der Name, so brisant und wichtig der Inhalt. Demnach will die Bundesnetzagentur erstmals seit Jahrzehnten auf eine Auktion für Mobilfunkfrequenzen verzichten, sondern diese einfach auf Antrag verlängern. Dem Staat entgehen damit Milliarden Euro, doch die Netzbetreiber müssen das gesparte Geld in deutlich bessere Netze stecken. Eine solche Entscheidung zeichnete sich zuletzt bereits ab.
Weitere Auflagen für Verlängerung der Frequenzen
Das Ziel: Telekom, Vodafone und O2 sollen bis 2030 ihre Netze jeweils so ausbauen, dass sie 99,5 Prozent der Fläche Deutschlands mit mindestens 50 Mbit/s versorgen. Diese Auflage ist neu, bisher wurde in erreichbaren Haushalten gemessen, was beispielsweise Waldgebiete außen vor lässt. Zur Einschätzung: 0,5 Prozent der Fläche Deutschland sind etwa 1.785 Quadratkilometer. Das wiederum entspricht der doppelten Größe Berlins – allerdings auf ganz Deutschland verteilt. Aktuell versorgen nach Einschätzung der Bundesnetzagentur die Netzbetreiber etwas unter 99 Prozent der Fläche Deutschlands mit 50 Mbit/s.
„Unsere vorrangigen Ziele sind die Verbesserung der Versorgung für alle Verbraucherinnen und Verbraucher und die weitere Förderung des Wettbewerbs“, so Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur. Die zur Verlängerung anstehenden Frequenzen können für fünf Jahre verlängert werden. Die Kosten dafür: etwas weniger als 600 Millionen Euro für alle Netzbetreiber zusammen.
Damit akzeptieren die drei Netzbetreiber weitere Auflagen
- ab 2029 in jedem Bundesland 99 Prozent der Haushalte in Gemeinden im ländlichen Raum mit 100 Mbit/s
- ab 2029 alle Bundesstraßen mit 100 Mbit/s
- ab 2029 alle Landes- und Staatsstraßen sowie Binnenwasserstraßen mit 50 Mbit/s und
- ab 2030 Kreisstraßen mit 50 Mbit/s
- Zur Gigabit-Versorgung entlang von Schienenwegen hält die Bundesnetzagentur ein gemeinsames Vorgehen beim Ausbau des öffentlichen Mobilfunks und des neuen Bahnfunks für zielführend. Hierzu sollen Mobilfunk- und Schienennetzbetreiber zu einer Zusammenarbeit verpflichtet werden.
Ziel ist es, die Laufzeiten der Nutzungsrechte der fraglichen Frequenzen mit später auslaufenden Nutzungsrechten anzugleichen. Denn schon 2033 laufen die nächsten Frequenzen, etwa um 700 und 900 MHz, aus. Damit können in einem weiteren Schritt mehr Frequenzen zur Vergabe gestellt werden. Dabei soll die Auktion zu einem Zeitpunkt erfolgen, die Nutzungsrechte aber ab Ende 2030 und Ende 2033 auf die neuen Nutzungsberechtigten übergehen. Ende 2033 laufen Nutzungsrechte für 700 MHz, 900 MHz, 1.500 MHz und 1.800 MHz aus. All diese Frequenzen sind erforderlich, damit die Handynetze in Deutschland überall und mit einer mehr oder weniger guten Geschwindigkeit funktionieren. Eingesetzt werden sie für GSM, LTE und 5G.
Was wird aus 1&1?
Eine wichtige Rolle in diesem Verfahren spielt der vierte deutsche Netzbetreiber 1&1. Denn ein größerer Vergaberahmen bietet den Unternehmen mehr Möglichkeiten, Zugang zu Frequenzspektrum zu erhalten. Dieses ist insbesondere im Low Band, also im Frequenzbereich unter 1 GHz zum jetzigen Zeitpunkt zu klein für vier Netzbetreiber, da nur 2 x 30 MHz zur Vergabe stehen. Die Bundesnetzagentur beabsichtigt, die drei bundesweiten Mobilfunknetzbetreiber zu verpflichten, „diesem die kooperative Mitnutzung von Frequenzen unterhalb von 1 GHz zu gewähren“.
Sprich: Erklärt sich einer der drei Netzbetreiber Telekom, Vodafone oder O2 bereit, 1&1 ein Frequenzpaket von 2×5 MHz im Bereich von 700, 800 oder 900 MHz bis 2030 zu überlassen, hätte 1&1 die vom Unternehmen geforderten Frequenzen. Aus Sicht von 1&1 sind diese wesentlich, um auch eine Versorgung in Gebäuden sicherzustellen. Mit 2×5 MHz lassen sich allerdings gerade einmal etwa 40 Mbit/s realisieren. Auch, dass 1&1 Zugang zu einem National Roaming bekommt, sieht die Bundesnetzagentur als verpflichtend an. Dieses ist durch den Vertrag von Vodafone und 1&1 aber faktisch schon erledigt. Sollte 1&1 keinen Zugang zu den Frequenzen bekommen, würde sich die Bundesnetzagentur einschalten.
Die Bundesnetzagentur bittet jetzt um Stellungnahmen zum Entwurf bis zum 8. Juli. Danach geht es in die finale Phase, eine definitive Entscheidung, wie es weitergeht wird für den Herbst erwartet.