Tausende Euro überzogene Heizkosten für Mieter: Das steckt hinter Wärme-Contracting

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Für Vermieter von Mehrfamilienhäusern kann es lukrativ sein, sämtliche Angelegenheit rund um die Heizung von der Wartung bis zur Belieferung an eine Dienstleistungsfirma abzutreten. Er selbst hat keine Mehrkosten dadurch, da sämtliche Kosten direkt auf die Mieter umgelegt werden.
Tausende Euro überzogene Heizkosten für Mieter - Das steckt hinter Wärme-Contracting

Tausende Euro überzogene Heizkosten für Mieter - Das steckt hinter Wärme-Contracting

Wärme-Contracting kann für Mieter zu einer perfiden Preisfalle führen. Obwohl zum Beispiel mit Gas beheizt wird, fällt ein solches Szenario rechtlich unter die Fernwärmeverordnung. Somit zahlen Mieter keine realen Beschaffungspreise für Gas, sondern einen Wärmepreis, der viel freier und intransparenter gestaltet werden kann. So sind hohe Nachzahlungen über mehrere tausend Euro für betroffene Mieter keine Seltenheit. Der Fall eines Mehrfamilienhauses in der Bernhard-Kellermann-Straße in Magdeburg zeigt, wie hoch der Schaden Mieter dabei treffen kann.

Lukrativ für Vermieter, bittere Pille für Mieter

Sowohl Besitzer einzelner Mehrfamilienhäuser als auch ganze Wohnungsgesellschaften können auf Wärme-Contracting setzen. Dabei treten sie alle Belange rund um die Heizung an einen Heizungsdienstleiter ab. Dieser übernimmt nicht nur die Wartung der Anlage, er erneuert sie ebenso und kümmert sich um den Kauf des Heizmediums. Für Vermieter ist dieses Konzept ein Bonus, da sie keinerlei Kosten der Angelegenheit tragen. Vielmehr werden sämtliche Gebühren direkt auf die Mieter umgelegt. Da Wärme-Contracter selbst daran verdienen möchten und müssen, ist das für Mieter grundsätzlich teurer als eine direkt durch den Vermieter verwaltete Heizung. Nicht alle Firmen berechnen dabei besonders hohe Aufschläge. Doch allein die Tatsache, dass die Heizkosten damit in die Fernwärmeverordnung fallen, lässt Unternehmen erschreckend viel Spielraum. Immer wieder fallen schon Fernwärmepreise in Deutschland negativ auf durch hohe Beträge. Bis zu 1.000 Prozent Preisunterschied sind dabei möglich. So sind auch Häuser betroffen, in denen eigentlich gar nicht mit Fernwärme geheizt wird.

Tausende Euro an Nachzahlungen für Mieter

Eine Altenpflegerin aus dem Mehrfamilienhaus im Magdeburg sieht sich bereits mit einer viel zu hohen Abrechnung konfrontiert. Obwohl sie ihren Verbrauch um 33 Prozent gesenkt hatte, stiegen die Kosten auf satte 250 Prozent an. Für die lediglich 48 Quadratmeter große Wohnung soll sie nun 3.227 Euro nachzahlen. Ihre Warmmiete soll darum von 495 auf 690 Euro steigen. Ein irrer Preisanstieg in Anbetracht der Tatsache, dass sie sogar weniger geheizt hatte als davor. Einer jungen Familie im benachbarten Haus droht ein ähnliches Schicksal. Für die 57 Quadratmeter große Wohnung sollen sie stolze 5.100 Euro nachzahlen.

Summen, die sich keineswegs mit erhöhten Einkaufspreisen von Gas für die Gasheizungen der Gebäude rechtfertigen lassen. Immer mehr betroffene Mietparteien in Deutschland weigern sich, diese überzogene Heizkosten zu zahlen. Magdeburg ist dabei kein Einzelfall. Auch in anderen Städten wie dem Bottroper Wohnviertel steigen die Heizkosten an. Hier sollen Mieter für eine Wohnung mit gerade mal 45 Quadratmetern 1.400 Euro nachzahlen. Der Wohnungskonzern Vonovia, dem das Wohnhaus gehört, hat eine externe Firma mit der Heizung beauftragt. Die Mieter wehrten sich öffentlich gegen die überzogenen Gebühren und hatten Erfolg. Vonovia verzichtete auf insgesamt 267.000 Euro unter dem Deckmantel der Kulanz gegenüber den Mietern. Aus 1.400 Euro für die Mieterin wurden somit 49 Euro inklusive Mahngebühren.

Gesetzgeber muss dringend aktiv werden

Das Bundeswirtschaftsministerium sieht bisher keine Gesetzeslücke in der Fernwärmeverordnung. Auf ARD-Anfrage teilte das Ministerium mit, ob die erhöhten Preise rechtens seien, „kann von den Betroffenen zivilrechtlich beziehungsweise über die Missbrauchsaufsicht durch das Bundeskartellamt geprüft werden“. Verbraucherschützer hingegen sehen den Gesetzgeber klar in der Pflicht, eingreifen. Es erscheint unverhältnismäßig, wie hoch in zahlreichen Fällen die Abrechnungen für Wärmepreise ausfallen. Kein anderes Energieunternehmen, egal ob Gas oder Strom, hätte in Deutschland die Möglichkeit, mit derart überzogenen Preisen an die Kundschaft zu treten. Selbst in Zeiten der Energiekrise wurde die Preisentwicklung hier stets kritisch überwacht. Zwar traten dennoch einzelne Fälle auf, in denen Kunden von überzogenen Preisen betroffen waren. Kein anderer Bereich der Energiesparte lässt dabei jedoch so viel Spielraum zu wie die Fernwärme – und zwingt Kunden in die Verpflichtung, die Rechtmäßigkeit der Abrechnung über externe Stellen wie eine Missbrauchsaufsicht prüfen zu lassen.

1 Kommentar

  1. Karsten Frei
    Eine Hand wäscht die andere. Ich hoffe, die neue Regierung nimmt alle wirtschaftliche Vorgänge, die in der Ampel-Regierungszeit abgelaufen sind, gründlich unter die Lupe. Das Ganze stinkt förmlich nach Korruption.
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