Die Frage, ob weitere Batteriespeichersysteme zur Unterstützung der Energiewende in Europa notwendig sind, stellt sich gar nicht erst. Europa hat die Notwendigkeit bereits erkannt, um die Schwankungen erneuerbarer Energien auszugleichen. In Deutschland warten etwa gleich mehrere Anschlussbegehren für Großstromspeicher-Anlagen auf ein Urteil. Die Summe ihrer Leistung beläuft sich auf stolze 161 Gigawatt. Nicht alle davon wird man wohl final realisieren, die Tendenz ist jedoch klar. Wie das Fraunhofer ISI in seiner neuen Studie ermittelt hat, dürfte die Nachfrage für Batteriezellen in Europa bis 2030 1 TWh pro Jahr übersteigen. Zugleich ergibt sich daraus ein nicht zu unterschätzendes Abhängigkeitsproblem. Denn ein Großteil der Batterien, die in Europa zum Einsatz kommen, stellt man in Asien her.
Unabhängige Batterieversorgung Europas als Energieziel
Um weniger abhängig von Importen aus anderen Ländern zu sein, hat sich Europa darum ein ehrgeiziges Ziel gesetzt. Bis zu 90 Prozent des Batteriebedarfs möchte man durch die heimische Produktion abdecken. Eine Quote, die man durch die hoch steigende Nachfrage wohl nicht mehr realistisch erreichen kann, wie die Untersuchung des Fraunhofer ISI hervorbringt. Vorab sei gesagt: Es wäre theoretisch noch immer möglich, diese Quote zu erreichen. Allerdings verfehlt rund die Hälfte all der Szenarien, die das Fraunhofer ISI in ihrer Studie modellierte, dieses Endergebnis. Damit das Vorhaben gelingen könnte, wären zahlreiche politische Maßnahmen notwendig. Wie wahrscheinlich es ist, dass alle nötigen Ressourcen seitens der Politik rechtzeitig in die Umsetzung fließen, bleibt jedoch fraglich. Realistisch betrachtet ist jedoch davon auszugehen, dass man 50 bis 60 Prozent des Bedarfs an Batteriespeichern durch die lokale Produktion decken könnte.

Möchte man hingegen unabhängiger werden, sind Maßnahmen zum Ausbau der Produktionskapazitäten unerlässlich. Dazu müssen schon heute Lieferketten aufgebaut und eine entsprechende Strategie für diese Industriepolitik ausgearbeitet werden. So wäre langfristig überhaupt eine Wettbewerbsfähigkeit sowie eine sichere Versorgung mit Batterien möglich. Vereinfacht ausgedrückt, müssten Politiker verlässliche und vorhersehbare Rahmenbedingungen schaffen, auf die sich nicht nur die Industrie, sondern auch die Verbraucher stützen können. Leider hat die Vergangenheit am Beispiel der europäischen Solarindustrie bereits gezeigt, wie hart solche Branchen durch asiatische Importe getroffen werden. Ein großer Abfall der Modulpreise sowie zahlreiche Insolvenzen waren die Folge der chinesischen Solarmodulimporte als Massenware. Ein Szenario, das sich zurzeit bei Batteriespeichern zu wiederholen droht.
Wegfall der hiesigen Batterieproduktion würde Abhängigkeit verschlimmern
Bedauerlicherweise kann der Wegbruch vieler europäischer Solarhersteller an dieser Stelle nicht mehr umgekehrt oder abgefedert werden. Im Umkehrschluss bedeutet das, ein Großteil der Solarmodule, die überall in Europa zum Einsatz kommen, wird in den kommenden Jahren aus China stammen. Somit kann auch China durch die künstliche Limitierung der verfügbaren Solarmodule den Preis bestimmen. Europa hat die Chance verpasst, hier eine Unabhängigkeit zu erreichen. Gänzlich verloren ist die Solarindustrie jedoch nicht, denn schon jetzt arbeiten einige Pilotfertigungsanlagen an der Schöpfung der perfekten Solarzelle aus Europa. Auch eine Marktreife der Perowskit-Solarzellen könnte das Spielfeld ändern. Da diese aus günstigeren Materialien gefertigt werden, könnte sich ihre Fertigung lokal günstiger und wettbewerbsfähiger durchführen lassen. Erst in den letzten Wochen ließen neue Beschichtungsverfahren darauf hoffen, dass man die bisherigen Nachteile der mangelnden Langlebigkeit der Solarzellen ausgleichen könnte.

Bis dahin bleibt die hiesige PV-Landschaft ein von billigen chinesischen Solarmodulen dominiertes Feld. Es bleibt zu hoffen, dass die Politik in der Herstellung der Batteriezellen nicht ebenso untätig bleibt, bis man lokale Hersteller aus dem Wettbewerb gedrängt hat. Denn im Vergleich zu Solarmodulen wäre es noch verheerender, wenn in dieser Technologie eine Abhängigkeit bestünde. Wären beide Aspekte nicht mehr hier regional in vernünftiger Menge verfügbar, könnten ausländische Anbieter die Preisgestaltung allein dominieren. Nicht nur das: Auch wenn Brände und Explosionen bei Stromspeichern selten sind, ist der Schaden immens, wenn es zu einem Vorfall kommt. Lokale Hersteller und festgelegte Qualitätsstandards könnten hier viel Schadenspotenzial bereits auf Produktionsebene ausmerzen. Schon heute gibt es einige Hersteller wie Tesvolt, die mit freiwilligen Zertifikaten und Tests zusätzliche Sicherheitsstandards etabliert haben. Man darf somit berechtigt die Frage stellen: Wie viel ist unserer Politik die zukünftige sichere Selbstversorgung ihrer Bürger und Unternehmen wert?
