Studie betont: Das wäre für die soziale Wärmewende wirklich notwendig

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In den vergangenen Wochen diskutierten zahlreiche Parteien über eine mögliche Abschaffung des Heizungsgesetzes und den CO₂-Preis als denkbare Alternative. Ein Zusammenschluss zweier Organisationen hat derweil eine Untersuchung eingeleitet, was für eine wirkliche soziale Wärmewende nötig wäre.
Wärmepumpe vor Wohnhaus, Sinnbild für Wärmewende

Studie betont - das wäre für soziale Wärmewende wirklich notwendig

Dass ein CO₂-Preis ein wirksames Instrument sein kann, um eine Wärmewende zu unterstützen, haben Länder wie Schweden bereits demonstriert. Dennoch kann nicht ein einzelnes Instrument allein die notwendige Transformation bewirken. Die Situation in Deutschland muss als gesamtheitliches Bild betrachtet werden, nicht nur auf einen einzelnen Aspekt begrenzt. In einer gemeinsamen Studie haben der Paritätische Gesamtverband sowie das Öko-Institut e. V. nun untersucht, was tatsächlich für eine soziale Wärmewende notwendig wäre. Dabei analysierten sie primär das von der CDU vorgeschlagene Szenario, das Heizungsgesetz abzuschaffen und allein auf den CO₂-Preis zu setzen als Kontrast zu eigenen Vorschlägen.

CO₂-Preis würde mit GEG-Abschaffung fast zehnmal so teuer

Das Ergebnis der Untersuchung ist ernüchternd. Um den gleichen Effekt zu erzielen, den die Verbände dem Heizungsgesetz zuschreiben, müsste der CO₂-Preis auf stolze 524 Euro pro Tonne angehoben werden. Zum Vergleich: aktuell beläuft sich der Preis auf lediglich 55 Euro pro Tonne. Das käme somit einer Preiserhöhung um beinahe das Zehnfache gleich. Ein Haushalt im Wohneigentum, der bisher Heizkosten von 1.000 Euro hatte, müsste mit Mehrkosten von 887 Euro für seine Gasheizung rechnen. Bei einer vierköpfigen Familie, deren aktuelle Heizkosten bei 3.000 Euro lägen, wären es stolze 2.660 Euro zusätzlich. Für Mieter sieht die Prognose dabei nur verhalten besser aus. Ihr einziger Hoffnungsschimmer bestünde darin, dass sie bei schlecht isolierten Gebäuden nicht den vollen CO₂-Preis allein tragen müssten.

Wohnt eine Familie etwa in einem Einfamilienhaus zur Miete, das in die Energieeffizienzklasse G fällt und 25.000 kWh Gasverbrauch benötigt, lägen die bisherigen Heizkosten bei etwa 2.968 Euro. Durch den CO₂-Preis allein kämen zusätzliche Kosten von 2.631 Euro zustande. Eigentümer müssten diese komplett allein tragen, Mieter bei Gebäuden mit der Klasse G hingegen nur 20 Prozent. Das wären somit dennoch 526 Euro an zusätzlichen Kosten, während der Rest auf den Schultern des Vermieters lasten würde. Die exemplarische Kostenverteilung für Mieter und Eigentümer sieht dabei laut Verbänden wie folgt aus:

Effizienklasse des Gebäudes Gasverbrauch pro JahrJährliche Heizkosten bisher
Jährliche Zusatz-Kosten durch
einen CO2-Preis von 524 €/t
Wohnen im
Eigentum
Wohnen zur Miete
Anteil CO2-Kosten
Mietende
CO2-Kosten
für Mietende
A5.000 kWh594 € 526 €100 %526 €
B7.500 kWh890 € 789 €90 %710 €
C10.000 kWh1.187 € 1.052 € 80 %842 €
D13.000 kWh1.543 €1.368 €70 %958 €
E16.000 kWh1.899 € 1.684 €50 %842 €
F20.000 kWh2.374 € 2.105 €40 %842 €
G20.000 kWh2.968 €€ 2.631 20 %526 €

Abschaffung des Heizungsgesetz fällt für Verbände beim Klima- und Sozialcheck durch

Für die Verbände ist klar, dass eine Abschaffung des Heizungsgesetzes keineswegs sinnvoll erscheint. Die Grundidee hinter dem Heizungsgesetz ist dabei einfach: Wenn ohnehin schon eine neue Heizung gekauft werden muss, soll es sofort eine klimafreundliche sein. Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) nutzt also den Anlass eines Heizungstausches, um Impulse zu setzen, mit denen im Jahr 2045 eine Klimaneutralität erreicht werden soll. Gas– und Ölheizungen auszutauschen, soll dabei als eine Absicherung gegen hohe CO₂-Preise dienen, denn der europäische Emissionshandel für Gebäude und Verkehr (ETS2) kann zu hohen Kosten führen, von denen Haushalte mit erneuerbaren Heizsystemen verschont bleiben. Funktionierende Heizungen müssen dabei nicht ausgetauscht und können auch weiterhin repariert werden. Auch großzügige Übergangsfristen und Ausnahmeregelungen existieren bereits.

Dazu soll das Gesetz eigentlich als Maßnahme des Verbraucherschutzes dienen. Es sollte vor Investitionen in eine fossile Heizung bewahren, da zum Beispiel mit dem Einbau einer Gasheizung im Jahr 2030 sowohl die Klimaziele nicht zu erreichen wären als auch höhere Kosten dank des CO₂-Preises drohen. Die derzeit hohe Förderung für den Austausch von Wärmepumpen ermöglicht bis zu 70 Prozent Zuschüsse für den Heizungstausch, eine historisch hohe Fördersumme. Dadurch kann eine Wärmepumpe für Verbraucher sogar günstiger als ein neuer Gaskessel ausfallen. Eine Abschaffung des GEGs würde zugleich die Förderung abschaffen und Menschen mit dem Stemmen der Kosten, ganz gleich, ob Heizungstausch oder zunehmender CO₂-Preis, allein lassen. Doch dieses einzelne Förderprogramm genügt nicht, um die soziale Wärmewende voranzubringen.

Preisgau für Gas und Öl droht dank CO₂-Preis in kommende Jahren

Was die soziale Wärmewende benötigt

Die Verbände schlagen einen kombinierten Ansatz aus bedarfsgerechter Förderung und Entlastung sowie einem gestärkten Mieter- und Verbraucherschutz vor. Für Menschen, die selbst in einer Wohnung oder einem Haus wohnen, ist der heutige Einkommensbonus bereits ein geeignetes Instrument. Allerdings sollte der Fördersatz noch stärker an das Einkommen angepasst werden, anhand einer Stufenkurve und auf Sanierungen zusätzlich ausgeweitet werden. Haushalte mit einem hohen Einkommen benötigen dabei nicht die gleiche Unterstützung von Investitionszuschüssen, sondern könnten vielmehr über die steuerlichen Förderungen abrechnen, die heute bereits in § 35c EstG existieren.

Entscheidend wäre jedoch ebenso eine Förderung, die Mietenden zugutekommt. Das könnte etwa über ein bundesweites Förderprogramm mit dauerhafter Mietpreis- oder Sozial- beziehungsweise Belegungsbindung umgesetzt werden. Ebenso wäre eine Stärkung von Programmen zum Sozialen Wohnungsbau mit einem Fokus auf Sanierung wünschenswert. Auch ein möglicher Quartiersansatz käme in Betracht, also ein Förderprogramm, das sich bevorzugt auf benachteiligte Gebiete konzentriert.

Das Klimageld sollte dabei ebenso eine Rolle spielen. Statt einer Pro-Kopf-Pauschale sehen der Paritätische Gesamtverband und das Öko-Institut hier ein sozial gestaffeltes Klimageld vor. Dadurch würden vor allem Haushalte mit einem geringen Einkommen entlastet, insbesondere in der Übergangsphase, in der sie noch weder über eine Dämmung noch klimafreundliche Heizung verfügen. Bei einem pauschalen Pro-Kopf-Klimageld in Kombination mit einem hohen CO₂-Preis könnte es sonst zu einer Umverteilung von unten nach oben kommen. Denn gerade Haushalte mit einem hohen Einkommen werden frühzeitig auf Wärmepumpen oder E-Autos umsteigen, da sie es sich leisten können. Für sie entfiele der CO₂-Preis damit, sodass nur noch Haushalte mit geringerem Einkommen ihn faktisch zahlen würden.

Wärmepumpen-Förderung mit bis zu 70 Prozent Zuschuss zum Heizungstausch

Besserer Mieter- und Verbraucherschutz für Wärmewende notwendig

Sinnvolle Maßnahmen des Mieter- und Verbraucherschutzes könnten etwa ein „Drittelmodell“ bei Sanierungen von vermieteten Gebäuden sein. Wenn Vermietende ein Gebäude sanieren, können sie die Kosten dafür mit acht Prozent pro Jahr auf die Mietenden umlegen. Diese Modernisierungsumlage sollte stattdessen auf drei Prozent gesenkt werden. Im Gegenzug dürfen Vermietende Fördermittel behalten. Die aktuelle Situation führt dazu, dass Mietende in ungünstigen Fällen die gesamten Kosten der Sanierung tragen. Mit dieser Regelung würde die Last zwischen Mieter, Vermietern und dem Staat aufgeteilt.

Ebenso gilt es, den Teufelskreis steigender Mieten zu durchbrechen, indem etwa eine Verlängerung der Mietpreisbremse sowie eine Reduktion der Ausnahmen durchgeführt werden. Auch eine Anpassung der Berechnung zur ortsüblichen Vergleichsmiete wäre dabei sinnvoll, die längere Zeiträume inklusive Bestandsmieten ohne modernisierte Wohnungen berücksichtigt. Die gesetzliche Grundlage für einen Mietendeckel in angespannten Mietmärkten müsste zudem eingeführt werden. Ein weiterer Punkt auf der Liste ist das Schaffen von bezahlbarer Fernwärme. Zurzeit führt der Aus- und Umbau der Fernwärme häufig dazu, dass die Kosten für die Wärmelieferungen zu teuer werden. Durch das natürliche Monopol von Fernwärmenetzen braucht es eine effektive Preisaufsicht. Förderungen wie die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) müssen langfristig für Kommunen verfügbar bleiben, um die Wärmewende vor Ort zu stemmen.

Ergänzend dazu sollten gering-investive Maßnahmen in vermietenden Gebäuden zum Einsatz kommen. Darunter zählt ein hydraulischer Abgleich als Heizungsoptimierung oder der Austausch von Umwälzpumpen sowie steuerbare Thermostate. Dadurch könnten Mietende ihre Energiekosten deutlich senken, die Umsetzung dieser Maßnahmen liegt jedoch beim Vermieter. Zugleich müsste man Mieter vor dem Einbau von teuren Technologien wie Biogas- oder Wasserstoff-Techniken schützen. Diese sind für Vermieter im Vergleich günstig zu erwerben, können jedoch hohe Kosten für die Mieter nach sich ziehen.

Bildquellen

  • energieberater-warnen-preisgau-fuer-gas-und-oel-droht: Veja/Shutterstock
  • waermepumpen-foerderung-mit-bis-zu-70-prozent-rabatt-auf-heizungstausch: Vaillant
  • gas -oel-und-fernwaerme-so-stark-sind-die-preise-seit-2021-angestiegen: Lensw0rId/Shutterstock
  • studie-betont-das-waere-fuer-soziale-waermewende-wirklich-notwendig: Daikin

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