Erneuerbare Energien mögen günstiger und nachhaltiger sein als fossile Brennstoffe und die dazugehörigen Kraftwerke. Dennoch unterliegen sie einer Schwäche, die ihre Schattenseiten Anfang November weit vorausgeworfen hat. Über Tage hinweg sah sich Deutschland einer Dunkelflaute ausgesetzt. Fast kein Strom stand aus Wind und Solar zur Verfügung, sodass Kohle und Gas im großen Umfang als Ersatzstromquellen einspringen mussten. Laut RWE-Vorstandsvorsitzenden Dr. Markus Krebber stieß die Stromversorgung in Deutschland an ihre Grenzen.
Stromversorgung an der Grenze: Massive Preisschwankungen
Am 6. November 2024 stieg der Strompreis in den Abendstunden rapide an und schnellte auf 800 Euro pro Megawattstunde empor. Damit lag der Strompreis rund zehnmal höher als üblich gewesen wäre. Natürlich bleiben derart hohe Preisspitzen nicht über den gesamten Tag konstant. Dennoch sollte nicht unterschätzt werden, wie sich diese Entwicklung auf die Stromversorgung auswirkt. Dunkelflauten sind bei erneuerbaren Energien normal. Da sie ein stetiger Begleiter der Energiewende sein werden, müssen entsprechende Vorkehrungen getroffen werden. Doch genau in diesem Punkt schwächelt die deutsche Stromversorgung bisher. Es gibt aus Sicht des RWE-Vorstands bisher ein zu geringes Angebot, das solche Dunkelflauten ausgleichen kann. Je geringer das Angebot ausfällt, desto höher schnellen die Preise aufgrund der unweigerlich vorhandenen Nachfrage empor.
Problematisch ist das vor allem, wenn man sich vor Augen führt, wie sich die Versorgung in Deutschland am 6. November zusammensetzte. Bisher gibt es keine ausreichende Speicherkapazität, die einspringen könnte, um solche Phasen abzudecken oder auch nur zu entzerren. Auch wenn Anschlussanfragen für zahlreiche Batteriespeicher hoffen lassen, dass dieses Problem schon bald der Vergangenheit angehören könnte, ist es zurzeit präsent – und sollte nicht ignoriert werden. Deutschlands Strombedarf lag am 6. November bei 66 GW. Dabei entstammten 53 GW aus der inländischen Produktion, lediglich 13 GW wurden von Importen abgedeckt. Tatsächlich wurde dafür fast die gesamte deutsche inländische Versorgung angeworfen. Lediglich 4 GW standen nicht zur Verfügung, was zu den üblichen Schwankungen innerhalb der Stromversorgung gehört.
Absicherung der Kapazitäten ist keine aufschiebbare Investition
Diese Zahlen zeigen jedoch: Wäre an diesem Tag eine höhere Spitzenlast vorhanden gewesen, hätte das Stromnetz sie nicht länger abdecken können. Der höchste Strombedarf des Jahres fiel laut Dr. Markus Krebber mit 75 GW auf den 15. Januar. Beinahe 10 GW mehr, als wir am 6. November benötigt haben. Seiner Auffassung nach, verschiebt Deutschland den Zubau von sicheren Kapazitäten bereits seit Jahren als sei es eine Maßnahme, die sich aufschieben ließe. Die Zahlen belegen jedoch etwas anderes. Allein in den vergangenen Tagen kam es bereits vermehrt zu Nachrichten über Stromausfälle in vereinzelten Regionen, unter anderen in diversen Stadtvierteln von Berlin, wie Tempelhof, Kreuzberg und Lichtenberg. Auch Teile von Senftenberg erlebten einen Stromausfall, der rund 1.900 Haushalte traf.
Die Versorgungssicherheit in Deutschland mag im Vergleich zum internationalen Durchschnitt hoch sein. So kam es im vergangenen Jahr lediglich zu durchschnittlich 13,7 Minuten an Stromausfällen pro Haushalt. Unsere Nachbarländer wie die Niederlande (21,8 Minuten) und Österreich (23,2 Minuten) erleben Stromausfälle häufiger. International sind Zahlen von 131,1 Minuten in den USA im Jahr 2022 sowie 822 Minuten Stromausfälle in China aus dem Jahr 2019 deutlich höher. Dennoch ist jetzt der Kipppunkt erreicht, an dem konkrete Maßnahmen folgen müssen, damit diese Versorgungssicherheit auch in Zukunft zur Verfügung steht. Dafür sind sowohl bereits geplante Kapazitäten an Stromspeichern notwendig als auch der Zubau weiterer Kraftwerkskapazitäten, die während Dunkelflauten der Erneuerbaren für den nötigen Ausgleich sorgen können.