Ohne große Formen der Energiespeicherung kann die Energiewende in Deutschland nicht gelingen. Vielerorts entstehen bereits neue Standorte, alte Kraftwerke werden reaktiviert oder ehemalige Kraftwerksgelände zu neuen Stromspeichern umgebaut. Ein System rückt dabei immer stärker in den Fokus. Die Rede ist von sogenannten Pumpspeicherkraftwerken, die Strom in Form von hochgepumpten Wasser auf Vorrat halten können. So viel Flexibilität die Systeme ermöglichen, sie sind keineswegs unumstritten.
Stromspeicher der Zukunft? Pumpspeicherkraftwerke könnten Strom speichern
Pumpspeicherkraftwerke stoßen immer wieder auf Kritik. Vorrangig sehen die Kritiker Probleme darin, dass sie einen massiven Eingriff in den Naturhaushalt darstellen. Zudem verändern sie das Landschaftsbild stark, sodass die Akzeptanz in der Bevölkerung eher gering ausfällt. Da die Technologie auch äußerst groß und aufwendig auffällt, sind die Flächen, die dafür benötigt werden, ebenso hoch. Auch die Wirtschaftlichkeit sahen Betreiber von Kraftwerken in den vergangenen Jahren kritisch. Um das Wasser hochzupumpen, benötigt man zunächst viel Energie, die von woanders eingekauft werden oder selbst erzeugt werden muss. Sind die Preisunterschiede am Strommarkt nicht groß genug, rechnet sich das nicht – zumal nicht alle eingesetzte Energie auch wieder freigesetzt werden kann, wenn das Wasser zurückfließt.
Pumpspeicherkraftwerke galten somit als unrentabel sowie überflüssig als Stromspeicher für die Energiewende. Doch nun scheint ein Umdenken einzusetzen, in dessen Fokus die zukünftig veränderten Bedingungen am Energiemarkt stehen. Ab 2028 soll sich der Markt in einen sogenannten Kapazitätsmarkt verwandeln. Dadurch können auch die bevorrateten Kapazitäten an Strom, die ein Pumpspeicherkraftwerk liefern kann, wieder rentabler werden. Einige Betreiber kalkulieren bereits heute mit den zukünftigen Möglichkeiten.
Darunter der Energiekonzern EnBW der bei Forbach, einer Schwarzwald-Gemeinde im Landkreis Rastatt, ein neues Speicherbecken bauen lässt. In den kommenden Monaten will man Zufahrtsstollen in einen Berg sprengen. Daraufhin sollen zwei große Kavernen folgen – eine, die als unterirdischer Wasserspeicher fungiert, eine weitere für die Kraftwerksanlage selbst. Eine Turbine mit einer Leistung von 50 Megawatt soll dort installiert werden. Sie soll zukünftig Wasser sowohl in das bereits heute vorhandene Becken als auch in das neue Becken pumpen. Wann immer nötig, könnte man das Wasser über die Turbine für die Stromerzeugung nutzen.
Nötige Flexibilität für Energiewende
Der Vorteil der Pumpspeicherkraftwerke liegt dabei in ihrer Flexibilität. Sie können innerhalb kürzester Zeit von der Energiespeicherung auf die Energiebereitstellung wechseln. Dazu ließen sich ihre Möglichkeiten gut mit denen Erneuerbarer Energien kombinieren. Gibt es zu viel Strom aus Erneuerbaren, der das Stromnetz belastet? Pumpspeicherkraftwerke könnten die Energie in diesen Momenten aus dem Netz ziehen. Herrscht zu einem anderen Zeitpunkt eine Flaute am Strommarkt, kann die Energie wieder bereitgestellt werden. Langfristig lohnt sich das für Betreiber jedoch nur, wenn die Leistung der Pumpspeicherkraftwerke entsprechend vergütet wird – wie nach dem neuen Kapazitätsmarkt. Es dürfte kein Zufall sein, dass die Fertigstellung des neuen Wasser- und Pumpspeicherkraftwerks für 2027 angesetzt ist. Genau ein Jahr, bevor die neuen Kapazitätsregelungen am Markt greifen sollen.
Gerade jetzt, wo die Schwankungen an der Strombörse groß geworden sind, scheint sich die Relevanz von Pumpspeicherkraftwerken zu ändern. Es gibt immer mehr Stunden, an denen Strompreise an der Börse sogar negativ ausfallen. Theoretisch würden Betreiber eines Pumpspeicherkraftwerks also sogar daran verdienen, den Strom zu diesen Zeiten aus dem Netz zu ziehen und ihn für später bereitzuhalten. Lohnt sich der Verkauf von Strom wieder, kann dieser ins Netz zurückfließen. Somit wird aus einem unrentablen Kraftwerkssystem ein flexibles und wirtschaftliches. Weitere 2.000 bis 3.000 Megawatt an Pumpspeicherkraftwerken könnten in den kommenden Jahren hinzukommen. Zurzeit sind bereits rund 10.000 Megawatt Pumpspeicherkraftwerke in Deutschland installiert.
Sanierung an Pumpspeicherkraftwerken nötig
Die meisten sind jedoch bereits über 30 Jahre alt. Einige stammen sogar aus den 50er– und 70er-Jahren. Der Sanierungsbedarf dürfte somit hoch sein, könnte sich jedoch auch lohnen. Erst kürzlich kündigte auch der Energiebetreiber Uniper die Neueröffnung des Pumpspeicherkraftwerk Happurg an. 250 Millionen fließen in die notwendigen Reparaturen. Zukünftig könnte man viele alte Kraftwerke in Deutschland reaktivieren – oder neue Orte dafür erschließen. Hier gelten bisher primär die langwierigen Genehmigungsverfahren als Bremse für neue Bauvorhaben. Der Fachverband Power Systems des Unternehmens VDMA, die Spitzenorganisation des deutschen Maschinen- und Anlagenbaus, sieht dabei in Deutschland ein Potenzial von 4.000 bis 8.000 Megawatt für Pumpspeicherkraftwerke.