Strompreise der Zukunft? Energieexperte zieht Bilanz

3 Min. Lesezeit in Pocket speichern
Der Strommarkt in Deutschland erlebt mit der Energiewende zurzeit eine besonders tiefgreifende Transformation. Durch den großzügigen Ausbau der erneuerbaren Energien steigen zurzeit die Netzentgelte in vielen Orten weiterhin an. Doch bedeutet das auch, dass kein Ende der Strompreise in Sicht ist?
Strommast zum Thema:

Strompreise der Zukunft? Energieexperte zieht Bilanz

Die Höhe der Strompreise ist eine Belastung für zahlreiche Haushalte in Deutschland. Auch wenn sich die Preise seit der Energiekrise entsprechend erholt haben, gibt es einen starken Preistreiber in Deutschland: die Netzentgelte. Über sie zahlen Stromkunden die Investitionen der Stromversorger in Erneuerbare Energien. Bisher litten dadurch einzelne Regionen unter besonders hohen Strompreisen, während andere deutlich weniger zahlten. Nun findet jedoch eine völlige Umstrukturierung unseres Strommarktes statt. Mit Folgen für die Strompreise der kommenden Jahre.

Sinkt oder steigt der Strompreis? Das sagt Energieexperte

Ralf Walther, Energieexperte des Stromanbieters Tibber, erklärt gegenüber Merkur, was wir von unserem Strompreis in den kommenden Jahren erwarten dürfen. Die Neuausrichtung des Energiesektors bringt dabei keineswegs nur höhere Preise mit sich. Allerdings müssen wir uns damit anfreunden, dass die nächsten Jahre von einigen Investitionen – und somit höheren Netzentgelten geprägt sein werden. Die großen regionalen Strompreisdifferenzen sollen bereits im nächsten Jahr enden. Schon Ende August hatte die Bundesnetzagentur eine neue Regelung veröffentlicht, die insbesondere Regionen mit hohen Netzentgelten durch Erneuerbare Energien belasten soll. Das Angleichen der Netzentgelte verteilt die Investitionslast gleichmäßiger über alle Stromkunden in Deutschland. Dennoch können Unternehmen nicht verhindern, dass die Netzentgelte zunächst steigen werden. „Wir werden sicherlich noch eine gewisse Phase erleben, in denen die Netzentgelte noch steigen werden, was einfach den Investitionen in den Ausbau der erneuerbaren Produktionskapazitäten geschuldet ist. Das müssen wir tun, um über den Berg zu kommen“, erläutert Walther.

Es lohnt sich jedoch, diese Übergangsphase in Kauf zu nehmen. Trotz der steigender Netzentgelte, die private Haushalte zweifellos belasten werden. Der Ausbau der Übertragungsnetze benötigt im Schnitt drei bis sechs Jahre Planungs- und Genehmigungsphase. Bei den aktuellen im Bau befindlichen Projekten rechnet der Energieexperte mit einer Fertigstellung im Jahr 2027 oder 2028. Dadurch erhöht sich die Flexibilität und Belastbarkeit des deutschen Stromnetzes. Infolgedessen müssen weniger Redispatches durchgeführt werden – also weniger Kraftwerke hoch- oder heruntergefahren werden. Da für nicht abgeregelte Anlagen auch keine Entschädigungssummen gibt, sinken die Redispatch-Kosten entsprechend. Laut Bundesrechnungshof beliefen sich allein diese Summen im vergangenen Jahr auf stolze 3,1 Milliarden Euro. Beinahe doppelt so viel, wie noch im Jahr 2017. Das Einsparpotenzial ist in diesem Bereich daher besonders hoch und dürfte langfristig neben den niedrigen Gestehungskosten der Erneuerbaren Energien den größten Effekt auf unseren Strompreis ausüben.

Preiszonensplitting ist keine Lösung

Das häufig diskutierte Preiszonensplitting für Deutschland sieht der Energieexperte hingegen nicht als „Allheilmittel“. Deutschland in verschiedene Stromregionen einzuteilen, beschleunigt die Umstrukturierung der Netze keineswegs. Sogar das Gegenteil könnte der Fall sein, da auch dieses System seine Zeit für die Einführung brächte. Walther schätzt die benötigte Dauer für die Umstrukturierung eines solchen Ausmaßes auf rund drei Jahre. Damit wären wir bereits im Jahr 2027 angekommen, bevor andere Vorteile dieser Reform überhaupt greifen könnten. Da 2027 oder 2028 bereits die Effekte des Stromnetzausbaus erwartet werden, käme ein Erfolg nicht früher. Zumal keine Aufteilung von Preiszonen das Verteilnetzproblem beheben könnte, das an vielen Stellen zum Preistreiber dank der nötigen Abregelungen wird.

Keine Kommentare

[-AMP Version-]