Man stelle sich eine Welt vor, in der es im Winter nicht zu kalt und im Sommer nicht zu warm ist. Dieser Welt sind wir kürzlich ein gutes Stück näher gekommen. Entwicklungsleiter Herbert Shea von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) und seinem Team ist es gelungen, ein mobiles Belüftungssystem zu kreieren, das ohne Pumpen auskommt und sich in Textilien einweben lässt. Damit könnte unsere Kleidung uns im Sommer kühlen und im Winter wärmen. Doch das ist nicht das einzige mögliche Einsatzgebiet.
Intelligente Kleidung – so geht’s
Eines der Probleme war bisher, dass ein hydraulisches Kühlungssystem Pumpen benötigen würde, die die Flüssigkeit zum Zirkulieren bringen. Diese in Kleidung zu integrieren, wäre jedoch einerseits unhandlich und andererseits laut. Beides Probleme, die das Forscherteam aus der Schweiz nun gelöst zu haben scheint. „Wir präsentieren die weltweit erste Pumpe in Form einer Faser. Es handelt sich im Wesentlichen um Schläuche, die ihren eigenen Druck und Durchfluss erzeugen“, so Shea. Dazu setzen die Forscher auf eine neuartige Herstellungstechnik. Im Zuge dieser werden zunächst Kupferdrähte und Polyurethanfäden um einen Stahlstab verdreht und anschließend mittels Wärme verschmolzen.
Im weiteren Verlauf wird der Stab entfernt. Übrig bleiben Fasern respektive ein Schlauch mit einem Durchmesser von circa zwei Millimetern. Die Elektroden, die nun von Innen in die Wand des Schlauches eingebettet sind, ionisieren und beschleunigen Moleküle einer speziellen nicht leitenden Flüssigkeit. Es entsteht eine Strömung, wobei besagte Flüssigkeit unterschiedliche Temperaturen aufweist und daher sowohl wärmen als auch kühlen kann. Diese Methode bringt zahlreiche Vorteile mit sich. So ist der Betrieb einerseits leise und vibrationsfrei. Und erfordert andererseits lediglich eine handtellergroße Batterie anstelle einer Pumpe. Zudem sind die verwendeten Materialien kostengünstig und die robuste Bauweise soll bei der Wäsche der smarten Kleidung auch herkömmliche Reinigungsmittel zulassen.
Einsatz im VR-Milieu
Abseits der handelsüblichen Kleidung ziehen die Forscher den Einsatz ihrer Technologie im VR-Segment in Erwägung (virtuelle Realität). Denn jede „Pumpe“ kann auch individuell angesteuert werden. Somit ließe sich etwa nur der Zeigefinger der linken Hand kühlen (mittels eines Handschuhs). Und zwar dann, wenn der Spieler diesen im virtuellen Raum gegen ein kühles Objekt hält – welches im realen Raum nicht mehr die erforderliche thermale Beschaffenheit aufweisen muss.
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In einem nächsten Schritt will das Forscherteam die elektrische Effizienz verbessern und weitere Elemente wie etwa Sensoren oder gar die Stromversorgung in die Faserform überführen, damit sich diese ebenfalls ohne Einschränkungen in Textilien integrieren lassen.