In den vergangenen Monaten legte die Schufa viel Wert darauf, ihr Image in der Bevölkerung zu verbessern. Einer der Gründer hierfür könnte sein, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) seit dem 26. Januar 2023 einen Fall verhandelt, dessen Auswirkungen für das generelle System der Auskunfteien in Europa vernichtend sein könnten. Denn die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verbietet es, dass Computer Entscheidungen über Menschen treffen, welche diese entweder rechtlich oder auf eine ähnliche Weise beeinträchtigen könnten. Nun steht die Schufa zusammen mit vielen deutschen Mobilfunkanbietern abermals in der Kritik. Der Vorwurf: illegale Datenweitergabe. Betroffenen soll bis zu 5.000 Euro Schadensersatz zustehen.
Illegale Datenweitergabe: O2, Telekom & Vodafone
Dass große deutsche Mobilfunkanbieter wie Telefónica (O2), Telekom & Vodafone seit Jahren und ohne Einwilligung der Kunden sogenannte Positivdaten an die Schufa übermitteln, machten die Süddeutsche Zeitung und der NDR bereits 2021 publik. Es folgte eine Klage der Verbraucherzentrale und im April 2023 ein Urteil gegen Telefónica. Eine solche Datenweitergabe erfordere eine freiwillige Einwilligung. Doch diese wurde nicht eingeholt. Inzwischen ergaben Recherchen der Verbraucherkanzleien WBS.LEGAL und Legalbird, dass die Datenweitergabe auch im Anschluss an das gerichtliche Urteil ohne Einwilligungen fortgesetzt wurde.
„Wir haben bereits über 15.000 Schufa-Auszüge für unsere Mandanten angefordert und nach den ersten 3.500 Datensätzen festgestellt, dass jeder dritte Mobilfunkvertrag tatsächlich auch betroffen ist“, so Andreas Quauke von Legalbird. Die prozentuale Verteilung der Positiveinträge pro Mobilfunkbetreiber konzentriere sich dabei auf die großen Netzbetreiber. Spitzenreiter sei Vodafone mit 35 Prozent aller Einträge, gefolgt von Telefónica (26 Prozent) und der Telekom (17 Prozent).
Betroffenen stünde nach Auffassung der beiden Kanzleien bis zu 5.000 Euro Schadensersatz zu. Die Summe orientiert sich dabei an bereits in der Vergangenheit geleisteten Schadensersatzzahlungen bei illegalen Schufa-Einträgen. Handynutzer können mittels eines von Legalbird bereitgestellten Formulars prüfen, ob sie ebenfalls betroffen sind und Schadensersatzansprüche haben.
Was sind Positivdaten?
Laut dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit handelt es sich bei den übermittelten Positivdaten um „Informationen, die keine negativen Zahlungserfahrungen oder sonstiges nicht vertragsgemäßes Verhalten zum Inhalt haben.“ Die beiden Kanzleien vermuten jedoch, dass auch diese vermeintlich neutralen Informationen negative Rückschlüsse über Verbraucher zulassen würden: „Bereits die Anzahl der abgeschlossenen Verträge oder der häufige Wechsel eines Mobilfunkvertrags können z. B. als Indiz für Anbieter-Hopping zu günstigen Konditionen gewertet werden. Das sehen Unternehmen nicht gern und könnten jemanden deshalb als nicht vertrauenswürdig einstufen.“
Erst vor wenigen Wochen machte ein mehrseitiges Schreiben der Schufa Schlagzeilen. Darin bat die Auskunftei Geschäftskunden, schriftlich zu bestätigen, dass der Schufa-Score in Ihrem System eine Vertragsentscheidung nicht bereits vorwegnehmen würde, kein K.-o.-Kriterium für die Begründung eines Vertragsverhältnisses sei und nicht zu einer automatischen Ablehnung eines Vertragsabschlusses führe. Damit wollten sich die Verantwortlichen mit Blick auf das bevorstehende Urteil des EuGH frühzeitig absichern. Doch der Plan scheint nicht aufgegangen zu sein.