Es dürfte nicht mehr lange dauern, bis autonome Fahrzeuge sich aus der Science-Fiction verabschieden und in die Liste der Alltagstechnologien überführt werden. Doch noch ist die Technik augenscheinlich nicht so weit. Das unterstreicht ein aktueller Fall, im Rahmen dessen ein Robotaxi des Google-Tochterunternehmens (Alphabet Inc.) Waymo eine doppelte durchgezogene Linie überfuhr, in die Gegenspur wechselte und über einen längeren Zeitraum im Gegenverkehr fuhr. Dennoch verteidigt der Hersteller das Vorgehen seines Taxis.
Autonome Kurzschlussreaktion?
Die US-amerikanische Großstadt San Francisco fungiert bereits seit Längerem als Testgelände für selbstfahrende Taxis der Hersteller Waymo und Cruise. Doch nach einem Unfall sprach eine US-Verkehrsbehörde Ende 2023 das Fahrverbot für Cruise-Robotaxis ohne menschlichen Fahrer aus. Nun sorgt Konkurrent Waymo für Negativschlagzeilen.
Ein auf Reddit veröffentlichtes Video zeigt, wie ein Waymo-Robotaxi im Rahmen einer nicht alltäglichen Verkehrssituation eine durchgezogene Linie überquert und etwa 30 Sekunden lang auf der Gegenspur fährt. In einer Stellungnahme gegenüber dem San Francisco Chronicle rechtfertigte der Hersteller dieses Vorgehen. Demnach hätte das Fahrzeug das Risiko berücksichtigt, dass ein voran fahrender Rollerfahrer stürzen könnte, und deswegen „ein vorsichtiges Überholmanöver eingeleitet“. Anschließend hätte das Robotaxi „länger als nötig“ auf der Gegenspur verbracht, um die Rollerfahrer während der Rückeingliederung nicht zu gefährden.
Ob diese Rechtfertigung vor einem Verkehrsgericht Bestand hätte, bleibt allerdings fraglich. Denn ein einfaches Bremsmanöver wäre eine deutlich ungefährlichere Reaktion auf die im Video gezeigte Verkehrssituation gewesen. Selbst dann, wenn das Fahrzeug gänzlich zum Stehen gekommen wäre. Waymo versprach, eine Lehre aus dem Ereignis zu ziehen.
Selbstfahrende Fahrzeuge – 5 Level
Experten haben das autonome Fahren in fünf Level unterteilt. Den Anfang macht dabei „Assistiertes Fahren“ auf Level 1. Dazu zählt etwa der automatische Spurhalteassistent oder eine automatische Abstandshaltung bei der Geschwindigkeitsregelanlage (Tempomat). Auf Level 5, dem „Autonomen Fahren“, sind die Autos hingegen vollkommen eigenständig unterwegs. Bei allen Mitfahrern handelt es sich um Passagiere, die nicht für Regelverstöße oder Unfälle im Straßenverkehr haften. Außerhalb fester Testareale haben Fahrzeuge bisher jedoch lediglich Level 3 erreicht.