Nun ist es offiziell: In Nordrhein-Westfalen drohen im kommenden Jahr massive Einschränkungen im Bahnverkehr. Und dafür ist nicht die Deutsche Bahn verantwortlich. Vielmehr dreht sich das drohende Chaos um den Privatbahn-Betreiber Abellio. Der hat offiziell verkündet, sich aus dem Nahverkehr in Deutschlands bevölkerungsreichsten Bundesland zurückzuziehen. Und zwar schon zu Ende Januar 2022.
Abellio NRW ist ab Februar Geschichte
Das Ende von Abellio in NRW hatte sich in den vergangenen Wochen bereits abgezeichnet. Die Tochtergesellschaft der niederländischen Staatsbahn hatte in den vergangenen Jahren immer wieder hohe Verluste eingefahren. Einerseits wegen steigenden Lohnkosten, aber auch wegen zusätzlichen Kosten, die sich unter anderem aus Schienenersatzverkehren und Strafzahlungen wegen zu hohen Verspätungen ergaben.
Aus dem Plan von Abellio, in Nordrhein-Westfalen unter verbesserten Vertragskonditionen über mehrere Monate einen geregelten Übergang zu gewährleisten, wollten die örtlichen Verkehrsverbünde nicht akzeptieren. Und das führt nun dazu, dass Abellio schon in zwei Monaten nicht mehr die zugeteilten Strecken bedienen darf. Dazu zählen unter anderem die folgenden Verbindungen:
- RE 1 (RRX) von Aachen nach Hamm
- RE 11 (RRX) von Düsseldorf nach Kassel
- diverse S-Bahn- und Regionalbahn-Strecken im S-Bahn-Netz Rhein-Ruhr
Andere Bahn-Gesellschaften sollen übernehmen
Abellio ist nach DB Regio NRW das zweitgrößte Bahnunternehmen in Nordrhein-Westfalen. Jährlich sind nach eigenen Angaben mehr als 20 Millionen Passagiere in den Zügen unterwegs. Ab Februar sollen andere Bahnbetreiber die bisher von Abellio genutzten Züge übernehmen. Neben DB Regio gilt unter anderem das britische Unternehmen National Express als aussichtsreicher Kandidat. National Express betreibt in Nordrhein-Westfalen bereits die Regional-Express-Linien RE 4 (Aachen – Dortmund), RE 5 (Wesel – Koblenz), RE 6 (Minden – Köln), RE 7 (Krefeld – Rheine) und die Regionalbahn RB 48 (Bonn – Wuppertal).
Welches Unternehmen die bisher von Abellio betriebenen Strecken in Zukunft konkret betreiben darf, darüber soll voraussichtlich am 9. Dezember eine Entscheidung fallen. Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) hatte angekündigt, entsprechende Notvergaben vorzubereiten. Abellio wird nach eigenen Angaben keine neuen Angebote für den Betrieb der Bahnlinien abgeben, da man nicht eingeladen worden sei.
Der VRR erklärte dazu, dass „zwingend rechtliche Gründe“ eine erneute Direktvergabe an Abellio nicht erlauben. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Privatbahnbetreiber die geforderten Leistungen zuverlässig sicherstellen könne, erachtet man bei den nordrhein-westfälischen Nahverkehrsverbünden als gering. Die damit verbundenen Risiken wollen VRR, NWL und NVR weder ihren Fahrgästen noch den Mitarbeitenden zumuten.
Neue Bahngesellschaften übernehmen betroffene Mitarbeiter
Betroffene Mitarbeiter sollen übrigens nicht unter dem Aus von Abellio leiden. Vorgesehen ist, dass die rund 1.000 Mitarbeiter von den neuen Bahngesellschaften übernommen werden. Dabei sei auch geplant, etwaige Urlaubstage und Überstunden zu übernehmen. Der Fahrgastverband ProBahn rechnet trotzdem damit, dass insbesondere in den ersten Wochen des Übergangs Verspätungen und Ausfälle nicht zu verhindern sind. Denn in den vergangenen Wochen hätten bereits viele Mitarbeiter selbst ihre Verträge bei Abellio gekündigt – zermürbt wegen schon seit Wochen unsicheren Perspektiven.
Die künftig teureren Nahverkehrsverträge unterstützt das Land Nordrhein-Westfalen mit einer Finanzspritze in Höhe von bis zu 380 Millionen Euro. Andere Abellio-Gesellschaften in Deutschland (Westfalenbahn, Abellio Rail Mitteldeutschland) fahren übrigens wie gewohnt weiter.