Trump sitzt selbstsicher im Weißen Haus und ist überzeugt, dass die iPhone-Produktion einfach nach Amerika verlagert werden kann. Bei einer Pressekonferenz sagte White House Press Secretary Karoline Leavitt gestern Folgendes auf die Frage, ob das iPhone in die USA umziehen könnte: „Absolut! Er ist der Meinung, dass wir die Arbeitskraft, die Belegschaft und die Ressourcen haben, um das zu schaffen. Und wie Sie wissen, hat Apple 500 Milliarden Dollar hier in den Vereinigten Staaten investiert – wenn Apple also nicht glauben würde, dass die USA das hinbekommen können, hätten sie diesen riesigen Batzen Geld wahrscheinlich nicht investiert.“
Man konnte der anwesenden Presse anmerken, dass sie nicht wirklich überzeugt war – und das aus gutem Grund. Es gibt berechtigte Zweifel an der Umsetzbarkeit. Zudem ist klar, dass ein in den USA produziertes iPhone deutlich teurer wäre als das Modell aus Asien.
Kann Apple das iPhone allein in den USA produzieren?
Einfache Antwort: Nein! Nicht, wenn man Trumps Strafzölle umgehen und gleichzeitig alle Rohstoffe, Arbeitskräfte und Bauteile aus den USA beziehen möchte.
Trotzdem scheint sich in der US-Administration die Meinung durchzusetzen, dass eine reine US-Produktion, also ein iPhone „Made in USA“, durchaus möglich wäre. Vor einigen Tagen erklärte Trumps Handelsminister Howard Lutnick in einem Fernsehinterview: „Die Armee aus Millionen von Menschen, die winzige Schrauben eindrehen, um iPhones zu produzieren – so etwas wird nach Amerika kommen.“
Dass diese Aussage Quatsch ist, lässt sich mit mehreren Fakten belegen:
Die Lieferkette und die Rohstoffe
Apple, das übrigens durch Trumps Zölle ein Fünftel seines Wertes verlor und nun nicht mehr das wertvollste Unternehmen der Welt ist, müsste mehr tun, als einfach ein oder zwei „iPhone-Werke“ zu errichten. Schon in meinem Artikel über Trumps Zölle und die Auswirkungen auf US-Produkte habe ich erwähnt, dass Apple stolz auf die Beteiligung von über 50 Ländern an seiner Produktion verweist. Auf der offiziellen Apple-Seite heißt es wörtlich: „Tausende Unternehmen und Millionen Menschen in mehr als 50 Ländern sind Teil unserer Lieferkette und tragen mit ihren Fähigkeiten, Talenten und ihrem Einsatz zur Herstellung, Lieferung, Reparatur und Wiederverwertung unserer Produkte bei.“
Foxconn in China kann sich innerhalb von Stunden spezialisierte Bauteile für die Endmontage liefern lassen, da die Industrie in Shenzhen so stark verdichtet ist. Diese komplette Infrastruktur müsste in den USA erst aufgebaut werden – und dennoch würden Rohstoffe fehlen. Materialien wie Tantal, Lithium oder Wolfram sind in den USA nur in kleinen Mengen vorhanden. Bis zu 80 Prozent der seltenen Erden kommen aus China, und Kobalt gibt es in den USA so gut wie gar nicht. Übrigens macht sich das Internet längst über die USA lustig, wenn es um die iPhone-Produktion geht:
Das Fachpersonal
Apple hat nicht die benötigten Fachkräfte. Das Unternehmen profitiert davon, dass die Fertigung in Asien so gut skaliert ist und schnell auf Bedarf reagiert werden kann: Morgen werden 15.000 Arbeiter gebraucht? In China sind sie in kurzer Zeit vor Ort – in den USA wäre das undenkbar. Tim Cook selbst sagte bereits vor fast zehn Jahren, dass in den USA nicht genug Fachkräfte vorhanden seien. Während in China der Fokus auf Fertigung liegt, gibt es hierzulande nur wenige speziell geschulte Arbeitskräfte. Präzisionsmontage, Qualitätskontrolle und der Schichtbetrieb mit tausenden Mitarbeitenden? In den USA kaum umsetzbar.
Die Kosten
Apple bzw. die USA haben also weder die Rohstoffe noch die nötige Infrastruktur oder das Fachpersonal, um das iPhone komplett in den USA zu produzieren. Damit ist Trumps Plan eigentlich schon vom Tisch. Und das sind noch nicht mal die Produktionskosten, die hier fehlen. Apple müsste seinen Mitarbeitenden deutlich höhere Löhne zahlen, außerdem wären weiterhin Rohstoffe und Bauteile aus dem Ausland nötig. An diesem Punkt kommen auch wieder die Strafzölle ins Spiel, die Trump jüngst für China auf insgesamt 104 Prozent anhob.
Was würde das iPhone „Made in USA“ denn kosten?
Schauen wir uns genauer an, was das für den Preis des iPhones bedeuten würde. Eines vorab: Die Experten sind sich noch nicht ganz einig. Analyst Dan Ives von der Investmentfirma Wedbush erklärte gegenüber CNN, dass ein iPhone bei Verlagerung der Produktion nach West Virginia oder New Jersey rund 3.500 US-Dollar kosten könnte. Sollte Apple nur zehn Prozent der Lieferkette in die USA verlagern, würde das das Unternehmen schätzungsweise 30 Milliarden US-Dollar kosten, so der Analyst.
Needham-Analystin Laura Martin merkt an, dass die Verlagerung von nur 14 Prozent der iPhone-Produktion nach Indien drei Jahre gedauert hat. Der Faktor Zeit spielt also auch eine große Rolle. Die New York Post schätzt, dass der Preis eines iPhone 16 Pro Max künftig bei etwa 2.300 US-Dollar liegen könnte – was einem satten Aufschlag von rund 700 US-Dollar entspricht. Analyst Wayne Lam von TechInsights vermutet sogar, dass der Preis für das iPhone 16 Pro allein aufgrund der Bauteile von 550 auf 820 Dollar steigen könnte.
Wie auch immer: Das Premium-Handy „Made in USA“ wäre auf jeden Fall eine sehr teure Angelegenheit, besonders wenn man davon ausgeht, dass Apple zumindest einen Teil der Mehrkosten an die Käufer weitergeben muss.
Warum Donald Trump glaubt, dass Apple sich 20 Jahre lang eine perfekte Lieferkette mit Schwerpunkt China aufgebaut hat, nur um sie jetzt in die USA zu verlagern, bleibt wohl sein Geheimnis. Aber was die Preise der iPhones in Zukunft angeht, dürften wir noch in diesem Jahr eine Antwort bekommen.