Zugegeben, den Aufschlag zur aktuellen Preisrunde auf dem Mobilfunkmarkt hat weder der Branchenriese Telekom noch der Lebensmittel- und Mobilfunkdiscounter Aldi gemacht. Den Stein ins Rollen gebracht hat am 23. Dezember des vergangenen Jahres jemand anderes. Hier hat der vierte deutsche Netzbetreiber 1&1 zum großen Aufschlag ausgeholt. 9,99 Euro monatlich für eine unlimitierte Handyflatrate hieß es seinerzeit. Es war ein Preisniveau erreicht, von dem mancher in Deutschland nicht zu träumen wagte. Und so war dieses Angebot auch nicht ganz ohne Fußnoten, führte aber zu einem in dieser Form einmaligen Preisrutsch auf dem deutschen Mobilfunkmarkt. Flatrates für 10 Euro sind das neue „Normal“ – doch zu welchem Preis?
Aldi: Unlimited für 9,99 Euro ist nicht unlimitiert
Zunächst einmal gilt das, was auf dem deutschen Mobilfunkmarkt seit zig Jahren gilt: Lese das Kleingedruckte! Denn dann siehst du, dass du beispielsweise bei Aldi mitnichten für 9,99 Euro einfach unlimitiert drauf lossurfen kannst. Nach den ersten 15 GB gibt’s die Vollbremsung: Ab hier musst du die weitere Nutzung bis zum Ende des Abrechnungszeitraums aktiv freischalten. Gigabyte für Gigabyte auf Neue. Das ist für den Nutzer, der bisher mit 15 GB monatlich ausgekommen ist und jetzt kostenlos die Datendrossel deaktivieren kann, super. Wer aber davon ausgegangen ist, dass er für 9,99 Euro unlimitiert Netflix HD sehen oder die SIM-Karte gar in einen Router tun kann, der wird schnell eines Besseren belehrt.
Telekom: Unlimited für 9,99 Euro ist möglich – aber mit Risiko
Anders bei der Telekom. Hier kannst du ab heute tatsächlich für 9,95 Euro mit allem, was das Netz hergibt, surfen. „Unlimited“ ist der Slogan, mit dem die Telekom wirbt – zu Recht! Doch kannst du ab heute in den Telekom-Shop gehen und dir für 9,95 Euro monatlich eine unlimitierte SIM-Karte buchen? Nein! Du wirst mit einem Vertrag für 84,95 Euro monatlich den Shop wieder verlassen. Denn der Preis von 9,95 Euro gilt erst ab dem dritten Vertrag unter einer Kundennummer – und dann auch nur für diesen.
Die beiden ersten Verträge zahlen mindestens 49,95 Euro (mit Magenta Eins 39,95 Euro) sowie 19,95 Euro monatlich. Im Schnitt ist die Unlimited Flatrate also bei drei SIM-Karten für 26,62 Euro (23,28 Euro mit Magenta Eins) zu haben. Ein guter Preis, keine Frage. Er setzt aber mindestens drei Familienmitglieder oder Freunde voraus, für die man bereit ist, einen Vertrag abzuschließen. Denn der Vertragsinhaber muss identisch sein. Bist du allein oder willst nicht für die Verträge anderer einstehen, kostet dich die Flatrate 84,95 Euro monatlich – ein erheblicher Preisunterschied.
MagentaMobil XS | MagentaMobil S | MagentaMobil M | MagentaMobil L | MagentaMobil XL | |
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Allnet- und SMS-Flat in alle deutschen Netze | |||||
monatliches Inklusivvolumen (LTE & 5G) | 20 GB | 30 GB | 50 GB | 100 GB | unlimitiert |
Multi-SIMs | 1 Multi-SIM | 2 Multi-SIMs | |||
Flatrate für Gespräche von Deutschland in die Länder der EU + Schweiz, Großbritannien und Türkei | |||||
5 GB Daten-Roaming in den Ländergruppen 2 und 3 | inklusive | ||||
Grundgebühr pro Monat | 29,95 Euro | 39,95 Euro | 49,95 Euro | 59,95 Euro | 84,95 Euro |
Konkurrenz zwingt Anbieter zum Handeln
Dennoch ist die Flatrate für LTE und 5G so etwas wie das neue „Normal“ geworden. Bei 1&1 findest du das Flatrate-Nachbuch-Prinzip aktuell für Preise ab 14,99 Euro monatlich (25 GB bis zur ersten Nachbuchung) und o2 bietet dir eine auf 15 Mbit/s gedrosselte Flatrate für gerade einmal 19,99 Euro (oder ungedrosselt für 29,99 Euro). Wohlgemerkt ohne, dass du mehrere Verträge abschließen oder jedes Gigabyte erbetteln musst.
Die Flatrate für LTE und 5G ist in Deutschland angekommen. Aktuell versucht noch der ein oder andere Anbieter, durch Nachbuch-Optionen oder möglichst viele Verträge unter einer Kundennummer einen Run auf die unlimitierten Daten im Zaum zu halten. Etwas, worauf die Kunden jahrelang gewartet haben, ist endlich da. Doch dabei hat es den Anschein, als wollten die Anbieter das Angebot gar nicht wirklich machen. Die Konkurrenz aber scheint sie dazu zu zwingen.
Gleich mehrere Sprichwörter fallen mir zu dem Phänomen ein. Die Katze ist also aus dem Sack und kaum mehr einzufangen. Die Büchse der Pandora ist geöffnet. Oder aber: Ist die Zahnpasta erst einmal aus der Tube, so geht sie nicht mehr hinein. Und genau so ist es bei der Flatrate und der Entwicklung, die sich in den vergangenen drei Monaten abzeichnet: Das Vorpreschen von 1&1 hat zu einem Preisverfall auf dem Mobilfunkmarkt geführt, den es lange nicht mehr gab. Genau das war politisch mit dem Start von 1&1 als viertem Netzbetreiber gewollt.
Datenverkehr steigt, Umsatz pro Kunde sinkt – was passiert mit den Netzen?
Gleichzeitig handeln sich die Mobilfunker damit gigantischen Zusatztraffic in den Netzen ein. Schon ohne günstige Flatrates stieg der Datenverkehr in den Netzen zwischen 2022 und 2023 um 41 Prozent. Das wiederum erfordert einen massiven Ausbau der Netze, um weitere Kapazitäten zu schaffen. Doch das Geld dafür wird fehlen, da der durchschnittliche Umsatz pro Kunde rapide sinkt. Ein Beispiel: Im zweiten Quartal 2014 erzielte die Telekom noch einen Umsatz von 14,20 Euro monatlich je Kunde. Knapp zehn Jahre später, Ende 2024, waren es nur noch 8 Euro.
Angesichts dessen, dass die Telekom ihr Netz auf Gigabit-Datenraten anheben will und Telekom, Vodafone und O2 in fünf Jahren jeweils 99,5 Prozent der Fläche (!) Deutschlands versorgen müssen, eine bedenkliche Entwicklung. Ein Sendemast auf dem Land kostet mindestens 300.000 Euro. Finanzieren lässt sich das bei sinkendem Umsatz nur mit immer mehr Kunden. Wohl einer der Gründe, warum es die günstigen Flatrates bei der Telekom nur dann gibt, wenn du mehr als einen Vertrag abschließt. Und warum sich 1&1 eine Abmahnung der Verbraucherschützer einhandelt, weil man Extremnutzern kündigen will und dieses sogar in den Leistungsbeschreibungen verankert.
Am Ende bleibt nur das Resümee: What you get is what you pay for. Wer wirklich erwartet, für monatlich 10 bis 15 Euro unlimitiert per Mobilfunk surfen zu können, der lässt die entstehenden Kosten beim Netzausbau schlichtweg außer Acht. Oder anders ausgedrückt: Nicht alles, was in der Werbung glänzt, ist auch Gold. Gerade, wenn die Anbieter Tarife nur anbieten, um damit auf die Konkurrenz zu reagieren und auf einen Zug aufspringen, gilt das umso mehr. Dennoch: Für dich als Verbraucher ist die aktuelle Flatrate-Entwicklung super, solange man nicht mit übertriebenen Vorstellungen in den Vertragsabschluss geht.
Eine neue, spannende Tarif-Entwicklung hat begonnen, deren Ende vollkommen offen scheint. Für Verbraucher. Und für die Anbieter.
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