Neue Klasse: Bei BMW übernehmen die Superbrains

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Für seine “Neue Klasse” rührt BMW schon länger die Werbetrommel - immer wieder wurden kleine Häppchen in Form von Studien oder ersten technischen Details serviert. Nun lässt der Hersteller den Vorhang fallen. 
BMW: Neue Klasse

BMW: Die Neue Klasse als antriebsneutrale Plattform ist die Basis des Software defined Vehicles (SDV)

Die sogenannte „Neue Klasse“ des Autobauers BMW soll sich durch ihre Software definieren. Dazu setzt BMW auf tiefgreifende Änderungen. Die Autos werden mit vier Hochleistungsrechnern ausgestattet, der klassische Kabelbaum verschwindet. Bei der neuen Plattform, die für alle Modelle und Antriebsarten genutzt wird – also sowohl in den Autos mit Verbrennungsmotor, aber auch den batterie-elektrisch angetriebenen und den hybriden Mischformen – wird auf neu konzipierte Elektronik zur Steuerung gesetzt. 

Die Software bestimmt das Auto

Als Grundlage dient das Konzept des von Software bestimmten Fahrzeugs (Software Defined Vehicle, kurz SDV). Dabei wird die Entwicklung neuer Funktionen nicht mehr im Zusammenhang mit der eigentlichen Fahrzeugentwicklung vorangetrieben, sondern als eigener Prozess gedacht.

Das zeigt sich auch in der eigentlichen Konzeption der Elektronik der Plattform der Neuen Klasse. Diese basiert auf vier leistungsstarken Hauptrechnern, die im Vergleich zur vorangegangenen Elektronik-Architektur eine um das 20-fache gesteigerte Rechenleistung mitbringt. Sie sollen der darauf genutzten Software eine stabile Umgebung bieten und sind von der eigentlichen Fahrzeugentwicklung entkoppelt. Damit erhalten die Entwickler nicht nur mehr Spielräume bei der Konzeption neuer Funktionen.

Neben einer steigenden Flexibilität im Rahmen der Erstellung soll auch die Aktualisierung der Software erheblich erleichtert werden. Neuerungen werden nicht mehr speziell für jedes Fahrzeug einzeln entwickelt, was sich besonders positiv auf Updates auswirken soll. Diese werden künftig nicht mehr für jeweils eine einzelne Generation von Modellen, sondern über Jahre hinweg über den gesamten Fahrzeugbestand ausgerollt.

Vier Hochleistungsrechner, kein Kabelbaum

Um seiner Software keine Hürden in den Weg zu stellen, hat BMW auch die zu Grunde liegende Hardware neu gedacht. Die Neue-Klasse-Plattform verfügt über vier Hochleistungsrechner, die auch als „Superbrains“ bezeichnet werden und im Vergleich zur aktuellen Fahrzeuggeneration die 20-fache Performance für die Software-basierten Anwendungen bereitstellen sollen. 

Allerdings wird nicht nur stumpf für mehr Leistung im Auto gesorgt. Das jeweilige Fahrzeug wird in ebenfalls vier Zonen aufgeteilt: den Vorderwagen, den Rumpf, das Heck und das Dach. Jede dieser Zonen wird von einem eigenen Zonen-Controller verwaltet, die zudem als Man-in-the-Middle den Austausch zwischen den vom eigentlichen Fahrzeug entkoppelten Superbrain-Rechnern übernehmen. Damit wurde auch der klassische Kabelbaum überflüssig und von einer sogenannten zonalen Kabelbaum-Architektur ersetzt, die nicht nur einen schnelleren Datenaustausch ermöglicht. Sie lässt die Fahrzeuge der neuen Generation leichter werden. BMW erklärt, dass insgesamt 600 Meter Kabel und damit 30 Prozent an Gewicht eingespart wurden. 

Zudem wurden mit diesem Schritt die klassischen Schmelzsicherungen durch digitale Sicherungen ersetzt, die sogenannten Smart eFuses. Sie erlauben nicht nur schlankere und damit leichtere Kabel, sondern bieten noch einen weiteren Vorteil. Die Smart eFuses sorgen nicht nur für die Energieverteilung zu den einzelnen Komponenten. Sie können ebenfalls einzeln programmiert und damit für bestimmte Szenarien optimiert werden. Werden einzelne Komponenten nicht benötigt, können sie abgeschaltet werden, was bei entsprechenden Modi wie etwa Fahren, Parken, Laden und Upgraden zu einer erheblichen Reduktion des Energieverbrauchs führen soll. BMW stellt allein hierdurch eine Ersparnis von 20 Prozent in Aussicht.

Neue Klasse noch in diesem Jahr

Inwieweit sich die verheißungsvollen Ankündigungen dann tatsächlich im Alltag bemerken lassen, bleibt abzuwarten. Übermäßig strapaziert wird die Geduld dabei jedoch nicht. Während sich etwa VW mit seinem elektrischen Kleinwage ID.1 noch bis 2027 Zeit lassen will, sollen die ersten BMWs der Neuen Klasse noch in diesem Jahr zu den Händlern kommen. Konkrete Modelle wurden allerdings noch nicht in Aussicht gestellt.

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