Der September spuckte wie kein anderer Monat in diesem Jahr vulkanartig Platte um Platte aus. Sehnsüchtig wartete so mancher in unserer Redaktion auf das neue Album von The Mars Volta. Doch wie David Bowie verändern sich auch The Mars Volta von Album zu Album. Die Psychedelic-Rock-Zeiten scheinen längst Geschichte zu sein, das neue Album ist durchtränkt mit Synthie-Pop-Elementen, die sich mit House-Klängen vermengen. Nur hier und da lässt sich noch eine E-Gitarre ausmachen. Nun, The Mars Volta haben es ebenso wenig in die Top 5 Platten des Monats bei Spotify geschafft wie Clutch mit dem neuen Album „Sunrise On Slaughter Beach“ und Crippled Black Phoenix mit „Banefyre“. Letztgenannte ist beileibe nicht schlecht, aber die 5, die jetzt kommen, waren alle einen Hauch besser.
The Butterfly Effect – IV
Die Geschichte der 1999 in Brisbane gegründeten Rockband „The Butterfly Effect“ ist lang und verworren. Um es in einem Satz zusammenzufassen: Der Sänger verließ die Band voller Groll und Hass Mitte 2012, kehrte aber fünf Jahre später wieder zurück, nachdem sich die Band aufgelöst und wieder zusammengerauft hat. Davor und danach entstanden die vier Alben der Australier. Das aktuelle vierte Album ist zwar mit „IV“ einfallslos betitelt, der Name sagt aber das aus, was es ist, das vierte Album. Hier gibt es die Scheibe bei Spotify. 14 Jahre nach der letzten Platte sind The Butterfly Effect also zurück. Und es könnte eines der schönsten Comebacks des Jahres sein.
Die Platte beginnt besonnen und zart, verwandelt sich aber Lied für Lied in eine raue Rock-Scheibe, die bei vielen Hard-Rock- und Alternative-Metal-Fans hoch im Kurs stehen dürfte. In „The Other Side“ verbindet der Sänger Clint Boge mit seiner melodischen Stimme die dominante Perkussion mit verzerrten Gitarren zu einem der besten Stücke der Platte. Seine exzellente Gesangsleistung tritt auch in „Great Heights“ zutage. Begleitet von massiven Basskombis und einem aggressiven Gitarrenriff geht die Melodie jedoch nie verloren. Das letzte Stück der Platte „Visiting Hours“ ist eine eher ruhige, wunderbare Prog-Ballade, die an frühere Zeiten der Band erinnert. Erwähnten wir schon, dass es das schönste Comeback des Jahres sein könnte?
Tyler Brant & The Shakedown – Shake The Roots
Mit Tyler Brant & The Shakedown geht es insgesamt etwas geschmeidiger zur Sache, aber deshalb nicht minder rockiger. Das US-amerikanische Quartett vermengt auf ihrem ersten Independent-Album „Shake The Roots“ (hier bei Spotify) klassische Rock-Riffs mit Blues und Roots-Rock. So mancher Song trieft gerade so vor Nashville, der Welthauptstadt der Country-Musik. Es verwundert deshalb nur wenig, dass ein Stück „Tennessee“ heißt.
Während Songs wie „Ghostrider“ an frühe Kid-Rock-Zeiten erinnern und einen mitreißen, ist „Shakles“ die moderne Interpretation von Blues. Die Band schmückt diesen aber mit sich krümmenden E-Gitarren aus. Das Album hat freilich auch seine Schwächen, doch wenn es nach gut 40 Minuten mit „Midnight Oil“ zu Ende geht, hat man Bock, eine Bar in Nashville aufzusuchen und sich einen hinter die Binde zu kippen.
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Suede – Autofiction: Neue Britpop-Platte gehört zur Top 5 auf Spotify
Sie gelten bis heute als Wegbereiter des Britpop und wurden 1992 zur besten neuen Band in Großbritannien gewählt. Obwohl die Band sich von dem Begriff distanziert, bildet sie gemeinsam mit Oasis, Blur und Pulp die „Big Four“ des Britpop. Mit „Autoficion“ bringen Suede ihr neuntes Studioalbum heraus (hier bei Spotify hören).
Und was soll man sagen? Nach 30 Jahren auf dem Buckel haben es die Briten immer noch drauf. Die neue Platte hat alles, was man von Suede erwartet. Brett Andersons erstaunliche und melancholische Stimme, pulsierenden Basslinien, Streicher, die den Hintergrund zum Leben erwecken und dann plötzlich, in „Drive Myself Home“ ein Piano, das zur Hälfte der Platte eine Ballade einstreut. Die Band hat mit „Autofiction“ ein rohes Album erschaffen, auf dem Hintergrundgeräusch von Gesprächen, Gitarrenrückkopplungen und sogar Geräusche von Klettverschlüssen zu hören sind. Man sehnt sich beim Hören nach einem Live-Gig der Band.
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The Black Angles – Wilderness Of Mirrors: Das Psychedelic-Rock-Album des Jahres bei Spotify?
Nach fünf Jahren Stille sind The Black Angles zurück. „Wilderness of Mirrors“ ist erst ihr sechstes Album, obwohl es die Band aus Texas bereits seit 2004 gibt. Wer auf die Psychedelic-Rock-Platte des Jahres gewartet hat: Nun, hier ist sie (auch bei Spotify).
Die Band weiß, wie man mit verzerrten Gitarren und unzähligen Schichten widerhallender Instrumente eine bewusstseinsverändernde Klangpalette erzeugt. Bei so manchem Lied der neuen Platte fühlt man sich wohl so, wie sich Raoul Duke in Hunter Thomsons Geschichte „Fear and Loathing in Las Vegas“ gefühlt haben muss. Man reist in die späten 60er und frühen 70er-Jahre zurück. In eine drogenrauschgeschwängerte Zeit, in der LSD die Welt bunt machte und „Lucy in the Sky with Diamonds“ der Beatles für so manchen zur Hymne wurde. Und wenn es das nicht war, dann Jefferson Airplanes „Somebody To Love. Mit „Wilderness of Mirrors“ gehen The Black Angles diesen Weg jetzt weiter.
Slipknot – The End, So Far
Kurz vor Redaktionsschluss eingetroffen und noch taufrisch ist die neue Platte der Chaos-Metaller Slipknot. „The End, So Far“ (hier gibt’s das Album bei Spotify) startet mit dem völlig ungewöhnlichen Opener „Adderall“, der einen an die Hand nimmt und auf eine Reise einlädt, vor der man sich zunächst etwas fürchtet. Ist die amerikanische Nu-Metal-Combo aus Iowa auf den Mainstream-Zug aufgesprungen? Ist das da gerade Bono von U2, der behutsam traurige Tasten anschlägt oder sind die verrückten Maskenträger nach 27 Jahren Bandgeschichte alt geworden? Nach einem düster-sphärischen Intro geht es nämlich fast schon poppig weiter, was sich auch nicht bis zum zweiten Song, „The Dying Song (Time to Sing)“ ändert. Der startet ebenfalls mit einem gewöhnungsbedürftigen Intro im Stile einer US-Party-Punk-Band, steigert sich dann aber schnell und ruppig, jedoch noch nicht gänzlich brutal zum gewohnten Slipknot-Sound.
Die endgültige Erlösung für die bibbernden Slipknot-Fans gibt es ab „The Chapeltown Rag“. Ab hier können Fans der Grobknüppel-Band auch grobes Geknüppel erwarten – auch wenn das Stück nicht zu den Top-Songs der Platte zählt. Nachdem „Yen“ mit einem Balladen-Einstieg die ganze Vielfältigkeit der Band zeigt, kannst du dir für den Rest der Platte den Kopf vom Körper semmeln lassen. Ab hier gibt es dann klassischen Slipknot-Sound, der sich gewaschen hat.
Das Album, in einem Moment düster und erhebend, im nächsten wütend und explosiv, dürfte zwar zu den umstrittensten, gleichzeitig aber auch zu den besten von Slipknot gehören. Denn es knüppelt und schmettert zwar, enthält aber auch sentimentale Momente.
Noch mehr kolossale Musik bei Spotify?
Und für alle, die jetzt noch nicht genug haben, kommen hier die besten Platten bei Spotify der vergangenen Monate: