Dadurch, dass Netflix-Anmeldedaten von Benutzern mit anderen geteilt werden, gehen dem Streaming-Anbieter Einnahmen verloren. Darum hat Netflix bereits seit März 2022 mit einer Testphase in Costa Rica, Peru und Chile begonnen. Diese soll alternativ eine Zusatzgebühr einführen, um legales Account-Sharing zwischen Haushalten zu ermöglichen. Doch anstatt zur Besserung der Situation zu führen, treibt die Aktion gegen Account-Sharing Kunden stattdessen zur Kündigung.
Aktion gegen Account-Sharing startete im Testlauf – Ergebnisse sind ernüchternd
Dass Netflix sich für den Testlauf für Peru, Costa Rica und Chile entschieden hat, ist kein Zufall. Dort sitzen im Vergleich zu anderen Ländern deutlich weniger Kunden. Somit lässt sich ein großer Negativ-Effekt auf viele Nutzer zur gleichen Zeit vermeiden. Durch diesen Testlauf will der Streaming-Anbieter verhindern, dass ihm weitere Kunden in den USA oder Europa den Rücken kehren, sobald die neue Regelung aktiv wird. Denn bereits im ersten Quartal dieses Jahres büßte Netflix 200.000 Abonnenten ein. Das hatte heftige Auswirkungen auf den Aktienkurs des Unternehmens, der zwischenzeitlich sogar auf einen Wert von lediglich 164,42 Euro sank.
In der Theorie mag es nach einer guten Zusatzmöglichkeit klingen, Kunden ein legales Account-Sharing zu ermöglichen. In der Praxis kommen dadurch jedoch sehr viele Fragestellungen auf den Streaming-Anbieter und seine Nutzer zu. Eine der wichtigsten davon ist: Wie genau wird ein Haushalt definiert? Ebendieser wesentliche Anhaltspunkt scheint beim Beginn der Aktion gegen Account-Sharing nicht geklärt zu sein. Laut Rest of World seien selbst die Support-Mitarbeiter in den drei Testländern vorab nicht davon unterrichtet worden, dass die Veränderung kommt und welche Definition für einen Haushalt anzuwenden sei. Verärgerte Kunden hätten täglich angerufen und nach Informationen verlangt, die die Support-Mitarbeiter nicht bereitstellen konnten.
Einer von Netflix‘ Vertretern erklärte Rest of World auf Nachfrage, dass sich das Unternehmen bewusst sei, dass einige Abonnenten „Haushalt“ anders verstehen. Nämlich, den Begriff als eine direkte Verwandtschaft zum Abonnementinhaber auslegen. Dies sei jedoch nie die Definition gewesen, die das Unternehmen anstrebte. Für Netflix wären mit diesem Begriff schon immer Personen gemeint, die im gleichen Gebäude leben. Dazu bestätigte das Unternehmen, dass die Einführung der Maßnahme gegen Account-Sharing weiter andauert. Unterschiedliche Abonnenten könnten daher zurzeit verschiedene Preise zahlen.
Abonnenten tappen im Dunkeln
Laut mehreren peruanischen Benutzern, die Rest of World befragte, habe Netflix viele vorab nicht über die veränderten Bedingungen von Netflix informiert. Teilweise habe man sogar bis zu zwei Monate nach dem Start der Aktion noch immer keine einheitliche Benachrichtigung über die veränderten Abonnementbedingungen erhalten. Für einige war dieser Preisanstieg Grund genug, das Abonnement direkt zu kündigen. Andere hingegen fuhren damit fort, ihren Account unter Haushalten zu teilen, ohne etwas von den veränderten Nutzungsbedingungen zu wissen oder ignorierten diese vollständig.
All diese Faktoren tragen zur zusätzlichen Verwirrung der Abonnenten bei. Viele Nutzer scheinen keinen Überblick mehr darüber zu haben, ob sie gegen die Richtlinien verstoßen oder nicht. Ebenso wenig darüber, welche Kosten nun in ihrem Abonnement auf sie zukommen. Infolgedessen haben sich viele entschieden, dem Streaming-Dienst direkt den Rücken zu kehren, anstatt sich weiter mit der undurchsichtigen Erneuerung auseinanderzusetzen. Es bleibt abzuwarten, ob Netflix die Erfahrungen in diesen drei Ländern richtig interpretieren kann, um seine Aktion gegen Account-Sharing anderenorts vernünftig durchzusetzen.