Ohne Mobilfunkfrequenzen wäre es nicht möglich, mit dem Handy zu telefonieren oder unterwegs im Internet zu surfen. Vereinfacht gesprochen verbinden sich die Smartphones mithilfe der in ihnen verbauten Antennen über die Frequenzen mit den Mobilfunkbasisstationen, von wo die Sprach- und Datenverbindungen zum entsprechenden Ziel weitervermittelt werden. Eigentlich hätte in diesem Jahr eine neue Versteigerung von Mobilfunkfrequenzen angestanden. Doch wenn man den Worten von Bundesnetzagentur-Chef Klaus Müller im „Handelsblatt“ Glauben schenken darf, fällt diese Versteigerung aus. Stattdessen sollen bestehende Lizenzen verlängert werden, die Mobilfunknetzbetreiber im Gegenzug aber dazu verpflichtet werden, ihre Netze noch stärker auszubauen.
LTE-Frequenzen kommen nicht unter den Hammer
Hintergrund: Ende dieses Jahres laufen die Nutzungsrechte in den Bereichen 800 MHz, 1.800 MHz und 2,6 GHz aus. Diese Frequenzen werden vorrangig für den Betrieb von LTE-Netzen verwendet. Und in den kommenden fünf Jahren sollen die Frequenzen von den hierzulande aktiven Netzbetreibern wie gewohnt genutzt werden dürfen. Der Staat kassiert nur eine moderate Gebühr für die Verlängerung der entsprechenden Nutzungslizenzen, aber keine hohen Milliardensummen, die im Rahmen einer Auktion möglich gewesen wären.
Die Netzbetreiber wiederum sparen sich die hohen Frequenzkosten und können das eingesparte Geld stattdessen in den Netzausbau pumpen. Sie erhalten weitestgehend exakt das, was sie in der Vergangenheit fast schon gebetsmühlenartig gefordert hatten. Und so stünden sie gewissermaßen Zugzwang, wenn sie nicht an Glaubwürdigkeit verlieren wollen.
Entsprechend will die Bundesnetzagentur die hierzulande agierenden Mobilfunknetzbetreiber stärker als jemals zuvor verpflichten, den Netzausbau in der Fläche voranzutreiben. BNetzA-Chef Müller findet gegenüber dem „Handelsblatt“ deutliche Worte: „Wir brauchen auch an jeder Milchkanne schnellen Mobilfunk“, so der ehemalige Verbraucherschützer. Gerade im ländlichen Raum benötige Deutschland eine deutlich bessere Mobilfunkversorgung.
Mobilfunknetze in Deutschland sollen sich stark verbessern
Das Ziel: Anfang 2030 sollen auf mindestens 99,5 Prozent der deutschen Staatsfläche Downloads mit mindestens 50 Mbit/s möglich sein. Auf dünn besiedelter Fläche sollen bereits Anfang 2029 mindestens 99 Prozent der Haushalte eine Downloadrate von 100 Mbit/s nutzen können. Und: Ab Januar 2029 soll an allen Landes- und Staatsstraßen eine Download-Geschwindigkeit von 50 Mbit/s nutzbar sein. Ab Anfang 2030 auch entlang aller Kreisstraßen.
Während die Verlängerung der Mobilfunkfrequenzen für Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica Deutschland gute Nachrichten sind, sind es für 1&1 eher schlechte. Das Unternehmen baut derzeit ein viertes Mobilfunknetz in Deutschland auf, kann sich ohne Auktion aber keine neuen Frequenzen für den Aufbau eines Netzes in der Fläche sichern. Laut „Handelsblatt“ soll deswegen Telefónica verpflichtet werden, einen Teil der eigenen Frequenzen in Zukunft (auch) 1&1 zur Verfügung zu stellen. Auf Anfrage wollte sich 1&1 nicht zu diesen Plänen äußern.
Leitplanken für Verhandlungen mit Diensteanbietern in der Kritik
Die etablierten Netzbetreiber sehen unterdessen sogenannte „Leitplanken für Verhandlungen“ kritisch, die die Bundesnetzagentur aufstellen möchte. Sie sollen es Diensteanbietern wie Freenet ermöglichen, eigene Tarife auch ohne eigenes Handynetz zu „angemessenen Vertragskonditionen“ anzubieten, wie es BNetzA-Chef Müller formuliert. Telefónica-Chef Markus Haas warnt, dies entbehre „jeder sachlichen und rechtlichen Grundlage.“ Eine solche Ausweitung sei „Ausdruck einer Überregulierung in einem nachweislich wettbewerbsintensiven Mobilfunkmarkt.“
Auch die Telekom sieht eine weitergehende Bevorzugung von Diensteanbietern kritisch. „Das würde das Ansinnen, die Netzabdeckung zu verbessern, sogar ausbremsen“, warnte eine Sprecherin auf Anfrage von inside digital. „Angesichts des starken vorhandenen Wettbewerbs wäre es im Gegenteil sinnvoller, die ausbauenden Unternehmen von der schon bestehenden Regulierung zu entlasten.“
Vodafone-Chef Marcel de Groot fordert unterdessen weniger Bürokratie für einen schnellen Mobilfunkausbau in Deutschland. In einem Gespräch mit der FAZ hatte er jüngst mahnend den Zeigefinger gehoben: „Die Ausbauverpflichtungen sind mit die härtesten in ganz Europa.“ Es seien deswegen passende Spielregeln notwendig – „vor allem schnellere Baugenehmigungen.“