Auf vielen innerdeutschen Verbindungen nutzen mehr als 70 Prozent der Reisenden die Schiene. Besonders deutlich wird der Trend auf den Strecken „Berlin-München“, „Berlin-Köln“, „Berlin-Stuttgart“, „Berlin-Essen“ und „Berlin-Düsseldorf“. Hier liegt der Anteil der Bahnfahrer bei über 70 Prozent. Zwischen Berlin und München nehmen sogar 77 Prozent der Reisenden den Zug. Der Bau der Schnellfahrstrecke über Nürnberg, Erfurt und Halle (Saale) hat die Attraktivität der Bahn auf dieser Strecke deutlich erhöht: Die Fahrzeit liegt unter vier Stunden, der Anteil der Flugreisenden nur noch bei drei Prozent. Die Quelle dieser Zahlen: Mobilfunkdaten aus dem Telefónica-Netz.
Innerdeutscher Flugverkehr verliert an Bedeutung
Auch auf den Verbindungen Berlin-Köln, Berlin-Stuttgart sowie Berlin-Essen und Berlin-Düsseldorf wählen jeweils rund 70 bis 77 Prozent der Reisenden die Bahn. Dennoch bleibt das Auto auf manchen Strecken eine ernstzunehmende Alternative. Insbesondere auf mittleren Distanzen wie Dortmund-Frankfurt oder München-Stuttgart greifen mehr als die Hälfte der Reisenden lieber zum eigenen Wagen oder zum Fernbus.
Der Anteil des innerdeutschen Luftverkehrs liegt im Schnitt nur noch bei sieben Prozent. Eine Ausnahme bildet die Strecke zwischen Frankfurt am Main und Hamburg: Hier fliegen 42 Prozent der Reisenden – mehr als die, die den Zug nutzen (41 Prozent). Auf der Verbindung Frankfurt–Berlin wählt noch rund ein Drittel der Reisenden das Flugzeug. Weitere Strecken mit nennenswertem Fluganteil sind Düsseldorf–München, Hamburg–Stuttgart und Hamburg–München. Auch hier setzt mehr als jeder Fünfte auf den Flieger.
Mobilfunkdaten als Grundlage der Analyse
Die Grundlage für die Mobilitätsstudie bilden anonymisierte und aggregierte Mobilfunkdaten von O2 Telefónica. Das Telekommunikationsunternehmen vernetzt rund 45 Millionen Menschen in Deutschland. Pro Tag fallen etwa 18 Milliarden Datenpunkte an, die – so versichern die beteiligten Unternehmen – unter strengen Datenschutzvorgaben ausgewertet werden. Die Daten für diese Analyse stammen aus dem Februar 2025.
Das Unternehmen Teralytics analysiert diese riesigen Datenmengen und kann daraus Bewegungsmuster sowie die Nutzung verschiedener Verkehrsmittel ableiten. Die Mobilfunkdaten zeigen dabei nicht einzelne Personen, sondern aggregierte Bewegungsströme zwischen Städten. Durch die Verknüpfung von Aufenthaltsmustern, typischen Geschwindigkeiten und Streckenverläufen lassen sich präzise Rückschlüsse ziehen, ob Reisende die Bahn, das Auto oder das Flugzeug genutzt haben.
„Mit unseren Analyse- und Softwareprodukten wollen wir einen Beitrag dazu leisten, die richtigen Prioritäten bei richtungsweisenden Investitionen zu setzen“, sagt Georg Polzer, CEO der Teralytics AG. „Dank unserer Partnerschaft mit O2 Telefónica können wir Ministerien, Verkehrsbehörden und Transportunternehmen mit hochqualitativen Daten über das Mobilitätsverhalten in Deutschland versorgen.“ Auch O2 Telefónica betont den breiten Nutzen der Mobilfunkdaten. Sie sollen dabei helfen, Verkehrsinfrastruktur gezielter zu planen, aber auch Entscheidungen im Einzelhandel, Tourismus oder bei Behörden zu unterstützen.
Wie Mobilfunkdaten die Verkehrsplanung verändern
Anonymisierte Mobilfunkdaten gelten als neue Währung für die Verkehrs- und Stadtplanung. In Deutschland spielt dabei insbesondere Teralytics eine zentrale Rolle. Das Unternehmen greift für seine Analysen auf Daten aus dem Netz von Telefónica Deutschland (O2) zurück.
Ein frühes Projekt war 2017 „So bewegt sich Deutschland“. Gemeinsam mit Telefónica untersuchte Teralytics schon damals die täglichen Bewegungsströme zwischen Postleitzahl-Gebieten. Auch Umweltaspekte rückten früh in den Fokus. Im Pilotprojekt „Nürnberg – Luftqualität“ analysierte Teralytics, wie Mobilitätsströme Emissionen beeinflussen. In Zusammenarbeit mit Telefónica NEXT und der South Pole Group wurden Verkehrsflüsse und die daraus entstehenden CO₂- und NOx-Werte berechnet. Die Mobilfunkdaten ermöglichten eine bis zu 77-prozentige Übereinstimmung mit realen Schadstoffmessungen. Das von der EU geförderte Projekt zeigte erstmals, wie präzise Mobilfunkdaten Umwelteinflüsse abbilden können.
Auch während der Corona-Pandemie spielten Mobilfunkdaten eine Rolle: Das Statistische Bundesamt nutzte anonymisierte O2-Daten, um Mobilitätsindikatoren zu erstellen. So ließ sich genau beobachten, wie sich die Bewegungsmuster der Bevölkerung während der Lockdowns veränderten. Diese Daten umfassten etwa 30 Prozent der deutschen Mobilfunknutzer und wurden hochgerechnet, um bundesweite Mobilitätstrends abzubilden.
Telekom hat Datengeschäft aufgegeben
Neben Teralytics setzen auch Mobilfunkanbieter selbst auf Bewegungsdaten: Die Telekom hatte über ihre Tochter Motionlogic anonymisierte Bewegungsdaten bereitgestellt. Bekannt wurde das ebenfalls vor allem im Rahmen der Corona-Pandemie bei der Unterstützung des Robert Koch-Instituts im Frühjahr 2020. Rund 46 Millionen Anschlüsse flossen damals in die Analysen ein. Die Firma Motionlogic wurde allerdings Mitte 2020 geschlossen, ob und in welchem Umfang die Telekom heute noch derartige Daten analysiert, ist unklar. Wenn, würde sie dieses über ihre Tochter T-Systems machen.
Vodafone betreibt ebenfalls eigene Big-Data-Analysen. Während der Corona-Krise stellte Vodafone Italien Bewegungsdaten zur Verfügung, um die Effekte von Lockdown-Maßnahmen zu bewerten. Zudem beteiligte sich Vodafone an europaweiten Initiativen, die länderübergreifende Mobilitätstrends sichtbar machten – auch für Deutschland. Konkrete Projekte lassen sich aber kaum finden.
Ein Blick nach Frankreich zeigt, dass auch Orange anonymisierte Bewegungsdaten systematisch auswertet. Über die Plattform Flux Vision analysiert der Anbieter Touristen- und Pendlerströme. Beim Festival „Fête des Lumières“ in Lyon konnten so beispielsweise Besucherströme aus Deutschland und anderen Ländern genau erfasst werden.
Mobilfunkdaten liefern heute wichtige Erkenntnisse für Verkehrsplaner, Städte, Veranstalter und sogar Gesundheitsbehörden. In Deutschland sind neben den Netzbetreibern vor allem Spezialisten wie Teralytics entscheidend daran beteiligt, aus anonymisierten Bewegungsmustern verwertbare Informationen zu machen. Alleine im O2-Netz stehen durch 45 Millionen Nutzer täglich 18 Milliarden Datenpunkte zur Verfügung, so das Unternehmen. Sie seien alle anonymisiert und später dann aggregiert, sodass keine Rückschlüsse auf einzelne Nutzer möglich sind.
Widerspruch möglich
Du kannst übrigens der Nutzung deiner Bewegungsdaten bei zwei der drei etablierten Netzbetreibern widersprechen. Die Telekom bietet dafür ein Online-Formular an. Bei Telefónica kannst du mit einer SMS widersprechen. Dazu schickst du das Wort „Abmelden“ an die 66866. Vodafone verkauft in Deutschland offenbar keine Bewegungsdaten an Dritte und erfasst diese daher offenbar nur zur Verbesserung des Netzes. Eine Widerspruchsmöglichkeit gibt es hier nicht mehr.