In einer Sache sind sich Gamer fast immer einig: Wir hassen Mikrotransaktionen. Und warum auch nicht? Mikrotransaktionen sind das Paradebeispiel für alles, was in der modernen Gaming-Welt falsch läuft. Die Schuld liegt natürlich bei den gierigen, bösen Spielefirmen… oder? Aber sind sie wirklich alleine schuld? Vielleicht haben wir Gamer dieses Problem auch selbst geschaffen – an dem Tag, an dem Tausende echtes Geld für ein Stück Pferderüstung ausgegeben haben. Seitdem gibt es Mikrotransaktionen, wie wir sie heute kennen – und wir müssen nun mit den Konsequenzen leben.
Die heimliche Liebe zu Mikrotransaktionen
Vor ein paar Tagen stieß ich auf eine interessante Studie von Newzoo, die das Ausgabeverhalten von Gamern untersuchte. Das Ergebnis? PC-Spieler geben satte 58 Prozent ihres Geldes für Mikrotransaktionen aus. Weitere 14 Prozent fließen in den Kauf von DLCs für Spiele, die sie bereits besitzen. Gerade einmal 28 Prozent unseres Budgets investieren wir noch in neue Vollpreisspiele.
Und Konsolenspieler? Auch hier landen rund 37 Prozent der Ausgaben bei Mikrotransaktionen und DLCs.
Als ich diese Zahlen sah, fragte ich mich ernsthaft: Wie kann das sein? Schließlich beschweren sich doch alle lautstark, wenn ein neues Spiel einen Ingame-Shop ankündigt. Gleichzeitig trauern wir dem schleichenden Tod hochwertiger Singleplayer-Spiele nach.
Am Ende kam ich zu einer ernüchternden Erkenntnis: Wir leben in einer selbsterfüllenden Prophezeiung. Wir misstrauen neuen Vollpreisspielen – besonders, wenn sie von bestimmten Studios kommen (ja, Ubisoft, wir schauen dich an). Dadurch kaufen wir vorsichtiger. Und bei neuen Free-to-Play-Titeln? Da halten wir uns erst recht zurück, aus Angst, dass sie bald wieder eingestellt werden. Ironischerweise sorgen wir damit selbst dafür, dass genau das passiert.
Was bleibt uns also? Wir bleiben bei Altbewährtem: Call of Duty, Fortnite, GTA Online – Spiele, in die wir längst investiert haben. Entwickler stehen dann vor der Herausforderung, weiterhin Geld von bestehenden Spielern zu verdienen, um die Server am Laufen zu halten. Und womit geht das am besten? Richtig: Mikrotransaktionen und DLCs.
Zur Verteidigung der Mikrotransaktionen
Lasst uns für einen Moment den Teufel spielen: Mikrotransaktionen sind nicht immer nur schlecht. Ohne sie – und ohne Ingame-Werbung – gäbe es heute vermutlich kaum noch kostenlose Spiele. Und mal ehrlich: Niemand zwingt uns, echtes Geld für ein neues Cosmetic auszugeben.
Solange Mikrotransaktionen rein kosmetisch bleiben, haben selbst die größten Kritiker oft wenig dagegen. In einer perfekten Welt könnten sie sogar dazu beitragen, Vollpreisspiele günstiger und damit für mehr Menschen zugänglich zu machen. Gerade angesichts der ständig steigenden Preise wäre das ein schöner Gedanke.
Auch bezahlte DLCs können sinnvoll sein – etwa bei Fallout 4 und dem Add-On Far Harbor, das praktisch eine völlig neue Spielerfahrung bietet. Diese Erweiterungen kosten Zeit und Geld in der Entwicklung – es ist also fair, dafür extra zu zahlen. Doch ein großes Problem bleibt: Mikrotransaktionen – selbst die gut gemeinten – haben oft eine manipulative Komponente, die besonders Kinder trifft.
EU schlägt Alarm: Mikrotransaktionen schaden Kindern
Als Erwachsener kann ich selbst entscheiden, ob mir ein neues Waffen-Skin das Geld wert ist. Kinder aber? Sie verstehen den Wert von Geld oft noch nicht richtig. Außerdem reagieren sie laut der Europäischen Kommission viel empfindlicher auf Werbung.
Wenn sie auf Social Media eine neue Promo ihres Lieblingsspiels sehen – und dann auch noch Freunde damit angeben –, entsteht schnell ein massives Gefühl des „Dazugehören-Müssens“ (FOMO – Fear of Missing Out). Dieses Gefühl kann echten psychischen Stress auslösen. Im Extremfall sogar zu Mobbing oder sozialem Ausschluss führen.

Ein Beispiel: Star Stable Online, ein Spiel speziell für Kinder. Hier können Spieler „Clubs“ gründen – soziale Gruppen im Spiel. Oft wird erwartet, bestimmte Cosmetics (natürlich gegen Echtgeld) zu besitzen, um aufgenommen zu werden. Ohne diese Items? Keine Chance auf Zugehörigkeit.
Wie sollten Videospiele in Zukunft aussehen?
Die EU nennt mehrere Faktoren, die Mikrotransaktionen gefährlich machen:
- Direkte Ansprache von Kindern in Werbung
- Zeitlich begrenzte Angebote, die Druck aufbauen
- Unklare oder intransparente Preisangaben
- Influencer, die nicht ausreichend offenlegen, dass sie bezahlt wurden
Und ganz ehrlich: Mir fällt spontan kein einziges Spiel ein, das nicht mindestens eine dieser Taktiken nutzt. Aktuell betreffen die neuen Richtlinien vor allem Spiele, die gezielt Kinder ansprechen. Aber es ist klar: Der Druck auf die gesamte Branche wächst.
Das wirft einige spannende Fragen auf: Wie finanzieren sich Online-Spiele für Kinder künftig? Haben solche Spiele überhaupt noch eine Zukunft? Sollte es sie überhaupt geben? Laut der Europäischen Kommission sollten Videospiele am besten gänzlich von virtuellen Währungen absehen. Werden wir also bald statt virtueller Währungen klare Euro-Beträge neben Skins und Co. sehen?
Wie genau die Zukunft der Mikrotransaktionen aussieht, weiß ich nicht. Eines steht für mich allerdings fest: Sie sind da, um zu bleiben und werden die Gaming-Welt noch über viele Jahre hinweg prägen. Ob die vorgeschlagenen Maßnahmen der Europäischen Kommission Spieler, und insbesondere Kinder, wirklich schützen können, muss sich zeigen.
