Mehr Glasfaser-Anschlüsse als Haushalte: Der Kampf um den Kunden

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Jahre, wenn nicht Jahrzehnte schien es, als wenn die Glasfaserleitung für schnelles Internet nie zu den Kunden käme. DSL und VDSL waren das Allheilmittel. Jetzt aber übertreffen die Ausbau-Ankündigungen der Anbieter sogar die Anzahl der möglichen Haushalte.
Ein Warnschild vor einer Glasfaser-Baugrube der Telekom
Ein Warnschild vor einer Glasfaser-Baugrube der TelekomBildquelle: inside digital / Thorsten Neuhetzki

Hört man sich in der Telekommunikationsbranche um, gibt es aktuell zwei große Themen. Eines betrifft die Mobilfunkanbieter und die anstehende Neuvergabe wichtiger Frequenzen. Und das andere Thema betrifft die Festnetzanbieter und den aktuell laufenden Glasfaserausbau. Insbesondere zu letzterem gehören aber auch viele Störgeräusche wie gegenseitige Behinderungen, Androhungen von Überbau, dem Rückzug aus bestimmten Orten und Qualitätsmängeln beim Ausbau. Aktuell wird das unter anderem an der Hauptstadt Berlin deutlich. Nachdem über Jahre kein Anbieter hier so wirklich in Glasfasernetze investieren wollte, gibt es nun ein Überangebot – zumindest bei den Ankündigungen.

Berlin: 3,5 Millionen Glasfaser-Anschlüsse für 2 Millionen Haushalte

Wie der Berliner Tagesspiegel nachgerechnet hat, kommen die in Berlin tätigen Anbieter zusammen bis 2030 auf angekündigte 3,5 Millionen Anschlüsse. Doch so viele Haushalte hat selbst die Hauptstadt nicht. Bei etwa 2 Millionen Haushalten bedeutet die Zahl, dass viele Haushalte – würde tatsächlich alles gebaut werden – zwei Leitungen bekommen. Was für den Kunden wie ein Paradies klingt, ist tatsächlich aber volkswirtschaftlicher Irrsinn. Kein Haushalt in Deutschland hat zwei Wasseranschlüsse, Stromanschlüsse oder Gasleitungen. Genauso unnötig ist eine zweite Glasfaser-Leitung. Denn das Geld, das ein Anbieter in die Hand nehmen muss, um eine zweite, ungenutzte Leitung zu verlegen, fehlt an anderer Stelle, wo Haushalte auf schnelles Internet warten.

Glasfaser statt Kabel: Vodafone und Tele Columbus setzen auf neue Übertragungswege

Jüngstes Mitglied in der Berliner Glasfaser-Ausbau-Familie ist Vodafone mit seinem Glasfaser-Partner OXG. In den kommenden Jahren wollen die Unternehmen Glasfaser-Anschlüsse (FTTH) für bis zu 900.000 Haushalte mit einem Investitionsvolumen von bis zu einer Milliarde Euro bauen. Der großflächige Ausbau startet noch in diesem Jahr. Dabei legt OXG nach eigenen Angaben ein besonderes Augenmerk auf die Außenbezirke Berlins. OXG baut und betreibt ein offenes Glasfaser-Netz. Den Anfang wolle man im Stadtbezirk Tempelhof-Schöneberg. Auch wenn dieser sich bis an den Berliner Zoo und damit die Mitte Berlins ausdehnt, gehören auch Außenbezirke wie Marienfelde und Lichtenrade zum Bezirk. Wo man baut, verriet man nicht. Vodafone als Partner versorgt bereits viele Kunden mit Gigabit-Internet über das eigene Kabelnetz, das man nach und nach durch Glasfasernetze ersetzt.

Vermutlich kein Zufall war auch ein Bekunden von Tele Columbus zum Glasfaserausbau in Berlin. Der Anbieter mit dem Markennamen Pyur mache Berlin zur Glasfaserstadt, ließ man wenige Stunden vor der Bekanntgabe von Vodafone und OXG wissen. Man baue das Netz in der Hauptstadt auf 50.000 Kilometer Glasfaser bis in die Wohnungen (FTTH) aus. Derzeit versorge der Anbieter bereits mehr als eine Million Berlinerinnen und Berliner – allerdings weitestgehend per TV-Kabel, das dann auf Glasfasernetze übergeben wird. In den nächsten Jahren würden weitere Glasfaser-Anschlüsse entstehen, bei denen die Lichtwellenleiter bis in die Gebäude verlegt (FTTB) werden. In einem zweiten Ausbauschritt – je nach Vereinbarung mit den wohnungswirtschaftlichen Partnern – soll dieses bis in jede einzelne Wohnung verlängert werden (FTTH).

Deutsche Telekom plant 2 Millionen Anschlüsse in Berlin – und baut aus

Natürlich ist auch die Deutsche Telekom in Berlin aktiv. Sie hatte vor geraumer Zeit als erster Anbieter signifikante Ausbauzahlen angekündigt. Aktuell vergeht kaum eine Woche, in der nicht der Vermarktungs- oder Baustart in einem neuen Wohngebiet verkündet wird. Allein in dieser Woche werden es Berlin-Pankow (Wilhelmsruh), Berlin-Spandau (Wilhelmstadt), Berlin-Reinickendorf (Borsigwalde) sowie Teile von Friedrichshagen, Weißensee und Mitte. Die Telekom hat angekündigt, in den kommenden Jahren 2 Millionen Haushalte an das Glasfasernetz anzuschließen.

Weiterer großer Player in Berlin ist Vattenfall Eurofiber. Der Anbieter arbeitet primär mit der Wohnungswirtschaft zusammen und vermarktet sein Netz ausschließlich über Drittanbieter wie beispielsweise 1&1. Die Zielsetzung hier: 500.000 Haushalten und Unternehmen in der Hauptstadt einen Zugang zum Glasfasernetz zu verschaffen. Der Vorteil des Anbieters beim Ausbau: Man kann auf die Fernwärmeleitungen des örtlichen Versorgers Vattenfall zurückgreifen.

Doch mit Vodafone/OXG, Tele Columbus, Deutscher Telekom und Vattenfall Eurofiber ist die Berlin-Liste noch nicht beendet. Auch 1&1 Versatel und DNS:Net versorgen vereinzelt Endkunden. Und auch Wohnungsbaugesellschaften arbeiten mit Partnern wie Synvia oder Deutsche Multimedia Service (Vonovia) zusammen. Auf Geschäftskundenebene kommen dann noch zahlreiche weitere internationale Player wie Colt oder Globalconnect dazu.

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