Massively Multiplayer Online Role-Playing Games, oder kurz MMORPGs, zählten seit Beginn des Jahrtausends zweifellos zu den begehrtesten Genres weltweit. Durch Games wie Guild Wars, Runescape oder Ultima Online ergaben sich für Gamer neue Welten, in die sie eintauchen konnten, um ihren Alltag zu vergessen.
Was ist das aktuelle Problem von MMORPGs?
Auch mich konnte kaum ein anderes Gaming-Genre mehr fesseln, als es MMORPGs taten. Angefangen mit Spielen wie Everquest, opfere ich jetzt schon seit über 15 Jahren den Großteil meiner Freizeit dem Branchen-Primus World of Warcraft. Allerdings scheint den altgedienten Games die Luft auszugehen und der Ruf nach Neuem wird immer lauter. Das Problem: Publisher verschieben Veröffentlichungen oder bringen nur halbfertige Spiele auf den Markt.
Größter Künstler auf dieser fragwürdigen Bühne ist das Gaming-Studio des Versandriesen Amazon. Sie haben sich die Rechte zu großen Namen wie Lost Ark oder New World gesichert und spätestens seit dessen Release bewiesen, dass es gar nicht so leicht ist, Publisher zu sein. Unzählige Terminänderungen, um ein Spiel zu veröffentlichen, welches nicht einmal ein echtes End-Game aufweisen konnte.
Ich erinnere mich, dass ich mir sogar zwei Wochen Urlaub genommen habe, um meinen Creator-Verpflichtungen nachzukommen, nur um meinen Viewern einen Warteschlangen-Simulator zu zeigen, der in ein unfertiges Game gipfelte. Schön wäre es, hätte Amazon Games aus seinen Fehlern gelernt, allerdings bringt man lahmen Pferden nun mal keine neuen Tricks bei und so wiederholt sich das Ganze aktuell erneut.
Spiele werden angekündigt, Gamer freuen sich darauf und dann kommt das böse Erwachen. Diese aktuelle Situation bringt immer mehr MMORPG-Fans dazu, sich vom Genre abzuwenden und lieber auf Titel zurückzugreifen, die entweder seit Jahren bestehen oder sich an ihre Release-Termine halten – häufig dann aus anderen Genres.
Die Negativbeispiele von Blue Protocol und New World
Anime- und Rollenspiel-Fans warten seit geraumer Zeit auf Blue Protocol. Das Story-based MMORPG von Bandai Namco ist bereits seit einiger Zeit in Japan spielbar, aber westliche Gamer schauen nach wie vor in die Röhre. Ein Release war zunächst für 2023 geplant und als es im Mai 2024 hieß, dass wir eventuell niemals zocken dürfen, wollte ich meinen Ohren nicht trauen.
Sicherlich trägt auch das Entwicklerstudio eine große Mitschuld. Allerdings sind gerade die Publisher hier wieder mit von der Partie. Der asiatische Markt wird von Smilegate bedient, die kurzerhand alle Community-Kanäle geschlossen haben. Als Grund schiebt das Unternehmen den schwarzen Peter den Entwicklern zu. Wieso kann nicht offen kommuniziert werden, wann und vor allem ob wir das Spiel spielen dürfen?
Der Release von Blue Protocol ist ein Parade-Negativbeispiel für die Problematik von MMORPGs. Die Studios teilen den Fans nicht mit, warum sich ein Release erneut verschiebt. Es wird lediglich vertröstet und am Ende mit einem halbfertigen Projekt geworben. Ich merke beim Schreiben dieses Artikels bereits, wie sich meine Halsschlagader wieder bemerkbar macht und ich lieber mein Mantra „Alles wird gut, Dustin“ aufsagen sollte.
Nicht zu vergessen ist zudem New World. Seit dieser Misere und dem daraus resultierenden Spielerabgang sind nun mehr drei Jahre vergangen. Das Spiel galt als große Hoffnung auf dem Rollenspiel-Markt und sollte mit einem einzigartigen Sandbox-Design nicht nur Genre-Veteranen sondern auch Neulinge an Bord holen. Mittlerweile geht das Konzept überhaupt nicht mehr auf und die Spielerzahlen fallen immer weiter.
Auch die große Ankündigung, die im Juni für einen Paukenschlag sorgen sollte, war mehr als nur enttäuschend. Während sich die Stammspieler bereits auf neuen Content eingestimmt haben, reichte es lediglich für einen Port auf Playstation 5 und Xbox. Verständlich also, dass die Fans alles andere als glücklich sind. Den Announcement-Trailer könnt Ihr hier sehen:
Hinter beiden Games steckt im Westen der Publisher Amazon Games. Als wäre das noch nicht genug, sind sie auch für Throne and Liberty zuständig, das, wer hätte es erahnt, ebenfalls mehrfach verschoben wurde. Erst während der Gamescom wurde der Release hier erneut auf den 1. Oktober verschoben. Also noch einmal zwei Wochen nach dem ursprünglichen Termin. Ich möchte hier nicht das Publisher-Studio als solches anprangern, denn die Entwickler tragen in solchen Fällen eine klare Mitschuld.
Allerdings ist die Problematik die (uns) Fans stört, dass die Kommunikation komplett schiefläuft.
Liebe Publisher, sagt uns gerne, woran es gerade hängt, dann lässt sich sicherlich darüber sprechen, die Fackeln wieder niederzulegen.
Eine Wiederholung von 2015 – Wie ist der aktuelle Stand bei Online-Rollenspielen?
Hier ein kleiner Exkurs, damit klar wird, warum es diesen Artikel überhaupt gibt. Im Jahr 2015 beherrschten World of Warcraft und Guild Wars 2 den großen MMORPG-Markt. Final Fantasy XIV wurde ebenfalls immer beliebter, nachdem das zweite Add-On in der Jahresmitte für mächtig Furore gesorgt hatte und mit TESO schlüpfte ein junges Küken, dass an ein großes Franchise anknüpfen durfte.
Allerdings war es das dann auch schon. Spiele wie Tera, Aion oder einer der zahllosen Asia-Grinder waren uninteressant. Ein Spiel war wie das andere und es kam nichts neues. Die Innovationen blieben aus. Zusätzlich wurden in den folgenden Jahren zahlreiche Server abgeschaltet, da das Interesse an solchen Games immer weiter zurückging.
Zwischen 2015 und 2021 herrschte eine große Dürre am Online-Rollenspiel-Markt. Diese sollte mit dem Release von New World unterbrochen werden. Doch wie das lief, habt Ihr ja eben erst gelesen. Mit einem Blick auf den heutigen Stand der MMORPGs wird schnell klar, warum die Sorge um die sterbenden Fantasy-Welten so groß ist.
Laut des Jahresreports 2023, des Verbandes der deutschen Games-Branche (game), war bereits im Jahr 2022 kein einziges MMOPRG in den Top-20-Neuheiten aufzufinden. Neue Games blieben einfach aus. Auch eine Erhebung von Statista zeigt, dass MMORPGs nicht mehr so spannend sind, wie sie es mal waren. Gerade einmal 14 Prozent der Befragten gab an, dass sie Games aus diesem Bereich regelmäßig spielen. Strategiespiele wurden hingegen wurden von 34 Prozent der Kontrollgruppe gespielt.
Eine solche Situation ist nicht nur den fehlenden Innovationen zuzuordnen. Denn Spieler möchten keine unfertigen Early-Access-Games oder verschobenen Releases. Sie wollen, dass ihre Games Spaß machen, sich gut anfühlen und ihnen helfen, sich aus dem schnöden Alltag zu entbinden. Dies fehlt dem MMORPG-Markt aktuell immer mehr.
Tragen große Titel wie Final Fantasy XIV und World of Warcraft eine Mitschuld?
Zur Problematik tragen auch Spiele wie Final Fantasy XIV oder World of Warcraft bei. Die beiden Games sind zweifellos bestimmend im Bereich der MMORPGs und geben vor, welcher Trend gerade herrscht. Dabei klauen sie sich zwar gegenseitig die Spieler, machen es Neulingen durch verschiedene Events oder zusätzliche Spiele (Catalysm Classic lässt grüßen) jedoch möglich, auch in einer altgedienten Community Fuß zu fassen.
Möchte sich nun ein neues Spiel hier seinen Weg bahnen, bedarf es quasi dem „perfekten“ Game. Online-Rollenspieler sind absolut verwöhnt und selbst kleinste Bugs werden auf Reddit oder X (ehemals Twitter) ausgeschlachtet. Sollte also ein Stein nicht korrekt gerendert sein, droht bereits der erste Shitstorm.
Gut, dass ist eventuell etwas übertrieben ausgedrückt, aber so ist die MMORPG-Community nun einmal – und hier schließe ich mich nicht aus. Ich erinnere mich etwa an den Fackelzug gegen Blizzard, als der Cash-Shop oder die WoW-Marke eingeführt wurden.
Aber so schlimm eine Community auch sein kann, so treu ist sie eben auch. Die meisten Spieler in Catalysm-Classic sind beispielsweise WoW-Veteranen und keine Neulinge.
Doch auch hier liegt ein weiteres Problem, das Final Fantasy und World of Warcraft implizieren. MMORPGs leben und sterben mit der Community. Ist diese toxisch, möchte man nichts mit ihr zu tun haben. Droht dieses Gift dann auch noch das neue Game zu befallen, möchten Rollenspiel-Neulinge gar nicht erst den Versuch starten, es auszuprobieren.
Alles in allem lässt also sagen, dass große Titel durchaus eine Mitschuld tragen, diese jedoch hauptsächlich von der jeweiligen Community ausgelöst wird.
So retten wir MMORPGs vor dem Aussterben!
Und mit dieser perfekten Überleitung kommen wir zum Kernpunkt des Artikels. Klar ist, dass MMORPGs gerade einen sehr schweren Stand haben, der durch Massenverschiebungen, schlechte Publisher-Arbeit und langsame Entwicklung nur mit Mühe zu beheben ist. Allerdings tragen auch wir Gamer einen Großteil zum vermeintlichen Aussterben des Genres bei.
Wir müssen aufhören, nach dem goldenen Kral zu suchen. Wir sollten uns darauf besinnen, wofür Computerspiele gedacht sind: Eine Realitätsflucht, die verdammt viel Spaß machen soll. Das Rennen nach „Schneller, Besser, Stärker“ sollte wieder in den Hintergrund geraten und wir dürfen nicht hoffen, dass uns ein neuer Titel die jahrelangen Nostalgie-Kicks eines World of Warcraft ersetzen kann.
Stattdessen sollten wir neue Erinnerungen schaffen. Neue Gilden gründen. Neue Abenteuer erleben. Und vor allem auch mal über kleinere Probleme hinwegsehen. Auch wenn es für mich ein weiter Weg sein wird, diese Gedanken in die Tat umzusetzen, scheint dies die beste Möglichkeit zu sein, das geliebte Genre vor dem Aus zu retten.
Noch ist es nicht zu spät, oder?
Abschließend bleibt also nur abzuwarten, was Amazon & Co. in den nächsten Jahren fabrizieren. Ob sie aus Fehlern lernen, die Entwickler endlich faire Arbeitsbedingungen erhalten und vor allem, ob wir als Community bereit sind auch uns zu ändern.
Wir tragen einen Großteil dazu bei, dass MMORPGs so erfolgreich sind, doch genauso ist es unsere Schuld, dass derzeit eine Existenzkrise des Genres herrscht. Ich für meinen Teil werde nun erst einmal den nächsten Raid mit meinem Schurken machen oder doch lieber meine Parses mit dem Hexenmeister knacken? Wartet, da war ja was…
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Mich stört vor allem, dass die Games in Asien schon ewig laufen und man jahrelang benötigt, bis diese dann mal zu uns kommen. 2-3 Jahre später ist halt die Technik meist schon wieder veraltet oder das Game ging zwischenzeitlich in Asia den Bach runter und kommt dann, wie Blue Brotocol, bei uns gar nicht mehr raus. Vielleicht hätte es ja das westliche Publikum mehr überzeugt?
Bei Serien war es früher auch so, dass diese oft schon ewig in Englisch verfügbar waren, aber mit etwas Warten konnte man Monate / Jahre später dann doch endlich in Deutschland schauen. Das ist bei vielen Serien ja heute anders und diese erscheinen Weltweit zeitgleich in allen Sprachen. Ich finde, das sollte auch in Games der Normalfall werden. (In den meisten Genres außer MMORPGs ist es doch auch möglich?!)
Achja, es heißt (Heiliger) Gral und nicht Kral (…der Klingenhauer). Alter Wow-Veteranen Fehler 😉