Lufthansa verlegt Flugzeuge, Sundair hat große Probleme und am Flughafen Düsseldorf geht ein ganzes Terminal in den Winterschlaf. Nur drei Beispiele für die weiter existierende Krise der deutschen Luftfahrt-Industrie.
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Die Hoffnung in der Luftfahrt-Branche war groß. Nach einem verhängnisvollen Frühjahr mit schwerwiegenden Konsequenzen in Folge der weltweiten Corona-Pandemie wollten die Flughäfen und Fluggesellschaften (nicht nur) in Deutschland neuen Mut schöpfen. Ziel: Das Geschäft im Luftverkehr langsam wieder aufbauen, um Schritt für Schritt zu alter Stärke zurückzufinden. Doch ganz so einfach wie man es sich in der einen oder anderen Management-Etage vorgestellt hat, wird es nicht. Das zeigen gleich mehrere aktuelle Beispiele. Der Krisen-Modus bleibt – und wird nicht nur über Halloween wie ein Schreckgespenst für Unruhe sorgen.
Flughafen Düsseldorf macht Terminal B dicht – Luftverkehr eingebrochen
So hat zum Beispiel der Flughafen Düsseldorf angekündigt, ab dem 3. November keine Flüge mehr über das Terminal B abzufertigen. Das Passagieraufkommen bewege sich derzeit bei rund einem Fünftel des für diese Jahreszeit üblichen Volumens. In den kommenden Wochen rechnet der größte Airport Nordrhein-Westfalens mit insgesamt 100 bis 150 Starts und Landungen pro Tag. An normalen Tagen sind es täglich rund 600 Flugbewegungen.
Die Flugsteige A und C bleiben am DUS geöffnet, um den verbliebenen Luftverkehr abfertigen zu können. Möglich wäre aber, dass auch das Terminal C kurzfristig wieder schließt. Es war schon um Frühjahr im Rahmen der ersten Corona-Welle vorübergehend außer Betrieb genommen worden. Erfreuliche Nachrichten gibt es aber auch: Ab Sonntag verkehrt Emirates wieder zwischen Düsseldorf und Dubai. Und auch Condor hat für November die Rückkehr von Langstreckenverbindungen angekündigt: nach Varadero auf Kuba.
Sundair mit großen Problemen
Die auf Ferienflüge spezialisierte Fluggesellschaft Sundair muss sich unterdessen in ein Schutzschirm-Verfahren begeben. Ziel ist es, die Airline mitten in der Corona-Krise neu aufzustellen und zu restrukturieren. Hilfe holt sich die Fluggesellschaft von einem bekannten Experten in Sachen Insolvenzrecht: Lucas Flöther. Er hatte zuletzt auch die erfolgreiche Neuausrichtung von Condor überwacht. Schwierigkeiten bereitet Sundair nach eigenen Angaben vor allem die Tatsache, dass wegen neuen Reisebeschränkungen vielerorts Passagiere fehlen.
Vor Beginn der Corona-Pandemie sei das Geschäft profitabel gewesen, teilte die Airline mit. Aktuell operiert Sundair – gestartet erst vor drei Jahren – mit zwei Airbus A319 und fünf A320. Zum Beispiel von den Flughäfen Berlin, Dresden und Bremen. Der Geschäftsbetrieb soll wie geplant weiterlaufen, bereits gekaufte Tickets behalten ihre Gültigkeit. Das Schutzschirmverfahren kann man nach deutschem Recht als sanfteste Form einer Insolvenz verstehen. Eine Sonderform eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung.
Lufthansa verlegt Langstrecken-Flieger von München nach Frankfurt
Lufthansa hat unterdessen angekündigt, für die Dauer des Winterflugplans – also bis Ende März 2021 – vier bislang in München geparkte Airbus A350-900 auch am Drehkreuz in Frankfurt einzusetzen. Sie sollen auf Flügen nach Chicago und Los Angeles zum Einsatz kommen und ersetzen auf den Rotationen Maschinen vom Typ Boeing 747-8. Eine Umschichtung des Luftverkehrs sozusagen – auch um Kerosin zu sparen. Denn ein A350 verbraucht im Vergleich mit der Boeing 747-8 nach Angaben von Lufthansa rund zwölf Prozent weniger Treibstoff.
Ab Dezember ist der A350 zudem für die Verbindung von Frankfurt nach Tokio/Haneda vorgesehen. Hier fliegt Lufthansa bisher mit einem Airbus A340-300, der als vergleichsweise sprithungrig gilt. Alle Flüge werden durch Münchner Kabinen- und Cockpitcrews bereedert.
Insgesamt sind in München 16 Flugzeuge des Typs A350-900 stationiert. Aufgrund des durch die Corona-Pandemie stark reduzierten Flugangebots kommen im Winterflugplan 20/21 dort vorerst nur sieben A350-900 auf Routen nach Nordamerika und Asien zum Einsatz.
Trotz der Umschichtung der vier Großraumjets bleibt der Flughafen München für Lufthansa ein Anker für die strategische Zusammenarbeit in der Zukunft. „Wir stehen ohne Wenn und Aber zu unserem Premium-Drehkreuz in München“, sagte unter der Woche Lufthansa-Chef Carsten Spohr. Man habe in den vergangenen Jahren viel erreicht und habe noch viel gemeinsam vor.
Die gute Nachricht zum Schluss: Der BER eröffnet
Und zum Schluss müssen wir noch einen Blick nach Berlin werfen. Denn dort eröffnet am Samstag endlich der internationale Großflughafen Berlin / Brandenburg – kurz: BER. Nach vielen Pleiten, Pech und Pannen wird die Eröffnung nicht mit einem großen Fest gefeiert. Dass dieses unrühmliche Kapitel der deutschen Bau-Geschichte aber endlich ein Ende findet, ist wohl für viele Menschen eine wahre Erleichterung; nicht nur in der Politik. Eigentlich hätte der Flughafen schließlich schon im Jahr 2011 eröffnet werden sollen.
Die ersten Maschinen, die gegen 14 Uhr fast zeitgleich am neuen BER landeten, waren zwei Sonderflüge. Und zwar von den aktuell größten Airlines in Berlin: Easyjet und Lufthansa. Während Easyjet einen Sonderflug in Berlin Tegel starten und kurze Zeit später am BER wieder landen ließ, schickte Lufthansa einen Sonderflug aus München (LH 2020) an den neuen Hauptstadt-Flughafen. An Bord waren neben dem Vorstandsvorsitzenden der Airline auch rund 40 geladene Gäste.
Am Abend werden am neuen Terminal 1 des BER ab circa 20 Uhr dann die ersten Passagiere landen. Fünf Maschinen – alle von Easyjet – sind für den Empfang vorgesehen. Weitere erwartete Maschinen von Ryanair werden wie gewohnt über das Terminal 5 (die alten Terminal-Gebäude des ehemaligen Flughafens Schönefeld) abgefertigt. Die ersten offiziellen Starts ab BER T1 sind für Sonntagvormittag eingetaktet. Im Laufe des Tages heben dort auch erstmals Maschinen von Turkish Airlines und Qatar Airways ab.
Lufthansa am BER: Das musst du wissen
Lufthansa hat angekündigt, erstmals am 8. November ab dem BER zu operieren. Um 6.45 Uhr wird mit dem Flug LH173 nach Frankfurt erstmals ein Lufthansa Flugzeug vom neuen Hauptstadtflughafen abheben. Erste Landungen am BER sind für den 7. November in den späten Abendstunden geplant. Gemeinsam mit Lufthansa nehmen Austrian Airlines und SWISS am 8. November sowie Brussels Airlines am 9. November ihren Betrieb am BER auf. Eurowings zieht bereits etwas früher zum BER um. Am 4. November wird erstmals ein regulärer EW-Flug vom BER abheben.
Übrigens ist auch schon ein zweites Terminal am BER fertig. Es wird wegen der Corona-Pandemie und dem aktuell vergleichsweise geringen Luftverkehrs Stand heute erst im kommenden Jahr in Betrieb gehen. Unter anderem Eurowings soll dann dort beheimatet sein. Gleichzeitig tickt die Uhr für den Flughafen Tegel (TXL). Er soll noch eine Woche in Betrieb bleiben, ehe dort am 8. November endgültig die Lichter ausgehen.