Er gilt als technisches Meisterwerk und ist bei Passagieren gleichermaßen wie bei Piloten für seine ruhigen Flugeigenschaften beliebt: der Airbus A380, das größte Passagierflugzeug der Welt. Im Zuge der Coronapandemie, als weltweit das Fluggastaufkommen dramatisch einbrach, war für den A380 in den Planungen der großen internationalen Airlines kein Platz mehr. Auch bei Lufthansa verschwand der Riesenflieger aus dem operativen Geschäft. Im sogenannten „deep storage“ parken die Maschinen seitdem auf einsamen Flugplätzen in Spanien und Frankreich, um – mehr oder weniger – auf das Ende ihrer Tage zu warten. Denn Lufthansa-Chef Carsten Spohr hatte wiederholt betont: Bei Lufthansa kommt der A380 nicht zurück.
Rolle rückwärts: Airbus A380 erlebt bei Lufthansa ein Comeback
Spohr fuhr damit eine andere Strategie als etwa seine Manager-Kollegen von British Airways, Singapore Airlines oder der australischen Qantas. Dort ist der A380 bereits seit einigen Wochen wieder im Einsatz, um auf stark nachgefragten Strecken für Entlastung zu sorgen. British Airways setzt den Jet unter anderem nach Miami und Washington ein. Qantas fliegt den Großraumjet mit zwei durchgehenden Etagen nicht nur nach Los Angeles, sondern seit wenigen Tagen auch wieder nach London. Bei Singapore Airlines wurde unter anderem eine A380-Verbindung über Frankfurt nach New York reaktiviert.
Jetzt hat man aber auch bei Lufthansa erkannt, dass der „Superjumbo“ helfen könnte, auf bestimmten Strecken die stark steigende Nachfrage zu bedienen. Denn in der von Deutschlands größter Fluggesellschaft gewählten Konfiguration finden in dem 73 Meter langen und 24 Meter hohen Großraumflugzeug nicht weniger als 509 Fluggäste Platz. Viel Platz für Menschen, die über die nordamerikanischen Drehkreuze zum Beispiel zu Zielen in den USA weiterreisen möchten.
In einem offenen Brief des Lufthansa-Vorstands heißt es zum bevorstehenden A380-Comeback wörtlich: „Wir haben entschieden, dieses nach wie vor sehr beliebte Flugzeug 2023 bei Lufthansa wieder in Betrieb zu nehmen.“ Kein Wort findet sich in dem Schreiben allerdings dazu, was konkret zum Umdenken in der Konzernstrategie geführt hat.
Lufthansa kann noch acht A380 verwenden
Fakt ist: Aktuell sind noch 14 Airbus A380 Teil der Lufthansa-Flotte. Sechs dieser Flugzeuge sind allerdings bereits verkauft – zurück an Hersteller Airbus. Es verbleiben also acht A380, die im kommenden Jahr wieder für Lufthansa um den Globus fliegen sollen. Auf welchen Strecken genau ein Einsatz vorgesehen ist, steht noch nicht fest. Es dürfte sich aber unter anderem um Nordatlantik-Verbindungen in die USA handeln. Etwa nach Chicago, Houston, Los Angeles oder San Francisco.
Klar scheint unterdessen aber auch zu sein, dass das Chaos im Luftverkehr, das in diesen Tagen an vielen Flughäfen in Europa zu beobachten ist, nicht so schnell zu beseitigen ist. „In den nächsten Wochen mit weiter steigenden Passagierzahlen, ob Urlaub oder Geschäftsreisen, wird sich die Situation kurzfristig kaum verbessern“, ist in dem Vorstands-Brief von Lufthansa weiter zu lesen.
Denn nicht nur an den Flughäfen, sondern auch Lufthansa selbst fehlt es in einigen Bereichen an Personal und notwendigen Ressourcen. Die Airline hatte deswegen kürzlich zunächst 900 Flüge für Juli aus ihrem Flugplan gestrichen. In der vergangenen Woche kamen noch einmal 2.200 Verbindungen im Juli und August hinzu. Nicht nur innerdeutsche Verbindungen waren davon betroffen, sondern auch Flüge im Europa- und Interkontinental-Verkehr.
Lufthansa ist keine Fünf-Sterne-Airline mehr
Und das sind nicht die einzigen schlechten Nachrichten, die Lufthansa in diesen Tagen ereilen. Für Unzufriedenheit dürfte in der Konzernspitze auch sorgen, dass die Kranich-Airline die 5-Sterne-Auszeichnung der Rating-Agentur Skytrax nicht mehr nutzen darf.
Die Bewertungsgesellschaft hat Lufthansa nach fünf Jahren wieder zur 4-Sterne-Airline degradiert. Sie straft den Luftfahrtkonzern damit für verschiedene Sparmaßnahmen ab, die in den vergangenen Jahren durchgesetzt wurden. Auf 5-Sterne-Niveau sind für Skytrax bei Lufthansa aktuell nur noch einige Services in der First Class einzustufen. In der Business-, Premium Economy- und Economy-Class muss Lufthansa hingegen zum Teil herbe Abwertungen schlucken.
Die Skytrax-Bewertung soll Auskunft darüber geben, welchen Reisekomfort und welche Servicequalität man an Bord von Fluggesellschaften erwarten kann. Lufthansa war die erste europäische Airline überhaupt, die von Skytrax mit fünf Sternen bewertet wurde. Aktuell dürfen sich ausschließlich asiatische Airlines mit einer 5-Sterne-Bewertung schmücken. Im Detail sind das ANA (Japan), Asiana (Südkorea), Cathay Pacific (China/Hongkong), EVA Air (Taiwan), Garuda (Indonesien), Hainan Airlines (China), Japan Airlines, Korean Air, Qatar Airways und Singapur Airlines.
Service primär in der Economy Class nur noch Durchschnitt
Lufthansa reagierte laut übereinstimmenden Medienberichten trotzig auf den Verlust des fünften Skytrax-Sterns. Man bleibe eine Premium-Airline, sei aus der Konzernzentrale zu vernehmen. Das dürften viele Kunden aber nicht nur aufgrund der aktuell zahlreichen gestrichenen Flüge anders sehen. Auch beim Service hat Lufthansa mit gestrichenen kostenlosen Snacks und Getränken in der Economy-Class viel Ansehen eingebüßt.
Ein noch viel größeres Problem ist aber die schlechte Erreichbarkeit der Airline. Extrem lange Wartezeiten an der Hotline sorgten in den vergangenen Monaten wiederholt für Frust unter vielen Lufthansa-Passagieren. Besserung ist aktuell aufgrund der zahlreichen von Lufthansa gestrichenen Flüge und dem damit verbundenen erhöhten Anrufaufkommen nicht in Sicht.
Vielleicht lohnt es sich aber, noch etwas Geduld zu haben. Denn in den kommenden Jahren möchte Lufthansa unter anderem mit vielen neuen Flugzeugen eine Service-Offensive starten. Allein in den kommenden drei Jahren stoßen rund 50 neue Langstreckenjets vom Typ Airbus A350, Boeing 787 und Boeing 777-9 zur Flotte. Hinzu kommen über 60 neue Maschinen der Typen Airbus A320 und Airbus A321 für den Europa-Verkehr.