Am Dienstag unterzeichneten in Rom mehrere Länder gemeinsam eine Absichtserklärung, um ein gemeinsames Wasserstoffnetz zu schaffen. Deutschland, Algerien, Italien, Österreich und Tunesien wollen gemeinsam eine Pipeline realisieren, die den Projektnamen „südlicher Wasserstoffkorridor“ erhalten hat. Das Netz soll dabei alle fünf beteiligten Länder mit Afrika verbinden. In Tunesien und Algerien soll künftig grüner Wasserstoff durch den Einsatz von Solar- und Windkraft hergestellt werden, der über die langen Leitungen bis nach Deutschland fließen soll. Rund 4.000 Kilometer Leitungen werden für dieses Projekt notwendig sein. Es ist ein notwendiger Meilenstein für Deutschland und die Energiewende, denn die hiesige Möglichkeit, grünen Wasserstoff zu erzeugen, genügt nicht annähernd, um den Bedarf zu decken.
Klimaneutralität für Industriezweige ist für die Energiewende nötig
Wenn Deutschland langfristig eine klimaneutrale Industrie betreiben will, müssen dafür mehrere Voraussetzungen erfüllt sein. Es muss dauerhaft Energie aus einer erneuerbaren Energiequelle zur Verfügung stehen, die planbar und beliebig skalierbar für industrielle Prozesse zur Verfügung geht. Zwar wäre in der Theorie auch eine Ausrichtung von Fertigungsprozessen nach der Verfügbarkeit erneuerbarer Energien möglich. Doch die Schwankungen sind derart groß, dass eine langfristige Planungssicherheit für Produktionskapazitäten nicht allein dadurch Solar-, Wind- und Wasserkraft in Deutschland gewährleistet werden kann.
Grüner Wasserstoff wäre daher eine ideale Ergänzung aus Sicht der Verwendungsmöglichkeiten. Er ließe sich einlagern und könnte bei Bedarf genutzt werden, um Produktionsprozesse anzutreiben. Der Ausbau des Wasserstoffkernnetzes in Deutschland hat bereits begonnen, doch es ist ein teures Unterfangen. 24 Milliarden Euro hat die KfW dafür zur Verfügung gestellt. Langfristig möchte man diesen Betrag über die Abschreibungen der Wasserstoffnetze refinanzieren. Ein Vorhaben, das nur gelingen kann, wenn auch tatsächlich ausreichend Wasserstoff durch die Leitungen fließt. Bisher war die Versorgung keineswegs sichergestellt, wie allein der Ausfall von Wasserstoffzügen der Deutschen Bahn beispielhaft vor Augen führt.
Wichtiges Zeichen für Produktion in Deutschland
Für die Industrie ist die unterzeichnete Absichtserklärung der fünf Länder somit ein erstes, deutliches Signal. Sie lässt hoffen, dass die Wasserstoffversorgung in Deutschland zukünftig funktionieren kann. Gerade die CO₂-intensive Stahlproduktion kann ohne grünen Wasserstoff keine Klimaneutralität erreichen. Dieser Industriezweig verwendet heute Erdgas, das verfeuert wird, um die Prozesswärme zu erreichen. Würde man künftig Wasserstoff stattdessen nutzen, wäre das Nebenprodukt der Fertigung Wasser statt CO₂. Bisher gab es wenig Aussichten auf ausreichenden und bezahlbaren Wasserstoff. Die Fertigung von grünem Wasserstoff ist sowohl energie- als auch kostenintensiv.
Länder wie Tunesien und Algerien verfügen jedoch über deutlich mehr Sonnenstunden im Vergleich zu Deutschland, weshalb sich die Energie dort gezielter zur Fertigung von hohen Mengen nutzen lässt. Wann man mit einer Fertigstellung der Pipeline rechnen kann oder wie teuer der grüne Wasserstoff zukünftig nach Deutschland gelangt, kann man heute bislang nicht abschätzen. Sollte die Umsetzung jedoch gelingen, könnte damit die nachhaltige Versorgung wichtiger Industriezweige und damit die Energiewende in Deutschland endlich gesichert sein.