Kritik an Telekom: Glasfaser-Ausbau erfolgt zu schnell

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Jahrelang wartete man in Deutschland darauf, dass die Telekom (und andere Anbieter) Glasfaserleitungen verlegen. Jetzt die überraschende Kritik: Der Glasfaserausbau der Telekom erfolgt zu schnell. Was steckt dahinter?
Ein Warnschild vor einer Glasfaser-Baugrube der Telekom
Ein Warnschild vor einer Glasfaser-Baugrube der TelekomBildquelle: inside digital / Thorsten Neuhetzki

Es ist schon enorm, mit welcher Geschwindigkeit in Deutschland jetzt das Glasfaser-Netz ausgebaut wird. Zählte man vor fünf Jahren gerade einmal 1,5 Millionen Anschlüsse, so sind es jetzt deutlich mehr. Je nach Datenlage sind es 19 bis 20 Millionen Haushalte, die als mit Glasfaser versorgt gelten. Das heißt aber nicht, dass diese Haushalte auch tatsächlich einen Lichtwellenleiter im Haus liegen haben. Gemeint ist damit die Zählgröße Homes Passed, die Leitung liegt also in der Nähe des Grundstücks. „Einschlagen von Pflöcken“ nennt es der Branchenverband VATM, auf diese Art und Weise auszubauen und kritisiert damit vor allem die Deutsche Telekom.

Telekom schlägt Pflöcke ein: Große Marktmacht bei Glasfaser

Der Ausbau von Anschlüssen als Homes Passed geht deutlich schneller und ist günstiger, als jedes Wohnhaus tatsächlich anzuschließen. VATM und Dialog Consult haben nun eine Analyse der Wettbewerbssituation auf dem Festnetzmarkt vorgelegt. Aus ihr geht hervor, dass die Telekom mit hoher Geschwindigkeit, in Form von Homes passed, im FTTH/B-Markt ausbaut. Mit diesem „Einschlagen von Pflöcken“ verfestige sie ihre dominante Stellung auch auf dem Glasfasermarkt, so der VATM. „mittelfristig könnte diese Dominanz erheblich werden“, meint Studien-Autor Prof. Dr. Peter Winzer, Professor für Telekommunikationswirtschaft an der Hochschule RheinMain. In dieses Bild passe auch, dass die Telekom weiterhin den Einkauf von Bitstrom-Vorleistungen der Wettbewerber überwiegend ablehne.

Ein Blick in die Zahlen zeigt: Die Telekom verzeichnet mit 7,9 Millionen Homes Passed-Leitungen einen Marktanteil von 46,7 Prozent auf sich. Der nächstgrößte Wettbewerber ist die Deutsche Glasfaser mit 12,3 Prozent oder 2,1 Millionen Anschlüssen. „Die hohe Ausbaugeschwindigkeit der Telekom im FTTH/B-Markt ermöglicht es ihr, die dominante Position in diesem Markt weiter zu festigen“, so die Studie. Die tatsächlichen Marktanteile der Telekom bei der Glasfaser zeige, dass die Telekom ihren Schwerpunkt derzeit noch nicht auf die Vermarktung innerhalb ihrer „reservierten“ Gebiete lege, so die Studie. Das schade den Endkunden. Die Telekom hat nur 30,3 Prozent ihrer Glasfaserleitungen tatsächlich bis in die Wohnungen gelegt. Nur 23,8 Prozent sind auch tatsächlich aktiviert.

Kaum Wettbewerb auf Telekom-Infrastruktur

Die Wettbewerber fürchten, dass diese Dominanz noch stärker wird als bei Kupfer und DSL. Aktuell seien gerade einmal vier Prozent aller aktiven Telekom-Glasfaseranschlüsse von Wettbewerbern geschaltet. Die Anschlüsse werden aktuell beispielsweise von Vodafone, O2, easybell, 1&1 oder Maingau Energie vermarktet. Das Problem aus Sicht der Wettbewerber: Ein Zugang zur reinen Glasfaser ist nicht möglich, die Wettbewerber seien aktuell auf einen hochpreisigen Bitstrom-Zugang angewiesen. Insgesamt liegt der Marktanteil der Telekom im Festnetz bei 59,7 Prozent und wächst weiter. Das sei bedenklich. „Ein solches Wiedererstarken des Ex-Monopolisten ist im EU-Vergleich die Ausnahme“, so Studienautor Winzer.

„All dies zeigt, wie wichtig eine wettbewerbssichernde Regulierung – und gerade keine Regulierung light – für einen funktionierenden Wettbewerb ist“, so VATM-Geschäftsführer Dr. Frederic Ufer. „Wir appellieren daher eindringlich an die Bundesnetzagentur, die Regulierung des Kupfer-Netzes der Telekom ganzheitlich mit ihren Auswirkungen auf den Glasfaserausbau zu betrachten.“ Denn nur ein echter Wettbewerb auf den Märkten bedeute auch echten Kundenschutz.

Die Branche ist sich indes weitgehend einig: Das von der Bundesregierung ausgegebene Ziel, bis 2030 bundesweit Glasfaser-Internet anbieten zu können, wird deutlich verfehlt.

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2 KOMMENTARE

  1. Nutzerbild Thorsten Klein

    Ich denke nicht, dass man Glasfaser zu schnell ausbauen kann. Die Anbieter müssen ja auch erstmal die Kunden finden, die das haben wollen.

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  2. Nutzerbild Axel

    Ja, zu Schnell ist natürlich Quatsch.
    Besser wäre es gewesen wenn, wie in Skandinavien der Staat die Infrastruktur gebaut hätte, und die Kapazitäten an die Bewerber vermietet hätte.

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