Das Prozedere zur Anmeldung von Balkonkraftwerken soll so unbürokratisch wie möglich für Beteiligte ausfallen. Im Rahmen dieser Meldung stellt kaum ein Besitzer infrage, dass er dabei auf eine Einspeisevergütung nach den Fördergesetzen verzichtet. Insgesamt erhalten Stromanbieter und Netzbetreiber große Menge an kostenlosem Strom dank dieser Regelung. Aber in wessen Tasche wandern die Einnahmen tatsächlich?
Kostenloser Strom für Anbieter: Hälfte des produzierten Stroms landet im Netz
Wer keinen Stromspeicher zum Balkonkraftwerk besitzt, schafft es in der Regel kaum, den gesamten, erzeugten Strom eigenständig zu verbrauchen. Schätzungen zufolge landet rund die Hälfte des durch Balkonkraftwerke erzeugten Stroms direkt im Netz. Von dort aus wandert er zum nächstbesten Verbraucher, der ihn benötigt und wird vom dortigen Stromzähler erfasst. Man könnte also durchaus vermuten, dass dieser kostenlose Strom den Anbietern einen zusätzlichen Vorteil verschafft. Durch die Balkonkraftwerke findet sich immer mehr Strom in unserem Netz, den kein Stromlieferanten bezahlen muss. Allerdings ist die Summe des von Mini-PV-Anlagen erzeugen Stroms noch immer nicht sehr hoch, sodass man kaum von einem riesigen Gewinn für Stromanbieter sprechen kann – zumal die Abrechnung dieser erfassten Strommengen in der Praxis wesentlich komplexer ausfällt.
Nach Schätzungen der Bundesnetzagentur finden sich zurzeit rund 230.000 angemeldete Balkonkraftwerke sowie 30.000 Anlagen, die aufgrund ihrer Leistung ebenso als solche betrachtet werden können, an unserem Netz. Diese erreichen gemeinsam eine Leistung von 170 Megawatt. Nicht jedes Balkonkraftwerk in Deutschland wurde jedoch ordnungsgemäß angemeldet. Man geht von einer Dunkelziffer aus, deren Höhe sich nur schwer einschätzen lässt. Die reale Leistung von Anlagen, die kostenlosen Strom erzeugen, könnte daher wesentlich höher ausfallen. Der Bonner Regulier schätzt die erzeugte Strommenge der gemeldeten Anlagen auf 170 Gigawattstunden (GWh) pro Jahr. Bedenkt man, dass geschätzt die Hälfte davon im Netz eingespeist wird, liefern die Mini-PV-Anlagen 85 GWh Stunden Gratis-Strom.
Der Strom kommt nicht dem Stromanbieter zugute – sondern dem EEG-Konto
Nimmt man den durchschnittlichen Preis an der Strombörse in diesem Jahr von 100 Euro pro Megawattstunde, beläuft sich der Wert des Stroms auf 8,5 Millionen Euro. Das mag nach einer hohen Summe klingen, im Verhältnis zu Mengen an Strom, die allgemein gehandelt werden, fällt diese Summe jedoch weniger ins Gewicht. Anders hätte es im Jahr 2022 ausgesehen, als der allgemeine Strompreis wesentlich höher ausfiel. Der eingespeiste Strom hätte einen Gegenwert von fast 20 Millionen Euro besessen.
Durch die Methode, wie man den Strom von Balkonkraftwerken heutzutage erfasst, landet der Erlös des kostenlosen Stroms keineswegs beim Stromanbieter. Sie verdienen tatsächlich nichts daran, vielmehr verwendet der Bund den Gewinn zur Finanzierung der Förderung erneuerbarer Energien (EE). Verantwortlich dafür sind Bestandteile des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), die vorschreiben, dass man Strommengen aus erneuerbaren Energien, die nicht im Rahmen der Direktvermarktung an den Markt gelangen, durch die Übertragungsnetzbetreiber über die sogenannten EEG-Bilanzkreise vermarktet. Insgesamt gibt es in Deutschland vier dieser Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB), 50Hertz Transmission, Amprion, TransnetBW und Tennet TSO. Zurzeit können die ÜNB dabei jedoch nur mit Schätzungen arbeiten. Bilanzierungskreise stellen sicher, dass bei jeder Viertelstunden-Messperiode die Leistungsbilanz dieser Bilanzierungskreise ausgeglichen wird. Das bedeutet, dass die Summe der Entnahmen sowie die Summe der Einspeisungen sich ausgleichen muss. Balkonkraftwerke übermitteln diese Daten jedoch nicht in Echtzeit an die Anbieter, sodass tatsächliche Werte häufig erst nach der jährlichen Ablesung durch die Stromzähler vorliegen.
Balkonkraftwerke entlasten den Bundeshaushalt
Den Übergangsnetzbetreibern bleibt also nur die Schätzung für die Strommenge aus Balkonkraftwerken. Die Einnahmen auf dem EEG-Konto dienen zur Zeit der Entlastung des Bundeshaushaltes. Die Einspeisevergütung, die man an Anlagenbesitzer größerer Anlagen ausschüttet, übersteigt die tatsächlichen Einnahmen aus dem Stromverkauf. Seit Abschaffung der EEG-Umlage im Kontext des Ukrainekrieges finanziert der Bundeshaushalt diese finanzielle Last vollständig. Jedes Geld, dass durch den Balkonkraftwerksstrom also auf dem EEG-Konto landet, finanziert die Einspeisevergütung von größeren PV-Anlagen mit und entlastet den Bund. Obwohl es zunächst so wirken mag, als würden die Stromanbieter davon profitieren, verdienen sie in Wahrheit keinen Cent an Balkonkraftwerken.