Auf deutsche Sparer kommen schwierige Zeiten zu. Denn immer mehr Banken greifen zu drastischen Mitteln, um die eigenen Kosten in den Griff zu bekommen. Zum Beispiel mit Strafzinsen auf das Guthaben. Was einst nur Gewerbekunden betraf, ist immer häufiger auch bei Privatkunden die Regel. Zum Beispiel verlangen die Berliner Sparkasse und die Hamburger Volksbank ab einem gewissen Guthaben auf dem Giro- oder Tagesgeldkonto einen Negativzins. Auch bei der Postbank ist das seit Anfang Juni der Fall. Jetzt verschärft die hierzulande beliebte ING Deutschland den Druck auf Sparer noch einmal deutlich.
ING: Strafzinsen für Neu- und Bestandskunden
Am Montag teilte die ING Deutschland am Konzernsitz in Frankfurt am Main mit, zum 6. Juli 2021 ihr Preis- und Leistungsverzeichnis anzupassen. Im Klartext heißt das, dass ab dem 1. November für Neukunden der ING Strafzinsen in Höhe von 0,5 Prozent pro Jahr auf alle ab dem 6. Juli eröffneten Giro- und Tagesgeldkonten anfallen. Und zwar konkret dann, wenn sie mehr als 50.000 Euro auf ihrem Giro- oder Tagesgeldkonto horten. Bisher lag die Grenze bei 100.000 Euro. Auch Bestandskunden müssen dann ab dem 1. November 2021 mit entsprechenden Zusatzgebühren in Form eines Verwahrentgelts rechnen. Wer beispielsweise 75.000 Euro auf seinem Konto liegen hat, muss unter Einbeziehung des Freibetrags 125 Euro an Zinsen zahlen, bei 100.000 Euro Guthaben wären es 250 Euro.
Bestandskunden, die mehr als 50.000 Euro auf ihrem Giro- oder Extra-Konto haben, will die ING ab Juli anschreiben und über das bevorstehende Verwahrentgelt informieren. Einfach so einführen darf die Bank die Strafzinsen bei Bestandskunden zwar nicht, doch wer dem neuen Verwahrentgelt nach der schriftlichen Information nicht zustimmt, dürfte auf kurz oder lang eine Kündigung von der ING erhalten. Nach Angaben des Finanzinstituts lagern aktuell bei etwa acht Prozent der 9,5 Millionen Kundinnen und Kunden Beträge von mehr als 50.000 Euro auf den Konten. Umgerechnet sind also rund 760.000 Kunden direkt vom neuen Verwahrentgelt betroffen. Sie müssen sich schon jetzt darauf einstellen, zeitnah über den neuen Negativzins informiert zu werden.
Banken geben EZB-Gebühren an Kunden weiter
Nick Jue, Vorstandsvorsitzender der ING in Deutschland, sagte am Montag in Frankfurt: „Wir haben uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht.“ Schließlich sei man in den vergangenen Jahren zu einer der größten und beliebtesten Banken in Deutschland gewachsen. „Bislang haben wir die Kosten, die durch sinkende Zinsmargen und den negativen Einlagenzins der EZB entstehen, durch unser bestehendes Produktportfolio weitgehend ausgleichen können. Allerdings steigen die Einlagen weiter, auch weil viele Wettbewerber bereits ein Verwahrentgelt für Privatkunden eingeführt haben.“
Hintergrund: Geschäftsbanken wie die ING müssen aktuell 0,5 Prozent an Zinsen zahlen, wenn sie nicht benötigtes Geld bei der Europäischen Zentralbank (EZB) parken. Diese Kosten geben immer mehr Banken ab einem gewissen auf den Konten lagernden Betrag an ihre Kunden weiter. Immer häufiger liegt der Freibetrag auf Girokonten bei 25.000 Euro und auf Tagesgeldkonten bei 50.000 Euro. Teilweise aber auch deutlich darunter.
Tipp: Aktien- und ETFs handeln
Der ING-Vorstand rät betroffenen Kunden, nicht benötigtes Geld lieber in Aktien oder ETF-Sparpläne zu investieren, statt es auf einem Giro- oder Tagesgeldkonto zu lagern. „Im aktuellen Zins- und Inflationsumfeld gibt es mit Wertpapieren gute Möglichkeiten, Geld breit gestreut, langfristig und kostengünstig anzulegen. Deshalb haben wir gesagt: Wir machen das Wertpapiersparen so einfach wie das Tagesgeldsparen – das heißt, flexibel und ohne Kaufgebühren“, so Jue weiter. ETF-Sparpläne kosten bei der ING seit April keine Kaufgebühren.
Beliebt sind in Deutschland seit einigen Monaten auch sogenannte Neo-Broker wie Trade Republic oder Just Trade. Dort ist es möglich, zu geringen Kosten über eine Smartphone-App mit Aktien zu handeln oder in ETFs zu investieren. Hier bei inside digital findest du einen Vergleich der bekanntesten Neo-Broker. Doch Vorsicht: Auch hier drohen teilweise Strafzinsen, wenn Geld zu lange nicht investiert, sondern nur geparkt wird.