HMD-Europachef: „Idealerweise schafft ein Handy drei Kreisläufe“

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HMD Global hat die IFA genutzt, um unter anderem zwei neue Handys und das Smartphone-Abo Circular vorzustellen. Wir haben die Gelegenheit genutzt, um auf der Messe mit HMD Globals Europachef Eric Matthes über Zukunft und Vergangenheit zu sprechen. Das Interview führte unser Redakteur Hayo Lücke.
Man steht mit einem Nokia-Smartphone am Strand und zeichnet einen Lichtkreis in die Luft.

Nokia und HMD Global wollen mit einem neuen Handy-Abo überzeugen.

inside digital: Eric, HMD hat auf der IFA mit der Vorstellung eines neuen Smartphone-Abos namens Circular überrascht. Warum dieser neue Ansatz?

Eric Matthes: Wir möchten unseren Kunden Alternativen bei der Anschaffung eines neuen Smartphones, sowie den vollen Service aus einer Hand bieten. Und das bei einer Mindestlaufzeit von nur drei Monaten. Ziel ist es, unseren Kunden während der gesamten Nutzungszeit alle Sorgen zu nehmen. Dafür ist das Smartphone bei Circular auch passend versichert. Bei einer Beschädigung oder Diebstahl gibt es binnen 24 Stunden Ersatz und defekte Smartphones werden von uns entweder wiederaufbereitet; oder bei einer zu starken Beschädigung umweltgerecht entsorgt.

Circular soll die Nachhaltigkeit eines Smartphones stärken

inside digital: Verleitet das nicht dazu, ein Smartphone nach drei Monaten gegen ein neues einzutauschen?

Eric Matthes: Unser Ansatz ist natürlich, dass unsere Kunden ihre Smartphones im Sinne der Nachhaltigkeit möglichst lange nutzen. Dafür haben wir das zugehörige „Seeds of Tomorrow“-Programm entwickelt. Je länger unsere Smartphones im Rahmen eines Abos genutzt werden, desto mehr Punkte werden dem Smartphone-Nutzer gutgeschrieben. Und diese Punkte lassen sich zu einem späteren Zeitpunkt eintauschen, um Projekte von gemeinnützigen Partnern zu unterstützen. Zum Beispiel, um Bäume pflanzen zu lassen oder bei der Reinigung von Flüssen zu helfen.

inside digital: Und was passiert mit Geräten, die nach wenigen Monaten doch zurückgeschickt werden? Solche Endgeräte dürften in der Regel ja nicht defekt sein.

Eric Matthes: An dieser Stelle greift dann das eigentliche Kreislauf-Modell des Abos. Wir machen die Geräte wieder frisch und geben sie als Refurbished-Geräte zurück in den Markt. Solange wir einem Endgerät mit gutem Gewissen ein zweites Leben schenken können, machen wir das. Idealerweise schafft ein Endgerät drei Kreisläufe und geht in der letzten Runde in Regionen auf der Welt, wo auch gebrauchte Smartphones noch eine große Hilfe sein können.

HMD Globals Europachef Eric Matthes im Gespräch mit inside digital Redakteur Hayo Lücke auf der IFA 2022 in Berlin.

inside digital: Ein ganz anderes Thema: Auf dem Mobile World Congress Anfang des Jahres hieß es noch, HMD möchte sich auf Smartphones mit Nokia-Branding im Bereich zwischen 200 und 300 Euro fokussieren. Jetzt gibt es plötzlich mit dem Nokia X30 5G doch ein Smartphone, das mehr als 500 Euro kostet. Eine neue Strategie?

Eric Matthes: Nein, es handelt sich hierbei nicht um eine neue Strategie. Wir versuchen unseren Kunden mit den X-, G- und C-Serien Produkten ein Portfolio für alle Kundengruppen zu bieten. Die X-Serie, mit dem neuen X30 5G, ist hierbei unsere aktuelle Highend-Serie. Gerade für unser Circular-Abo benötigen wir auch höherwertige Geräte. Mit einem 129-Euro-Smartphone würde uns bei unserem neuen Abo-Modell mutmaßlich nicht viel gelingen.

Neue Nokia-Smartphones: Jenseits von 650 Euro ist Schluss

inside digital: Wo liegt dann künftig die preisliche Obergrenze für Nokia-Smartphones?

Eric Matthes: Im oberen Preissegment punktet ein Anbieter richtig (Apple; die Red.) und ein zweiter (Samsung; die Red.) schöpft den Rest ab. Dann wird die Luft schon merklich dünner, diesem Rennen müssen wir uns aktuell nicht stellen. Bei Geräten ab einem UVP von 599 Euro wird speziell in Deutschland die Breite der gekauften Produkte merklich anders.

inside digital: In den vergangenen Wochen gab es viel Aufregung um angebliche Patentverletzungen anderer Hersteller in Bezug auf den Patentfundus von Nokia. Hast du Bedenken, dass sich die juristischen Kämpfe auch negativ auf das Image von Nokia-Smartphones auswirken könnten?

Eric Matthes: Wir haben zwar die Nokia-Lizenz für den Vertrieb von Tablets und Smartphones, aber wir sind nicht Nokia. Ich glaube nicht, dass Patentstreitigkeiten am Markt Auswirkungen auf unsere Absatzziele haben werden.

Diese Dinge haben für HMD Global nicht geklappt

inside digital: Du stehst nun schon ein paar Jahre bei HMD in der Verantwortung für den Vertrieb von Nokia-Smartphones in Europa. Würdest du sagen, dass es bei allen Erfolgen, die HMD feiern durfte, auch Dinge gibt, die nicht geklappt haben?

Eric Matthes: Das Nokia 9 Pureview war sicher nicht der Erfolg, den wir uns alle von dem Gerät versprochen haben. Wohl auch, weil das Konzept schwierig zu vermitteln war. Und auch das Sponsoring des jüngsten Kinofilms der „James Bond“-Reihe hat nicht geklappt. Der Film wurde aufgrund der Coronapandemie mehrmals verschoben. Und als er dann ins Kino kam, war das Nokia 8.3 5G, das wir darin in den Fokus stellen wollten, plötzlich sieben Monate alt. Und du kannst ein Smartphone in einem abgedrehten Film nicht mal eben austauschen. Das war für uns schon eine bittere Erfahrung.

inside digital: Eric, vielen Dank für das Gespräch.

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